Wie sich Amok-Taten wirksam verhindern lassen
18:06 Minuten
Erfurt und Winnenden - Amokläufe, die die Republik erschütterten. Die Wissenschaft hat sich seitdem intensiv mit solchen Taten beschäftigt und ist sicher: Amokläufe können verhindert werden. Auch die Polizei hat aus Fehlern der Vergangenheit gelernt.
"Der Tag ist mir so gegenwärtig, ich könnte Ihnen jede Minute beschreiben, ich weiß ganz genau, wann ich wo war. Meine Tochter ist mir so gegenwärtig, wie sie damals war. Natürlich, sie ist für mich nicht älter geworden. Ich habe das Bild vor Augen, von dem Menschen, den ich damals verloren habe."
Nina Mayer war Referendarin an der Albertville-Realschule in Winnenden. Ein lebensfroher Mensch, mit einem großen Herz für alle Schwachen, sagt ihre Mutter Gisela Mayer. Im Sommer 2009 wollte die junge Frau heiraten, an ihrem 25. Geburtstag wurde sie beerdigt.
"Ich habe zwei Monate gebraucht, in denen ich mir erklärt habe, dass sie tot ist. Und mit erklärt meine ich, ich habe es mir selbst vorgesagt. Weil ich es nicht eingesehen habe. Ich habe mich mit aller Kraft gewehrt gegen diesen Satz, dass sie tot ist."
Forderung nach Verschärfung des Waffenrechts
Mit weiteren Hinterbliebenen gründete Gisela Mayer kurz nach dem Amoklauf ein Aktionsbündnis. Zunächst forderten die Hinterbliebenen eine Verschärfung des Waffenrechts.
Später wurde das Bündnis die kirchliche Stiftung "Gegen Gewalt an Schulen". Mitglieder der Stiftung besuchen Schulen und suchen auch das Gespräch mit Menschen, die eine Tat etwa im Internet oder gegenüber Mitschülern angekündigt haben.
Vorsitzende der Stiftung ist Gisela Mayer. Sie hält auch den Kontakt zu den anderen betroffenen Eltern in Winnenden. Bis heute gebe es Mütter und Väter, die den Tod ihrer Kinder kaum verkraften:
"Die noch keinen Weg gefunden haben, die vom Schicksal, also von diesem Amoklauf sehr, sehr mitgenommen sind, die heute auch nicht sprechen können und nicht sprechen wollen."
Thomas Weber ist Psychologe und Geschäftsführer des Zentrums für Trauma und Konfliktmanagement. Er und sein Team waren nach der Tat über ein Jahr vor Ort in Winnenden und haben Menschen, vor allem Jugendliche, psychologisch betreut. Vor dem ersten Jahrestag appellierte Weber an Journalisten, sich mit Interviews zurückzuhalten:
"Wir hatten teilweise Kinder, die von Albträumen berichteten in Bezug auf Medienauftritte. Das hat natürlich in Winnenden auch zu einer sehr explosiven Stimmung geführt, gerade vor dem (ersten) Jahrestag war das sehr stark spürbar, als Medienvertreter teilweise, es lag seinerzeit Schnee, mit Schneebällen beworfen worden sind oder ähnliches. Und es war uns ganz klar, dass wir diese unkontrollierte, erste Situation irgendwie kontrollieren müssen."
Betroffene und Hinterbliebene hätten bei Ereignissen wie Winnenden keine Wahl, wie sie mit der Erinnerung umgehen, erklärt Weber. Ob gewollt oder nicht, medial werden sie zum Rückblick gezwungen:
Die Presse taucht zum zehnten Jahrestag wieder auf
"Zum ersten Jahrestag wird berichtet, dann sind die nachfolgenden Jahrestage eher ruhig. Der fünfte sticht vielleicht ein bisschen heraus und erfahrungsgemäß, und das kennen wir von anderen Ereignissen, wird der zehnte Jahrestag dann nochmal zum Anlass genommen, praktisch die komplette Geschichte zu erzählen. Das heißt, auch wenn ich als Angehöriger nichts mehr davon wissen will, kann ich mich dem eigentlich kaum entziehen."
