Zehn Thesen zur Zukunft

Verpassen die Öffentlich-Rechtlichen ihre digitale Chance?

Mikrofone stehen am 17.03.2016 bei der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder in der Landesvertretung des Landes Bremen in Berlin auf einem Tisch
Gut ausfinanziert sei der ÖR-Rundfunk, meint Dobusch. Seine Probleme liegen eher bei der Innovationsfreude © Bernd von Jutrczenka,dpa picture-alliance
Leonhard Dobusch im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
Mehr Digitales, mehr Mut: Das fordern die Unterzeichner des offenen Briefes zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien, denn die drohen den Anschluss zu verlieren. Mitunterzeichner Leonhard Dobusch fordert, den Online-Auftrag weiter zu fassen.
"Gäbe es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht, müsste man ihn gerade jetzt erfinden" - das ist die erste These, die in einem offenen Brief zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien formuliert ist. 45 Wissenschaftler gehören zu den Erstunterzeichnern, darunter auch der Ökonom Leonhard Dobusch. Er ist Mitglied im Fernsehrat des ZDF für den Bereich Internet.
Neun weitere Thesen haben sie formuliert, in denen sie auch fordern, den Online-Auftrag weiter zu fassen, die bewusste Hinentwicklung zu Plattformen zuzulassen oder die explizite Ermöglichung von lokaler Berichterstattung zu ermöglichen.

Sündenbock der Privaten

"Man kann beobachten, dass im Zuge der Digitalisierung die Anfangseuphorie etwas verflogen ist", konstatiert Dobusch. Zwar sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland gut ausgestattet, doch er komme zunehmend unter Druck: "Einerseits kommt er unter Druck von privaten Medien, die unter der Digitalisierung leiden und bisweilen dann im öffentlich-rechtlichen Angebot den Sündenbock suchen. Andererseits kommt er aber auch deshalb unter Druck, weil er in vielerlei Hinsicht nicht zeitgemäß ist."
Dass die ÖR-Anstalten so hinterher hinken, liege am Gesetzgeber, der einiges nicht erlaube, meint Dobusch. So sei es verboten, im Internet Dinge zu veröffentlichen, die keinen Sendungsbezug aufweisen, "ein Anachronismus!", kritisiert der Ökonom. Doch es liege auch an den Anstalten selbst: "Sie sind nicht die ersten, wenn es darum geht, digitale Chance zu ergreifen", meint er.

Warum nicht offene Lizenzen?

Beispielhaft könne man das an der Berichterstattung zur Bundestagswahl sehen: "Die Inhalte zur Wahl werden für eine kurze Zeit online verfügbar gehalten, verschwinden danach aber wieder aus dem Netz. Da stelle ich mir die Frage: Warum werden diese Inhalte nicht - zum Beispiel unter offenen Lizenzen - veröffentlicht? Dann könnte das dauerhaft auch in der Wikipedia bei den entsprechenden Artikeln vorgehalten werden. Doch diesen Mehraufwand scheut man."
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