Als Frankreichs Vorstädte brannten
Wer in der Banlieue lebt, ist oft arm und chancenlos. Vor zehn Jahren starben zwei Jugendliche in Clichy-sous-Bois, einem Vorort von Paris, nach einer Verfolgung durch die Polizei. Ihr Tod führte zu gewaltsamen Ausschreitungen in den Vorstädten - in ganz Frankreich.
Eine Baustelle als Wegweiser in eine bessere Zukunft?
"Ici avant l'arrivée du tramway" verkünden große grüne Lettern auf dem Metallschild, gelb eingerahmt vor grünem Hintergrund am Ortseingang von Clichy-sous-Bois. Grün ist bekanntlich die Farbe der Hoffnung. Die Hoffnung der aus über 74 Nationen bunt zusammengewürfelten 30.000 Bürger Clichys ist, endlich schneller mit der Tramway, der Straßenbahn T4, in das kaum 20 Kilometer entfernte Paris zu kommen. Dort sind, wenn überhaupt, die Jobs.
Derzeit braucht man fast zwei Stunden, um in die Hauptstadt zu gelangen – mit öffentlichen Verkehrsmitteln, und die verkehren weder nachts noch zu den Randzeiten!
In Clichy selbst gibt es die Stadtverwaltung und einen riesigen Supermarkt als Arbeitgeber, eine zu vier Fünfteln als sozial schwach eingestufte Bevölkerung und immer noch eine extrem hohe Arbeitslosigkeit vor allem unter Jugendlichen - von 40 bis 45 Prozent bei den unter 25-Jährigen spricht Mohammed Mechmache. Das ist doppelt so hoch wie der nationale Durchschnitt. Das hat sich also nicht geändert in jenen zehn Jahren seit Clichy-sous-Bois als Epizentrum der Vorstadtunruhen zu eher zweifelhaftem Ruhm gelangte.
Mohammed Mechmache weiß, wovon er spricht. Als Sozialarbeiter begründete er damals das Collectif AC Le Feu mit, eine Bewegung, die sich die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen und damit die Entschärfung des sozialen Konflikts auf die Fahnen geschrieben hat.
"Wir arbeiten sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene, um die Jugendlichen in den Problemvierteln wachzurütteln, damit sie sich engagieren, ihre Umgebung mitgestalten. Das geht zum Teil über Vereine wie unseren, aber auch durch politische Teilhabe an den Entscheidungen etwa auf kommunaler Ebene."
Mehdi Bigaderne ist Präsident von AC Le Feu und sitzt seit 2008 im Stadtrat. Zehn von 35 Stadträten Clichys kommen aus der Zivilgesellschaft: Sozialdezernent Mehdi Bigaderne ist einer von ihnen. Ein Novum!
Bürgerräte, politische Teilhabe: Das war eine von 30 ganz konkreten Forderungen, die Organisationen wie AC Le Feu im Auftrag der Menschen aus der Banlieue an die Politik gerichtet hatten,– die einzige, die bislang umgesetzt wurde. Ach ja – auch die Straßenbahntrasse könnte nun 2018 fertiggestellt sein.
Wer den knappen Kilometer die Allée Maurice Audin hinein ins Zentrum fährt ist ohnehin überrascht. Bäume, Grünflächen, kleine Einfamilienhäuser grüßen aus den Nebenstraßen. Dann aber tauchen die riesigen, an Hässlichkeit kaum zu überbietenden Wohnblöcke auf. Dazwischen ein Shopping Center gespickt mit Billigläden. Vor dem türkischen Café lungern ein paar Männer herum, es riecht nach Cannabis.
Clichy ist eine junge Stadt
Hier verändere sich nur die Kulisse. Die Gebäude würden modernisiert. Es wird gebaut. Die soziale Lage und alles andere blieben jedoch unverändert, meint Walid. Nadir, Vater von fünf mittlerweile zum Teil erwachsener Kinder, widerspricht ihm:
"In Clichy und Montfermeil hat sich etwas getan. Sie haben ein Gymnasium gebaut. Bald wird das Schwimmbad eingeweiht. Für die Zeit ist das schon beachtlich. Die Leute spüren weniger Druck, weniger Stress, wenn sie wissen, dass es ein Schwimmbad, einen Fußballplatz für die Kinder gibt."
