Nationalsozialistischer Taumel in Siebenbürgen
Gleich mit ihrem ersten Roman ist Ursula Ackrill ein Coup gelungen: "Zeiden, im Januar" wurde für den Leipziger Buchpreis nominiert. Der Roman erzählt die Geschichte der Sachsen in Siebenbürgen – und wie sie der Propaganda des Dritten Reichs verfallen.
Ursula Ackrills Roman "Zeiden, im Januar" gehört zu den Überraschungen in diesem Bücherfrühling. Zeiden ist ein Städtchen in Siebenbürgen, nur 20 Kilometer entfernt von Kronstadt, wo die Autorin 1974 geboren wurde - in eine Familie hinein, die zur Minderheit der Deutsch sprechenden Sachsen in Rumänien gehörte. In Zeiden spielt nun auch ihr erster, gleich überaus ambitionierter Roman, der einige Tage im Januar 1941 beleuchtet, als viele Siebenbürger vom nationalsozialistischen Taumel gepackt wurden.
Die Hauptfigur in ihrem Roman hätte es in den 40er Jahren geben müssen
"Es ist ein Stoff, der mich gepackt hat und mich nicht losließ", sagte Ackrill im Deutschlandradio Kultur: "Ich wurde von ihm getrieben." Ihre Hauptfigur in dem Roman heißt Leontine Philippi, ist 53 Jahre alt, eine Frau mit einen "moralischen Kompass".
Philippi schreibt an der Stadtchronik von Zeiden und vertritt Werte, die im heutigen Bürgertum weit verbreitet sind. So eine Figur hätte sie sich in der damaligen Zeit gewünscht, sagt Ackrill.
Die Beteiligung am NS-System wurde weitgehend totgeschwiegen
Der Blick über die eigene Gemeinde hinaus habe ihr sehr bei der Lektüre von Büchern aus ihrer Heimat gefehlt, so die Autorin. In ihrer Heimatgemeinde wurde kaum offen über die Kriegsjahre gesprochen, berichtet sie: "Man sprach sehr viel über die Verschleppung in die Arbeitslager der Ukraine, die im Januar 1945 stattgefunden hat. (...) Man wurde gequält, jahrelang, in diesen Arbeitslagern.
Was aber dieser Geschichte vorherging, die Beteiligung am Nationalsozialismus, das wurde überhaupt nicht diskutiert." Mit ihrem Buch sorgt Ackrill, die in England lebt, nun im besten Sinne für Aufklärung.