Zeichen einer Annäherung von Trump und Putin

"Die Europäer sollten das unterstützen"

US Präsident Donald Trump (M) und der russische Präsident Wladimir Putin (r) am 16.7.2018 vor ihrem Treffen.
US Präsident Donald Trump (M) und der russische Präsident Wladimir Putin (r) am 16.7.2018 vor ihrem Treffen. © Alexei Nikolsky/Pool Sputnik Kremlin/dpa
Johannes Varwick im Gespräch mit Hans-Joachim Wiese · 16.07.2018
Bedroht eine Annäherung der USA und Russlands die EU? Der Politologe Johannes Varwick meint, die Europäer sollten die "gute Initiative" von Trump und Putin begrüßen. Und im Umgang mit den USA einen weniger konfrontativen Ton anschlagen - vor allem Außenminister Maas.
"Der Dialog ist sehr gut verlaufen" - so US-Präsident Donald Trump nach dem Gipfeltreffen vom Montag in Helsinki. Auch sein russischer Amtskollege Wladimir Putin beurteilte das Gespräch als "sehr erfolgreich und sehr nützlich".
Ist die Eiszeit also zu Ende? "Ich glaube, das war jetzt ein ganz guter Start", sagte Johannes Varwick, Professor für Professor für Internationale Beziehungen und Europäische Politik an der Universität Halle-Wittenberg, im Deutschlandfunk Kultur. Es gebe offenkundig ein ernsthaftes Bemühen für Annäherung.
Anders als manche europäische Beobachter, die von einer russisch-amerikanischen Annäherung offenbar vor allem einen Nachteil für die EU erwarten, begrüßt Varwick die "gute Initiative" von Trump und Putin. "Die Europäer sollten das unterstützen."
Der russische Präsident Wladimir Putin nach seiner Ankunft in Helsinki
Der russische Präsident Wladimir Putin nach seiner Ankunft in Helsinki© AFP / Jonathan NACKSTRAND
Gleichwohl sieht auch Varwick die Gefahr, dass die Europäer durch eine Annäherung von USA und Russland an den Rand gedrängt werden könnten, vor allem weil die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedliche Positionen hätten. "Wenn Sie sich etwa die polnischen Befürchtungen mit Blick auf Russland angucken oder die spanische Position, da ist ein weites Feld der Unterschiedlichkeit", sagt er. Wenn es jedoch gelinge, eine geschlossene europäische Position zu erarbeiten, könne eine amerikanisch-russische Annäherung durchaus im europäischen Sinne sein. "Weil: Es ist ja doch eine gefährliche Lage und ich bin ganz froh, dass man jetzt da wieder gesprächsfähig ist."
US-Präsident Donald Trump bei seiner Ankunft in Helsinki
US-Präsident Donald Trump bei seiner Ankunft in Helsinki© AFP / Lehtikuva / Heikki Saukkomaa
Dass Trump die EU in einem CBS-Interview als "Feind" bezeichnet haben soll, ist für Varwick auch eine Frage sprachlicher Feinheiten: Das von Trump benutzte Wort "Foe" bezeichne einen Gegner oder Rivalen, aber keinen eigentlichen Feind, betont er. "Er wollte damit sagen, dass er die Europäische Union, sofern er sie denn ernst nimmt, als wirtschaftlichen Wettbewerber sieht."

Hören Sie zum russisch-amerikanischen Gipfeltreffen auch unser Interview mit Henning Riecke von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP): Audio Player

Varwick rät den Europäern dazu, sich nicht zu sehr an der Person Trumps aufzuhalten, sondern eher auf die Rolle der USA zu schauen: "Und da würde ich meinen, dass die Amerikaner - und Trump symbolisiert das - eben seit einiger Zeit den Eindruck haben, dass sie in der internationalen Politik gewissermaßen permanent über den Tisch gezogen werden." Das müsse man in der Sache nicht teilen, aber man solle dieses Grundgefühl ernst nehmen, mahnt der Politikwissenschaftler.

"Die Europäer stützen auch ihre Interessen"

Einige Punkte Trumps seien auch "nicht völlig irreal", zum Beispiel die Kritik an der Höhe der europäischen Verteidigungsausgaben oder an den EU-Zöllen auf US-Produkte: "Zumindest hat er da gute Punkte." Die Europäische Union sei nicht das Paradies für Freihandel, als dass sie sich darstelle.
So liege der durchschnittliche Zollsatz in der EU bei fünf Prozent, in den USA bei etwa drei Prozent. "Die Europäer stützen auch ihre eigenen Interessen und machen das relativ robust und geschickt. Insofern sind das durchaus realistische Punkte, die Trump da vorbringt. In der Handelspolitik ist einiges aus dem Gleichgewicht geraten, und das liegt insbesondere auch an den hohen deutschen Handelsbilanzüberschüssen."

"Es gibt keine besseren Partner"

Scharfe Kritik übt Varwick auch an der Rhetorik Heiko Maas' im Umgang mit den USA: "Ich halte überhaupt nichts davon, wenn jetzt etwa der deutsche Außenminister sagt, wir können uns nicht mehr auf die Amerikaner verlassen und so was. Das mag sein, dass das schwierig ist mit Trump derzeit, aber solche Töne von einem deutschen Außenminister finde ich unangemessen."
Maas solle lieber darein investieren, eine Partnerschaft auf Augenhöhe mit den USA zu etablieren. Denn: "Es gibt keine besseren Partner in dieser multilateralen Welt."
(uko)
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