Clichy ist eine sehr junge Stadt: Kinder und Jugendliche aller Hautfarben, ganz selten jedoch weiß, dominieren das Straßenbild. Sie wirken unbeschwert und voller Projekte und Ideen.
Fatoumata will Anwältin, Asa Putzfrau werden. Es gäbe viel Unterhaltung. Die Atmosphäre sei gut.
"C'est cool".
Es sei cool hier, ruhig. Um zu leben, müsse man natürlich arbeiten. Gewalt habe er in sechs Jahren, die er hier lebt, nie kennengelernt.
Bekloppte gäbe es natürlich überall, so wie der da, meint der aus der Türkei stammende Mehmet, als ein Jugendlicher aus einem schwarzen Wagen das Interview mit einer unflätigen Bemerkung kommentiert.
Reporter genießt man mit Vorsicht und Clichy - wie die Banlieues generell - ist für Reporter mit Vorsicht zu genießen, auch wenn seltener Steine fliegen als noch vor zehn Jahren.
Welche Erinnerungen sind bei den Bürgern geblieben an die émeutes, an die Unruhen von damals?
"Ja, die Unruhen! Sie sehen doch wie es in den Siedlungen aussieht! Wir sind solidarisch. Wenn da zwei Jugendliche umsonst gestorben sind, dann muss man sich erheben, sprechen, sagen, was nicht läuft!"
"Clichy-sous-Bois von Gewalt heimgesucht. Die Polizei und Banden Jugendlicher standen sich gegenüber."
Solche Nachrichten wurden ab dem 28. Oktober 2005 mehrere Wochen zum allabendlich wiederkehrenden Ritual.
Zwei Teenager starben durch Stromschläge
Auslöser war der Tod zweier Teenager: Zied und Bouna.
Clichy-sous-Bois, 27.Oktober 2005, 17 Uhr 20. Nach einem Fußballspiel befindet sich eine Gruppe von zehn Jugendlichen auf dem Heimweg. In diesem Moment geht bei der Polizei ein Anruf ein: In Clichy sei in eine Baubaracke eingebrochen worden. Auf der Suche nach den Tätern stieß die Polizei auf die Gruppe. Die siebzehnjährigen Muhittin und Zied sowie der 15-jährige Bouna wollten der Polizeikontrolle entgehen und flohen in ein Transformatorenhäuschen auf einem abgesperrten Gelände. Für Zied und Bouna wirkten die Stromschläge tödlich, Muhittin erlitt schwere Verbrennungen.
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht vom Tod der Teenager in Clichy-sous-Bois.
Die Wut entlud in der Nacht in Clichy entladen: Steine flogen, zwei Dutzend Autos brannten, Polizei und Randalierer gerieten aneinander! Alles wegen eines Unfalls? Genau das bezweifeln die Betroffenen und das war der Funken, der in dieser Nacht das Feuer der Gewalt zündete.
"Drei sind in die eine Richtung gelaufen, die anderen in die andere. Die Polizei war natürlich hinter uns her."
Verfolgt von der Polizei? Angst vor Kontrolle und Angst davor, ohne Ausweis eine Nacht in Polizeigewahrsam zu verbringen? Hatten die Jugendlichen irgendetwas mit dem vermeintlichen Einbruch in die Baubaracke zu tun?
"Es gab einen Anruf, dass Jugendliche in die Baracke eingebrochen und Material gestohlen hätten. Am Ende war jedoch nichts entwendet worden."