Und doch rät der Psychologe Journalisten zur Berichterstattung:
"Berichterstattung ist auch als Form des Gedenkens wichtig. Aber man sollte aufpassen, wieder die kompletten Gefühle, oder verzeihen Sie mir, wenn ich das so ausdrücke: Die kompletten Blutgeschichten wieder und wieder zu erzählen. Das, was damals passiert ist, das darf nicht in Vergessenheit geraten, da sind Menschen gestorben, da sind junge Menschen gestorben, es wurden vielen Menschen Leid zugefügt, und insofern sollten wir diesen Menschen auch am 10. Jahrestag den notwendigen Respekt entgegenbringen."
Auch für Gisela Mayer ist die Art der Berichterstattung im Rahmen ihrer Arbeit für die Stiftung ein zentrales Thema. Zusammen mit dem Journalisten Andreas Unger hat sie einen Leitfaden für Journalisten herausgegeben. "Begegnung mit dem Leid" lautet der Titel des Buches. Hierin finden Reporter Anregungen für eine sensible Berichterstattung.
Gisela Mayer unterrichtet zudem an der Deutschen Journalistenschule in München Nachwuchsjournalisten und empfiehlt dabei, sich bei der Beschreibung eines Amoktäters nie auf Spekulationen über sein Motiv einzulassen.
"Sagt doch einfach, was für armselige, hilflose, kleine Wichte das im Grunde genommen sind, die nur deswegen morden, weil eine effektive Waffe in ihren Händen ist. Das sind nicht die großen Kämpfer, das sind nicht die mutigen Kerle, die irgendeine Verletzung rächen. Sie wären gerne die Rächer, sie sind genau das Gegenteil: Sie sind die kleinen Jungs, die morgens Kuchen essen und Kaba trinken und dann in ihre Schule fahren, um mit einer Präzisionswaffe andere Menschen zu töten. Da gehört gar nichts dazu, denn sie schießen sie in den Rücken, wehrlose Schüler. Das sind einfach nur Feiglinge. Nennt sie doch einfach beim Namen."
Amoktaten lassen sich verhindern
Britta Bannenberg, Professorin für Kriminologie, ist überzeugt: Amoktaten lassen sich verhindern. Die Wissenschaftlerin hat die Amokläufe von Erfurt, Winnenden und zuletzt den Amoklauf in München analysiert. Im Juli 2016 erschoss ein 18-Jähriger im und um das Münchner Olympia-Einkaufszentrum neun Menschen, vor allem Jugendliche.
Im Internet fänden sich Ranglisten von Tätern mit den meisten Opfern, erklärt Bannenberg, und potentielle Amokläufer orientierten sich dabei an vergangene Taten:
"Dieser Täter aus München hat zweimal Winnenden aufgesucht, hat die Gräber aufgesucht und hat seine eigene Tatplanung dadurch noch einmal forciert. Er hat sein Ich im Internet mit den Nicknames von Tim Kretschmer benannt, und war sehr inspiriert von dieser Tat. Und das ist, in gewissen Foren, immer noch ein Thema. Das ist ein bitterer Zynismus, dass diese Täter sich aneinander orientieren und diejenigen sein wollen, die am Ende am meisten Todesopfer produzieren, in Anführungsstrichen."
Während andere Gutachter im Fall des Münchner Täters von einer rechtsextremistisch motivierten Tat ausgehen, erkennt Bannenberg bei David S. typische Merkmale eines Amokläufers.
Sie beschreibt potentielle Täter als stille, schwer zugängliche Menschen. Bis auf wenige Ausnahmen handle es sich in der Regel um Männer bis zum Alter von maximal 23 Jahren. Diese jungen Männer seien psychisch schwer gestört und kämen mit der Welt nicht klar. Mögliche Mobbingerfahrungen spielten laut Bannenberg für die spätere Tat so gut wie keine Rolle.
Der typische Amokläufer schaue Gewaltfilme, auch Filme von Amokläufen, und spiele besonders brutale Gewaltspiele. Mitspielern fiele die Brutalität fast immer auf, sodass sie sich oft von ihm abwendeten. Amokläufer und terroristische Einzeltäter seien sich vom Wesen her ähnlich. Würden bestimmte Warnzeichen erkannt, etwa von Mitschülern, ließe sich eine geplante Tat verhindern.
