Marc Brost, geboren 1971 in Mannheim, ist Ressortleiter im Hauptstadtbüro der Wochenzeitung "Die Zeit". Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim und volontierte anschließend an der Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten. Für "Die Zeit" arbeitet Brost seit 1999 und wurde für seine journalistische Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem 2006 mit dem Theodor-Wolff-Preis.
"Diese Generation ist ungeheuer laut"
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Auf Deutschlands Straßen wird lautstark demonstriert - und das freut den Journalisten Marc Brost: Er sieht eine Rückkehr der Protestkultur aus vergangenen Zeiten und diese sei mächtig genug, um die Politik zu beeinflussen.
Die Leute gehen wieder auf die Straße: Gegen Klimawandel, Urheberrecht, Mietwucher und - in England - gegen den Brexit. "Wieder", sagt Marc Brost, weil sich die Zahl der Demonstrationen in Großstädten wie Berlin in den letzten zehn Jahren verdoppelt hat. Der "Zeit"-Redakteur sieiht darin Symptome einer "neuen Kraft der Straße" und eine Rückkehr der Protestkultur. "Die Demonstranten werden mehr - und sie werden lauter. Und die Politik reagiert auf die Demonstrationen. Das merkt man bei der Klimapolitik und bei der Urheberrechtsreform."
Die Demonstranten seien im Grunde der Politik voraus: Sie forderten, was die Politik ihnen zwar noch nicht gebe. Wenn man jedoch mit Politikern der Großen Koalition spreche, werde deutlich, dass diese durchaus wahrnähmen, was auf der Straße passiere.
Eine andere Klimapolitik wird kommen
Brost weiter: Die aktuelle Regierung werde die Klimapolitik nicht mehr ändern. "Aber die nächste Regierung - ganz gleich, wer die nächste Regierungskoaliton bildet und wer ihr angehört und ganz gleich, wann sie beginnt -, wird eine andere Klimapolitik machen müssen." Denn: "Diese Generation, die jetzt auf die Straße geht, entwickelt ein ungeheure Kraft. Die ist ungeheuer laut. Sie entwickelt auch ungeheuer vielfältige Wege, um ihre Anliegen und Ziele publik zu machen." Die Demonstrationen seien auch deshalb so groß, weil gezielt Social Media eingesetzt werde.
Brost nennt zwei Beispiele, an denen sich die Wirkung der neuen Protestkultur ablesen lasse: So hätten die Proteste um "Stuttgart 21" zu einem Volksentscheid und letztlich zu einem Regierungswechsel in Baden-Württemberg geführt. Der Bahnhof werde zwar neu gebaut, doch fühlten sich die Bürger nun ernster genommen.
Ein weiteres - wenn auch eher negatives - Beispiel sei Pegida. Zunächst habe es nur den Protest auf der Straße gegen die Aufnahme von Flüchtlingen gegeben. Heute sei die AfD als politisches Sprachrohr dieser Bewegung in den Landesparlamenten vertreten. "Die Debatte findet in den Parlamenten statt - und Pegida ist inzwischen kleiner geworden, der Scheinwerfer darauf ist weg."
(mkn)
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