Gesteht der damals zuständige Staatsanwalt Francois Molins ein. Der für die Sicherheit in ganz Frankreich seinerzeit zuständige Direktor Phillippe Laureau kommt später zu dem Schluss:
"Die Polizei ist in dem Wohnviertel im Einsatz, die Jungen hauen in alle erdenklichen Richtungen ab. Dann gibt es Funksprüche, wonach ein Polizist sagt, die müssten wohl ins Transformatorenhäuschen gegangen sein, aber er sehe sie nicht. Woraufhin der Einsatzleiter anmerkt, wenn sie im Transformatorhäuschen sind, haben sie Pech gehabt."
Für Nicolas Sarkozy war die Angelegenheit klar
Wer war schuld am Tod von Zied und Bouna? Haben die im Einsatz befindlichen Polizisten ihre Pflicht zur Hilfeleistung verletzt? Für den damaligen Innenminister Nicolas Sarkozy war die Angelegenheit klar:
"Diese Jugendlichen haben versucht, der Polizei zu entkommen, aber nach dem mir vorliegenden schriftlichen Bericht, waren sie nicht direkt von der Polizei verfolgt worden."
Es dauerte fast zehn Jahre bis ein entsprechender Gerichtsprozess wegen unterlassener Hilfeleistung gegen die beteiligten Polizisten im Frühjahr dieses Jahres mit einer Einstellung des Verfahrens endete – alles andere als zur Genugtuung der Opfer, bzw. ihrer Angehörigen und der Menschen in den Banlieues, die sich einmal mehr von Institutionen des Staates im Stich gelassen fühlten.
Mohammed Mechmache: "Wir bleiben davon überzeugt, dass die Polizisten mit verantwortlich waren, und sich mit der Justiz eine weitere Institution sich von uns abwendet."
In jener Nacht des 27. Oktober 2005 lag in der unterschiedlichen Antwort auf die Schuldfrage der Sprengstoff, der zur Explosion der Gewalt in Clichy führte.
Statt in der Polizei den Freund und Helfer, sahen und sehen die Menschen in den Problemvierteln Frankreichs einen Gegner. Ein Eindruck, der sich dadurch verstärkte, dass Nicolas Sarkozy damals die Police de Proximité, die Nachbarschaftspolizei abgeschafft hatte und im Rahmen seiner Verbrechensbekämpfungsstrategie durch mobile Einheiten ersetzen ließ.
"Ich persönlich halte das für einen Riesenfehler, was damals gemacht worden ist. Die Polizei kennt kaum die Menschen, um die sie sich kümmern soll und nicht Basisverbrechensbekämpfung machen soll, sondern wirklich auch da sein soll, um Präsenz zu zeigen für die oftmals auch so wichtigen Anliegen der Bevölkerung. Dieses Rotationsprinzip. wo die Polizei kaum mehr Kontakt hat mit der Bevölkerung ist natürlich sehr gefährlich. Die Polizei wird dann immer mehr als eine Art von Gegner wahrgenommen als eine Art von Partner."
Ein Zustand, der nach Meinung des Politologen Asiem Al Diafraoui bis auf den heutigen Tag in den Problemvierteln anhält. Mit harter Hand und klaren Worten gegen die Kriminellen der Banlieue wollte Innenminister Nicolas Sarkozy damals auch seinen Anspruch auf die Präsidentschaftskandidatur seiner Partei untermauern.
"Haben Sie die Nase voll von diesem Gesindel? Wir werden Sie davon befreien!"
In Frankreich wird der Ausnahmezustand verhängt
Sagte der Innenminister bei einem von Protesten begleiteten Besuch in Argenteuil zu einer Anwohnerin. Das passt ins Bild, denn im Sommer zuvor sprach er davon, die einschlägigen Viertel mit dem Kärcher vom Gesindel zu reinigen.
Das Klima war aufgeheizt im Herbst 2005. Was aber führte zum Flächenbrand? Zwei Tage nach dem tragischen Tod Zieds und Bounas in Clichy kehrte so etwas wie Ruhe ein. Es war Ramadan.
Viele hatten sich in der Bilal Moschee zum Beten versammelt als eine Tränengasbombe in der Moschee explodierte.
