Das vollständige Interview können Sie am Samstag, den 8.9., um 17.30 Uhr in unserer Sendung "Tacheles" hören.
"Wir standen 2007/2008 vor einer epochalen Krise"
2008 sei man knapp am globalen Kollaps des Finanzsystems vorbeigeschrammt, meint der britische Historiker Adam Tooze. In seinem neuen Buch "Crashed" analysiert er die Ursachen und Folgen der Krise, von denen man sich in Europa oft kein richtiges Bild mache.
Schlimmer als die Weltwirtschaftskrise von 1929: In seinem neuen Buch "Crashed. Wie zehn Jahre Finanzkrise die Welt verändert haben" analysiert der britische Wirtschaftshistoriker Adam Tooze die globale Finanzkrise von 2008.
"Wir standen 2007/2008 vor einer epochalen Krise. Es hätte tatsächlich zu einem Herzinfarkt des gesamten Systems kommen können", sagte Tooze im Deutschlandfunk Kultur. "Aber die Improvisation hat funktioniert."
Trotz der erfolgreichen Rettungspolitik hat die Finanzkrise Tooze zufolge gravierende politische und ökonomische Folgen gezeitigt: Zum einen macht er sie mitverantwortlich für die drohende Erosion der Demokratie in Europa und den USA. Zum anderen habe durch die Krise die europäische Wirtschaft ihren Stand innerhalb der Weltwirtschaft eingebüßt: "Davon macht man sich, glaube ich, in Europa kein so richtiges Bild."
Auch Deutschlands Wirtschaftskraft werde überschätzt, so Tooze im Gespräch mit unserem Redakteur Gerhard Schröder in unserer Sendung Tacheles : "Sie haben vollkommen Recht, dass Deutschland jetzt schneller wächst als seit Jahrzehnten. Aber das heißt ja nur, dass die Entwicklung Deutschlands in den frühen Jahren des Jahrtausends miserabel war. Was ist unser Vergleich hier? Japan wächst schneller über diesen Zeitraum hinweg als Deutschland, sodass die momentane Lage ein sehr irreführendes Bild gibt von dem Erfolg der deutschen Wirtschaftspolitik über die Länge der Zeit hinweg."
(uko)
Adam Tooze: "Crashed. Wie zehn Jahre Finanzkrise die Welt verändert haben"
Siedler-Verlag 2018
800 Seiten, 38 Euro
Erscheint am 10. September