Der 75-jährige Schriftsteller Salman Rushdie hat mit der Veröffentlichung seines Buches "Die satanischen Verse" den Zorn des damals obersten Geistlichen im Iran auf sich gezogen. 1989 wurde er von diesem mit einer Fatwa belegt, die zur Tötung Salman Rushdies aufrief.
Solidaritätslesung für Salman Rushdie
Salman Rushdie 2018 bei einem Literaturfestival in Nancy © picture alliance / dpa / Alexandre Marchi
"Wir haben die Freiheit der Kunst gefeiert"
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Viele deutsche Literaten haben sich im Berliner Ensemble mit Salman Rushdie solidarisiert. Nicht die Kunst, aber der Künstler ist verwundbar – auch daran erinnere das Attentat auf Rushdie, sagt Deniz Yücel, Sprecher des PEN Berlin.
Am 12. August ist der indisch-britische Schriftsteller Salman Rushdie durch eine Messerattacke schwer verletzt worden. Das Berliner Ensemble und die Schriftstellervereinigung PEN Berlin haben deshalb kurzfristig die Solidaritätslesung "Words against Violence - Worte gegen Gewalt" organisiert. Zwölf Schriftstellerinnen und Schriftsteller haben an diesem Abend Texte von Salman Rushdie gelesen: Seyran Ateş, Priya Basil, Zoë Beck, Thea Dorn, Can Dündar, Eren Güvercin, Eva Menasse, Yassin Musharbash, Sven Regener, Judith Schalansky, Günter Wallraff und Deniz Yücel.
Deniz Yücel, einer der Initiatoren des Abends und Sprecher der Schriftstellervereinigung PEN Berlin, sagt, Salman Rushdie habe sich über die Veranstaltung gefreut, auch wenn sein Zustand weiterhin ernst sei.
"Wenn wir ihm für die Dauer eines Wimpernschlags eine Freude in seinem Krankenbett bereiten konnten, dann war es das wert. Es gibt ja nicht viel, was wir als in Deutschland lebende Autorinnen und Autoren tun können."
Auch in New York solidarisierten sich Schriftsteller und Schriftstellerinnen mit einer Lesung:
Eine Feier der Kunstfreiheit
"Freiheit ist die Luft, die wir atmen", zitiert Yücel Rushdie, "Deswegen müssen wir die Freiheit der Kunst nicht nur verteidigen, sondern müssen sie auch feiern. Und das haben wir getan. Deshalb war es ein guter Abend."
"Die Kunst ist langfristig vielleicht nicht verwundbar, aber die Künstler sind es", erinnert sich Yücel sinngemäß an eine Passage aus Rushdies Essays und ergänzt: "Ich glaube, der Mordversuch an Salman Rushdie hat das auf schreckliche Weise in Erinnerung gerufen."
Salman Rushdie einen "mutigen" Schriftsteller zu nennen, hält Yücel für irreführend. Das führe zu einer Heroisierung, die der Sache nicht gerecht werde.
"Es geht darum, dass jemand um seine Verwundbarkeit und Ängste weiß, sich diesen Ängsten aber nicht unterwirft und davon leiten lässt. Wenn das jemand schafft, ist das eine große Leistung. Und Salman Rushdie hat das geschafft."
Literaturnobelpreis für Rushdie?
Für Yücel zählt Rushdie zu den großen Gegenwartsliteraten der Welt. Und die von dem französischen Journalisten Bernard-Henri Lévy angestoßene Kampagne, die sich dafür einsetzt, dass Rushdie nun den Literaturnobelpreis bekommen soll, kommentiert er deshalb mit den Worten:
"Er wäre selbstverständlich ein Kandidat, aber auch dann, wenn das schreckliche Attentat nicht stattgefunden hätte. Ich fände es angemessen, aber nicht als Trostpreis."