Zurecht beunruhigt
Seit 2015 gibt es das Beratungsnetzwerk Amokprävention. Dorthin können sich Menschen wenden, die über das Verhalten etwa des Freundes, eines Schülers oder des Sohnes beunruhigt sind. Etwa 200 Anrufer hätten sich im Laufe der Jahre gemeldet, berichtet Britta Bannenberg:
"Es hat hohe Substanz. Etwa 20 Prozent, da kann man sehr schnell sagen: ‚Da machen Sie sich Sorgen, die brauchen sie nicht haben.‘ Aber die anderen, das sind schon Fälle, wo die Menschen zurecht beunruhigt sind, und da muss man teilweise auch etwas länger beraten oder eben auch polizeiliche Aktionen, die dann etwas umfassender sind, fahren."
Am Lehrstuhl von Britta Bannenberg steht ein Beratungsteam zur Verfügung, auch die Stiftung in Winnenden ist telefonisch ansprechbar:
"Wir haben noch nie länger als eine Stunde gebraucht. Das geht innerhalb kürzester Zeit, dass eine Rückmeldung (da) ist, dass sich darum einfach jemand kümmert. Unauffällig kümmert, da kommt nicht das SEK, da kommt niemand auffällig, das merkt keiner."
Beruhigt Gisela Mayer von der Stiftung. Und doch komme es bisweilen vor, dass ein auffälliger Mensch zur Untersuchung in eine psychiatrische Einrichtung muss, so Bannenberg. Sollten sich dort keine Anhaltspunkte für eine geplante Tat ergeben, sei eine Intervention dennoch wichtig:
"Das ist dann schon so, dass man sagen kann, der menschliche Kontakt und die vorherige Intervention mit Nachfrage und Abklärung, der unterbricht in der Regel diese Dynamik, wo es nichts anderes mehr gibt, als auf die Tat zuzusteuern. Wenn man im Gespräch bleibt, wenn man sogar die Tötungsabsichten massiv hinterfragt, dann scheint die Luft raus zu sein, um es einmal platt zu sagen."
Die Wissenschaft hat seit dem Amoklauf in Erfurt 2002 neue Erkenntnisse gewonnen und auch die Polizei. Beim Amoklauf in Winnenden setzte die Polizei erstmals eine neue Strategie um:
"Wir hatten damals als eines der ersten Bundesländer reagiert auf die Ereignisse in Columbine und auf die Ereignisse in Erfurt. Das war für uns in der Polizei schon ein Paradigmenwechsel. Dass jeder normale Streifenbeamte, nicht die Spezialeinheiten, sondern jede normale Kollegin, Kollege, die normal Verkehrsunfälle aufnehmen oder was auch immer in der täglichen Arbeit tun, dass die, wenn die mit so einer Lage konfrontiert werden, offensiv auf den Täter zugehen und den Täter im Zweifelsfall final bekämpfen."
Ralf Michelfelder war bis 2015 Polizeichef in Waiblingen und leitete den Einsatz in Winnenden. Heute ist er Chef des Landeskriminalamts Baden-Württemberg und hat gemeinsam mit Kollegen das Konzept für Sonderlagen weiterentwickelt. Der Paradigmenwechsel besteht dabei für die Polizei darin, dass in bestimmten Fällen nicht auf Spezialeinheiten gewartet wird.
Streifenbeamte warten nicht mehr auf das SEK
So war bei dem Amoklauf in Erfurt 2002 mit 16 Opfern zwar die Polizei schnell an der Schule. Doch die Beamten mussten zunächst auf ein Einsatzkommando warten.
Der erste Notruf aus der Schule in Winnenden ging um 9:33 Uhr bei der Polizei ein. Nur wenige Minuten später waren drei Polizisten aus der örtlichen Wache vor Ort. Alle drei Beamten waren für besondere Lagen ausgebildet und betraten sofort das Schulgebäude. Der Täter entdeckte sie schnell:
"Das Frappierende bei dem Amoklauf in Winnenden war, dass der Täter gezielt immer auf den Kopf geschossen hat. Das betraf natürlich als Erstes die Opfer, die getöteten Kinder. Aber auch als die Polizeibeamten interveniert haben, hat er auf die Köpfe der Beamten geschossen und bei einem ging das Projektil knapp am Gesicht vorbei. Wir hatten damals Schutzwesten, aber wir hatten damals keinen ballistischen Kopfschutz. Also wir hatten keine Helme. Und nach dem Amoklauf in Winnenden hat man da nachgearbeitet, nachgesteuert."