"Ich bestätige, dass es sich um eine Tränengasbombe handelt, die zur Ausrüstung der Einsatztruppen gehört, die in jener Nacht vor Ort waren. Das heißt nicht, dass sie auch von einem Polizisten abgefeuert wurde. Das muss eine Untersuchung zeigen."
Ein Handyvideo vom Zwischenfall wurde veröffentlicht. Die Medien berichteten und der Funke sprang über: Zunächst auf die benachbarten Vororte, dann auf ganz Frankreich. Höhepunkt der Gewalt war der 6. November 2005: In dieser Nacht allein kam es in nahezu 300 Gemeinden Frankreichs zu Krawallen, 1408 Autos standen in Flammen. Zum ersten Mal seit Ausbruch der Krise meldete sich auch der Präsident zu Wort.
Jacques Chirac: "Das Gesetz muss die Oberhand behalten. Die Republik bleibt entschlossen, stärker zu sein als jene, die Gewalt und Angst säen wollen."
Die Regierung sah sich am 8. November gezwungen, den Ausnahmezustand zu verhängen, zum ersten Mal seit dem Algerienkrieg. Die Polizeipräsenz in den Problemvierteln wurde vervielfacht, Justiz und Sicherheitsbehörden erhielten Sonderdurchgriffsrechte, ausländische Straftäter aus den Quartiers wurden abgeschoben.
Am 17. November ist der Spuk vorbei. Die traurige Bilanz: Mehr als 10.000 verbrannte Autos, Schulen, Kindergärten – 300 öffentliche Gebäude abgefackelt, 6000 Festnahmen, 130 Verletzte auf beiden Seiten. Der einzige Lichtblick: Es gab nur ein mittelbares Todesopfer zu beklagen.
Armut, Arbeitslosigkeit, bei den Jugendlichen der "Quartiers" unter 25 lag und liegt sie teilweise bei über 50 Prozent. Rassismus und Perspektivlosigkeit nach jahrzehntelanger Vernachlässigung der Trabantenstädte explodierten förmlich wie bei einem Vulkan, unter dessen Oberfläche es schon lange brodelte.
Religiöse Motive spielten keine Rolle, aber soziale
Die Kinder der ersten Einwanderergeneration, überwiegend französische Staatsbürger, fühlten sich nicht anerkannt, unzureichend integriert. Religiöse Motive spielten dabei nach Meinung des Politologen Asiem El Diafraoui keine Rolle.
"Es gab keinerlei religiöse Einflussnahme. Die muslimischen Verbände haben sich eindeutig gegen diese Gewalt ausgesprochen, die eigentlich relativ spontan ausgebrochen ist. Die Maßnahmen, die dann nachher ergriffen worden sind, sind klassisch französisch. Die Franzosen glaubten lange Jahre nicht an eine wirkliche Integrationspolitik, sondern an eine Assimilationspolitik und glaubten, dass diese Unruhen nur auf sozioökonomischen Faktoren basierten. D.h. danach wurden neue Jugendzentren geschaffen. Es wurde auch viel übermalt, gewisse Hochhaussiedlungen wurden auch angenehmer gestaltet, aber die wirklichen Wurzeln des Übels wurden nicht erkannt: Die Loslösung der französischen Bevölkerung eben von dieser Gesellschaft und der Quasi Nichtkontakt mit gesellschaftlichen und vor allem auch staatlichen Institutionen."
Bis auf den heutigen Tag.
Historisch lässt sich das klassische französische Rezept nach verfolgen. Milliarden sind geflossen – oder man könnte sagen verflossen, denn sie blieben ohne nennenswerten Effekt. Heutzutage gelten 750 Viertel überall in den größeren französischen Städten als problematisch. Je nach Schätzung leben bis zu fünf Millionen Menschen in den Trabantenstädten.
"Der Abstieg der Stadtränder, die Ghettos – das habe ich schon 2005 als territoriale, soziale und ethnische Apartheid in unserem Land bezeichnet. Die soziale Misere, zu der die tägliche Diskriminierung kommt, weil man nicht den richtigen Familiennamen, die richtige Hautfarbe hat oder eine Frau ist. Ich will keine Entschuldigungen suchen, aber man muss der Realität unseres Landes ins Auge sehen."
