Yosemite-Nationalpark

Eine Kathedrale in der Wildnis

Zwei Wanderer blicken über Berge im Yosemite-Nationalpark in den USA.
Wanderer im Yosemite-Nationalpark: "Es ist, als würden Sie in eine andere Welt eintreten," sagt ein Park-Ranger. © imago/stock&people/ZUMA
Von Kerstin Zilm |
Der Yosemite-Nationalpark in Kalifornien ist einer der bekanntesten der Welt. Mit seinen Granitfelsen, Wasserfällen, Ur-Bäumen und Talwiesen voller Wildblumen zieht er jedes Jahr Millionen Besucher an. Vor 125 Jahren wurde er gegründet.
Über riesige Felsformationen herunterdonnernde Wasserfälle. Wiesen voller seltener bunter Feldblumen, Schmetterlinge und Büsche, in denen vom Aussterben bedrohte farbenfrohe Vögel nisten. Gigantische Granitblöcke, die weite Schatten ins Tal werfen. Der Duft von Nadeln, Pinienzapfen und feuchter Rinde der Sequoiabäume - tausende Jahre alt und manche so groß, dass Straßen durch sie hindurch gebaut wurden. Das ist Yosemite, am 1. Oktober 1890 vom US-Kongress zum Nationalpark erklärt. Jon Christensen, Historiker an der University of California in Los Angeles:
"Yosemite ist wie eine Kathedrale in der Wildnis, in die wir eintreten, um Natur zu zelebrieren, um zu feiern, was die USA zum Land der Naturgewalten macht. Es ist eine Landschaft, die die amerikanische Seele und Identität definiert."
"Es ist, als würden Sie in eine andere Welt eintreten"
Schon 26 Jahre vorher, 1864, hatte Präsident Abraham Lincoln die von Gletschern geschaffene, einmalige Landschaft zum ersten öffentlichen Park der USA erklärt. Mit dem Akt schützte er sie vor kommerzieller Ausbeutung. Ein Meilenstein in der Geschichte des Naturschutzes!
Seither kommen Wanderer, Camper, Kletterer und Naturliebhaber aus aller Welt in den Nationalpark am westlichen Hang der Sierra Nevada, 300 Kilometer östlich von San Francisco. Sie erkunden die Landschaft auf Wanderwegen am Fuß der Felsen und auf einsamen Pfaden in der Wildnis, hängen mit Kletterseilen in den steilen Granitwänden von El Capitán und werden nass vom Nebel der Yosemite Falls.
Ranger Shelton Johnson - eine Mischung aus Förster und Fremdenführer - gibt am Parkeingang Tipps für eine leichte Tour mit wortwörtlich atemberaubenden Eindrücken zum Bridal Vail Wasserfall.
"Es ist, als würden Sie in eine andere Welt eintreten. Sie gehen los bei Sonne und blauem Himmel, kommen näher zum Wasserfall, es wird kälter, es wird feuchter, dann spüren Sie Wassertropfen als würde es regnen, und schließlich sind Sie mitten in den Wolken. Sie kommen ganz schnell von einem Extrem ins andere."
Johnson gibt auch nützliche Tipps: kein Essen auf dem Campingplatz oder im Auto offen liegen lassen! Schwarzbären reißen Zelte nieder und nehmen Fahrzeuge auseinander, um an das Futter zu kommen. Und: nicht über Wasserfälle beugen oder durch Flüsse waten! Jedes Jahr werden Touristen von der Macht des Wassers in den Tod gerissen. Vor allem aber rät Ranger Johnson, die Natur mit allen Sinnen zu genießen.
"Wenn die Leute an die Wasserfälle in Yosemite denken, denken sie oft an Fakten. Ribbon-Fall, der tiefste Fall eines Gewässers in Nordamerika, oder Yosemite-Fall mit seinen Stufen über insgesamt 740 Meter der fünftlängste der Welt. Aber: Die Schönheit der Wasserfälle ist so viel überwältigender als Zahlen! Sie haben ihren eigenen Charakter."
"Sie werden im Park ein Teil von Amerika"
Einer der ersten, der die spektakuläre Landschaft allein durchwanderte, war John Muir. Ab 1868 schrieb der Naturwissenschaftler seine Eindrücke nieder:
"Ich interpretiere die Felsen, lerne die Sprache der Flut, des Sturms und der Lawine. Ich mache mich vertraut mit den Gletschern und wilden Gärten. Ich komme dem Herzen der Welt so nah, wie ich nur kann."
Muir wurde einer der größten Aktivisten innerhalb der Nationalparkbewegung. Seine Überzeugungskraft in Sachen Naturschutz machte selbst US-Präsident Teddy Roosevelt neugierig. 1903 campte er eine Nacht mit Muir zwischen Mammutbäumen, um sich selbst von der Kraft der Eindrücke zu überzeugen. Heute besuchen etwa drei Millionen Menschen jedes Jahr den Yosemite- Nationalpark, den die UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt hat. Historiker Jon Christensen:
"Nationalparks sind Orte, an denen Menschen amerikanische Identität erfahren und verstehen. Sie werden im Park selbst so etwas wie ein Teil von Amerika, weil sie Geschichte und Natur so nah sind. Besucher aus aller Welt können so den tieferen Sinn von Amerika verstehen."