Der 17-Jährige Täter, Tim Kretschmer, flüchtete aus der Schule. Später stellte sich heraus: Er hatte noch über 200 Schuss Munition bei sich. Auf seiner Flucht, die im rund 40 Kilometer entfernten Wendlingen endete, erschoss er drei weitere Menschen und tötete sich danach selbst.
Bei der Auswertung des Tathergangs wurde klar: Die angewandte Strategie, das Schulgebäude sofort zu betreten, hat weitere Opfer in der Schule verhindert:
"Das hört sich jetzt etwas komisch an: Der polizeiliche Erfolg hatte seine Wurzeln in dem Training, das 2007/2008 durchgeführt wurde. Die drei Kollegen, die damals als Erste in die Schule gingen, sagten zu mir danach: 'Alles lief ab wie in einem Film. Wir wussten genau, was wir zu tun haben.'"
Das Konzept wurde zunächst vom Spezialeinsatzkommando Baden-Württemberg übernommen, die Bundespolizei-Einheit GSG 9 passte die Strategie später ihren Bedürfnissen an. Europäische Nachbarländer, etwa Frankreich und Österreich, ließen sich von den deutschen Kollegen einweisen, auch beim amerikanischen Inlandsgeheimdienst FBI stieß das Konzept aus Deutschland auf großes Interesse.
Chaosphase am Anfang eines Amoklaufs
2002 war Roland Goertz stellvertretender Leiter des Amtes für Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz in Erfurt. Er koordinierte den Einsatz der Rettungskräfte nach dem Amoklauf am Gutenberg-Gymnasium. Sieben Jahre später, Goertz leitete zu dieser Zeit die Branddirektion in Karlsruhe, erreichte ihn die telefonische Anfrage, ob er nach Winnenden fahren könne:
"Weil es dort ein Ereignis wie damals in Erfurt gäbe. Und es wäre wohl nicht schlecht, wenn jemand dort wäre, der das schon einmal gesehen hat. Das waren ungefähr die Worte. Dann habe ich gesagt: ‘Ja, dann mache ich mich jetzt auf den Weg', wobei ich innerlich zugebe, dass ich damals dachte, ob ich das so gut finde, das nochmal zu sehen, das weiß ich nicht. Ich bin da schon mit sehr gemischten Gefühlen mit Blaulicht nach Winnenden gefahren."
Nach einer Stunde war Goertz vor Ort:
"Und dann sah das alles so ähnlich aus, wie damals in Erfurt. Wenn ich sage chaotisch, meine ich damit nicht, dass es schlecht ist. Jeder, der so etwas macht, weiß, dass es am Anfang eine Chaosphase gibt. Man muss erst einmal wissen, was überhaupt ist und sich sortieren und das Ganze aufbauen."
Professor Goertz leitet heute an der Universität Wuppertal den Lehrstuhl für Chemische Sicherheit und Abwehrenden Brandschutz. Bei seinem Einsatz in Winnenden beriet er vor zehn Jahren die Leitung des Rettungsdienstes:
"Der Schwerpunkt von diesem Einsatz ist der Betreuungseinsatz. Hier geht es darum, die Infrastruktur aufzubauen, die Menschen zu sortieren, die Daten zu erfassen, Klarheit hereinzubringen, damit die Eltern wieder zu ihren Kindern kommen und umgekehrt."
Was in Winnenden gut lief, war in Erfurt noch eine Katastrophe und hat dazu geführt, dass viele Angehörige unerträglich lange keine Information bekamen:
"Wir hatten dann abends die Situation, dass wir noch so ungefähr 70 Menschen, weil es anfing zu regnen, in eine nahegelegene Aula gebracht hatten, von einer anderen Schule. Jetzt waren unter diesen 70 Menschen Opfer-Angehörige, die das ahnten, aber noch nicht wussten. Erst gegen Abend war es in Erfurt möglich, abschließend die Opfer zu identifizieren und die Namen präzise zu haben. In dieser Situation, als die Liste dann da war, war die Frage: Wie bringen wir jetzt die Namen und die Opferangehörigen zusammen? Und das ist in Erfurt so gemacht worden, dass halt die Liste vorgelesen wurde, wer gehört zur Familie sowieso, dann gingen die raus und bekamen ihre Todesnachricht überbracht. Das fand ich schrecklich, das war mit das Schrecklichste, was ich in meinem Leben erlebt habe."