Sagte Manuel Valls Anfang dieses Jahres nach dem islamistischen Anschlag auf die Zeitschrift Charlie Hebdo. Einer der Täter stammte aus der Banlieue. Auch dieser Premierminister hat wiederum eine Initiative lanciert, will vor allem auf Bildung setzen, darauf dass die Werte und Prinzipien der französischen Republik wie Laizität, Gleichheit, Meinungsfreiheit vermittelt und hochgehalten werden.
Die Stimmung ist immer noch explosiv
Erst dieser Tage reiste der Premierminister im Geleit der zuständigen Kabinettsmitglieder in die Banlieue: Sozusagen, um ein Zeichen zu setzen – ganz offensichtlich den zehnten Jahrestag der Vorstadtunruhen im Hinterkopf. Auch in Clichy gaben sich in den letzten Jahren hochrangige Politiker die Klinke in die Hand, sind Projekte angeschoben worden wie die Straßenbahn, um aus dem Epizentrum der Unruhen so etwas wie ein Vorzeigemodell zu basteln.
"Neue, sehr hübsche Wohnungen mit vier bis fünf Etagen sind gebaut worden, nicht mehr diese Riesentürme, ein Kommissariat wurde eingerichtet sowie eine Zweigstelle der Arbeitsagentur- schließlich wollten wir immer eine Stadt wie jede andere auch sein. Und es wurden zwei neue Schulen gebaut, so dass die Menschen Hoffnung schöpfen konnten."
Nicht zu vergessen, dass Samira Tayebi als Kind von Einwanderern stellvertretende Bürgermeisterin geworden ist. Auch die gelernte Vorschullehrerin kann die Augen vor der sozialen Realität jedoch nicht verschließen, die Sozialarbeiter Mohammed Machmache beschreibt:
"Die meisten Menschen hier leben in Armut, das ist kompliziert. Eine vernünftige Verkehrsanbindung fehlt, das bleibt ein fundamentales Problem: Denn die Leute sind nicht autonom, wenn sie nicht mobil sind. Im Gesundheits- und Bildungssektor hakt es: Da ist der Staat einfach noch nicht präsent genug. Da gibt es noch viel zu tun."
Und fragt man einige der Jugendlichen, die – wie es so schön heißt – die Zukunft eines Landes sind, ob sie Arbeit fänden, was sie so trieben, kommt die wenig überraschende Antwort:
"Das sei schwer."
Hier gebe es keine Arbeit mehr.
"Wir müssen irgendwie klar kommen. So ist das nun einmal. Wir verkaufen Drogen, harte Drogen."
Was hat sich geändert in den letzten Jahren? Bei meinem ersten Besuch in Clichy vor neun Jahren traf ich den vergeblich Arbeit suchenden Christopher, der damals sagte:
"Alles, was mir zu tun bleibt ist, unten im Wohnblock zu sitzen, einen Joint zu rauchen, ein Bier zu trinken, sonst nichts."
Nun, die Arbeitslosen von heute können neuerdings in Clichy schwimmen gehen.
Fakt ist: Im Kern hat sich nur äußerlich etwas verändert. Das Grundproblem bleibt, die Stimmung ist explosiv. Der Politologe Asiem el Diafraoui bringt es auf den Punkt:
"Das Potential einer neuen Explosion ist natürlich nach wie vor da. Da herrscht ein wirklicher Vertrauensbruch und dieser Vertrauensbruch wird von Dschihadisten ausgenutzt, es mögen vielleicht nur ein paar hundert in ganz Frankreich sein. Bisher ist es ein marginales Problem, aber in einem Klima, wo wir auf der einen Seite eine Rekordzahl an Syrienausreisenden haben, auf der anderen Seite eine nationale Front haben, die immer weiter versucht zu polarisieren, ein Fegefeuer der Islamophobie, des Antiislams zu schüren. Da wächst natürlich auch das Potential, dass sich die Banlieue anhand von religiösen Trennlinien teilt."