Die Verschwörung der Wirklichkeit
06:20 Minuten
Jan Böhmermann ist im Hauptprogramm des ZDF mit seiner Show "ZDF Magazin Royale" gestartet. Die Sendung sei ein Versuch, den grassierenden Verschwörungserzählungen etwas entgegenzusetzen, sagt unser Kritiker.
Gleich drei Mal ist Jan Böhmermanns neue Sendung "ZDF Magazin Royale" am 6. November veröffentlicht worden: um 18 Uhr auf dem Messengerdienst Telegram, um 20 Uhr in der ZDF-Mediathek und um 23.10 Uhr im Hauptprogramm - was für den Status der wichtigste Sendeplatz sein dürfte.
Zu Beginn dürfen eine muntere Reihe von ZDF-Mitarbeiterinnen, Politikern wie Christian Lindner oder ehemaligen Opfern von Böhmermanns Satiren wie H. C. Strache gratulieren. Im Vorfeld der Sendung war Böhmermann scheinbar von allen gewöhnlichen Social-Media-Kanälen zum russischen Messenger Dienst Telegram gewechselt, der bei Rechtsextremen und Verschwörungsideologen beliebt ist.
Ein Move, der etwa den Gang des Schlagersängers Michael Wendler in die Welt der einfachen Erklärungen und finsteren Vermutungen parodiert.
Aber Böhmermann machte sich nur nebenher über Figuren wie den Wendler lustig. Tatsächlich ist die Sendung auch der Versuch, den grassierenden Verschwörungserzählungen etwas entgegenzusetzen. Und zwar: die Wirklichkeit. Genauer: ein grundlegendes Problem wie wachsende Ungleichheit.
Wer von der Krise profitiert
Beim Nachbuchstabieren von Verschwörungen wechselte Böhmermann in seinem klug gebauten, unterhaltsamen Monolog bei der Figur Bill Gates zu dessen Reichtum. Und damit zu einer Schicht von Leuten, die auch in Deutschland in der Krise noch profitieren, kaum Steuern zahlen und Politik mit ihrem Geld machen: die Quandts und Stoscheks, die den Grundstein zum Vermögen in der Nazi-Zeit gelegt haben durch sogenannte Arisierungen und Zwangsarbeit.
Menschen, die nicht zuletzt davon profitieren, dass sich die Öffentlichkeit und Medien lieber mit Figuren wie dem Wendler beschäftigen oder der Frage, ob man mit Leuten reden muss, auch wenn sie den Boden der Vernunft verlassen haben. Dem will das ZDF Magazin auf seinem Telegram-Kanal künftig mit Informationen begegnen – darüber, was wirklich abgeht vor unser aller Augen.