Geschulte Betreuer für jede Familie
In Winnenden wurde jeder betroffenen Familie, jedem Angehörigen, schon kurz nach der Tat, ein geschulter Betreuer zur Seite gestellt. Einige Familien haben den Kontakt zu ihren Helfern bis heute gehalten.
"Und jetzt war das hier schon in Winnenden, auch durch die anderen Strukturen der Polizei, schon anders organisiert und deutlich besser."
Diese Erkenntnisse gibt es nicht zuletzt deshalb, weil beide Tatgeschehen aufgearbeitet wurden. In Erfurt legte zwei Jahre nach dem Amoklauf eine unabhängige Expertenkommission einen Bericht vor. Diese Analyse wurde notwendig, nachdem die Kritik unter anderem an dem Einsatz der Polizei immer schärfer wurde. Die Landesregierung hatte einen nach der Tat als vorläufig bezeichneten Bericht nicht weiter fortgeschrieben, das wurde nachgeholt.
In Baden-Württemberg bekam eine Expertenkommission den Auftrag, die Tat zu analysieren und Handlungsempfehlungen zu geben. Ziel sollte sein, künftig Amokläufe unwahrscheinlicher zu machen. Über 80 Maßnahmen wurden damals beschlossen. In der Folge wurden etwa an den Schulen die Sicherheitsmaßnahmen erhöht, jede öffentliche Schule bekam Alarmierungsgeräte, sogenannte Pager.
An der Universität Tübingen wurde rund drei Jahre nach dem Amoklauf ein Kompetenzzentrum für Schulpsychologie eröffnet. Die Zahl der Schulpsychologen wurde mit den Jahren verdreifacht, heute gibt es über 200 Stellen in Baden-Württemberg.
Vier Monate nach dem Amoklauf in Winnenden trat ein schärferes Waffenrecht in Kraft. Waffenbesitzer können seitdem unangekündigt kontrolliert werden. Dabei wird geprüft, ob Gewehre und Pistolen gesichert aufbewahrt werden. Die Altersgrenze, ab der Jugendliche mit Großkaliber-Waffen schießen dürfen, wurde damals von 14 auf 18 Jahren erhöht.
Morddrohungen gegen Hinterbliebene
Hinterbliebene, die sich weiter für eine Verschärfung des Waffenrechts einsetzten, erhielten in den vergangenen Jahren Morddrohungen. Bei der Stiftung "Gegen Gewalt an Schulen" lässt man sich dadurch nicht einschüchtern. Seit der Tat von Winnenden säßen Mitglieder der Stiftung mit am Tisch, wenn politisch über das Waffengesetz gesprochen wird, so Gisela Mayer:
"Da gab es durchaus Diskussionen, da gab es Neuregelungen, nur geht es jetzt um andere Dinge: Die Szene hat sich verändert. Da gibt es jetzt das Darknet, man besorgt sich seine Waffen jetzt nicht mehr im Kleiderschrank seines Vaters. Wenn man etwas haben möchte, versucht man es über das Darknet zu organisieren. Das funktioniert ja auch gut. Da gibt es auch Gesetzesänderungen, da gibt es Maßnahmen, da haben wir durchaus mitgewirkt und diejenigen in der Stiftung, die fachkompetent sind, wurden auch gefragt, das heißt, wir haben dazu beigetragen, nur ist das nicht über die Öffentlichkeit gegangen."
Die Politik habe im Unterschied zu den USA hierzulande reagiert. Auch an Schulen habe sich viel verändert, so gebe es mehr Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen. Es werde auf viele Dinge geachtet, die vorher nicht wahrgenommen wurden. Und doch sei politisch nicht so viel passiert, wie die Hinterbliebenen gefordert hätten, sagt Gisela Mayer.