Zeitloser Charme und freundliche Distanz
Jahrzehntelang fotografierte Digne Meller-Marcovicz für den "Spiegel". Sie war als Bildjournalistin dabei, wenn Interviews geführt wurden, Schriftsteller und Filmschaffende ihre Treffen abhielten, Dreharbeiten oder Theaterproben stattfanden.
Digne Meller-Marcovicz mag es gar nicht, wenn ihre Portraits für beflissene Bedeutungshuberei herhalten müssen. Versucht jemand beispielsweise, ihre berühmten Bilder des Philosophen Martin Heidegger als Metapher für sein umstrittenes Denken heranzuziehen, macht sie das richtig wütend. Ihre Fotos seien nicht dazu da, die Bücher, Filme und Diskursdebatten einer Epoche zu interpretieren oder gar die Schöpfer mit dem Glamour der Prominenz zu feiern.
Das Buch "Der ewige Augenblick" versammelt nun rund 100 Schwarzweißfotografien aus 50 Jahren, die Digne Meller-Marcoviczs unprätentiöse Kunst unmittelbar zum Sprechen bringen. Jahrzehntelang fotografierte sie für die Zeitschrift "Der Spiegel" und war als Bildjournalistin dabei, wenn Interviews geführt wurden, Schriftsteller und Filmschaffende ihre Treffen abhielten, Dreharbeiten oder Theaterproben stattfanden.
Konkrete Ereignisse, etwa die Treffen der Gruppe 47 oder Andy Warhols Besuch in der Münchener Alten Pinakothek interessierten die Fotografin, auch die entspannten Situationen am Rande, etwa wenn Ingeborg Bachmann mit entrücktem Blick an einer Mauer lehnt oder Maximilian Schell und Oscar Werner in Paris an der Seine spazieren. Alexander Kluge, Rainer Werner Fassbinder und viele andere zeigt sie in leidenschaftlichen Arbeitssituationen oder in "Zaubermomenten" des Innehaltens. Eins der Bilder zeigt Peter Kraus vor dem Kachelofen eines Proberaums in einer nachgestellten Frank-Sinatra-Geste. Ein anderes die junge Uschi Glas, wie sie in ihrer Fanpost badet.
Künstlichkeit überließ Meller-Marcovicz anderen. Sie verstand sich eher als distanzierte Zeitzeugin. In den Augenblicken, in denen ihr Gegenüber die Pose fahren ließ oder nur noch spielerisch andeutete, reagierte sie hellwach. Eine Batterie unterschiedlicher Kameras um den Hals, das natürliche Licht im Blick, muss die schmale agile Fotoreporterin mit ihrer Leidenschaft für die eigene Profession viele fasziniert haben. Freundschaften entstanden, zu Dreharbeiten, zum Beispiel an die Sets des Filmregisseurs Werner Schroeter, wurde sie eingeladen.
Aus Digne Meller-Marcovicz‘ immensem Archiv wählten der Filmhistoriker Wolfgang Jacobsen gemeinsam mit der Fotografin Portraits von Filmkünstlern und Schriftstellern aus, die zwischen 1960 und 2003 entstanden. Volker Schlöndorff, Hanna Schygulla, Klaus Kinski, Margarethe von Trotta, Thomas Bernhard, Uwe Johnson, Günter Grass – viele Gesichter, die für die heroische Phase des künstlerischen Aufbruchs der Nachkriegsgeneration stehen, sind in "ewigen Augenblicken" festgehalten. Mit dem Abstand der Jahre und losgelöst aus ihrem journalistischen Kontext offenbaren die Bilder einen eigenen zeitlosen Charme. Unaufdringlich bekunden sie die freundlich kritische Distanz der Fotografin und unterlaufen jede Eitelkeit. Das Buch "Der ewige Augenblick" macht eine Haltung des Fotografierens bewusst, die in der entfesselten Fotografier-Lust heute verloren scheint.
Besprochen von Claudia Lenssen
Digne Meller-Marcovicz: Der ewige Augenblick – Filmkünstler und Schriftsteller im Bild
Herausgegeben von Wolfgang Jacobsen
110 Seiten, 29,80 Euro
edition text + kritik, München 2012
Das Buch "Der ewige Augenblick" versammelt nun rund 100 Schwarzweißfotografien aus 50 Jahren, die Digne Meller-Marcoviczs unprätentiöse Kunst unmittelbar zum Sprechen bringen. Jahrzehntelang fotografierte sie für die Zeitschrift "Der Spiegel" und war als Bildjournalistin dabei, wenn Interviews geführt wurden, Schriftsteller und Filmschaffende ihre Treffen abhielten, Dreharbeiten oder Theaterproben stattfanden.
Konkrete Ereignisse, etwa die Treffen der Gruppe 47 oder Andy Warhols Besuch in der Münchener Alten Pinakothek interessierten die Fotografin, auch die entspannten Situationen am Rande, etwa wenn Ingeborg Bachmann mit entrücktem Blick an einer Mauer lehnt oder Maximilian Schell und Oscar Werner in Paris an der Seine spazieren. Alexander Kluge, Rainer Werner Fassbinder und viele andere zeigt sie in leidenschaftlichen Arbeitssituationen oder in "Zaubermomenten" des Innehaltens. Eins der Bilder zeigt Peter Kraus vor dem Kachelofen eines Proberaums in einer nachgestellten Frank-Sinatra-Geste. Ein anderes die junge Uschi Glas, wie sie in ihrer Fanpost badet.
Künstlichkeit überließ Meller-Marcovicz anderen. Sie verstand sich eher als distanzierte Zeitzeugin. In den Augenblicken, in denen ihr Gegenüber die Pose fahren ließ oder nur noch spielerisch andeutete, reagierte sie hellwach. Eine Batterie unterschiedlicher Kameras um den Hals, das natürliche Licht im Blick, muss die schmale agile Fotoreporterin mit ihrer Leidenschaft für die eigene Profession viele fasziniert haben. Freundschaften entstanden, zu Dreharbeiten, zum Beispiel an die Sets des Filmregisseurs Werner Schroeter, wurde sie eingeladen.
Aus Digne Meller-Marcovicz‘ immensem Archiv wählten der Filmhistoriker Wolfgang Jacobsen gemeinsam mit der Fotografin Portraits von Filmkünstlern und Schriftstellern aus, die zwischen 1960 und 2003 entstanden. Volker Schlöndorff, Hanna Schygulla, Klaus Kinski, Margarethe von Trotta, Thomas Bernhard, Uwe Johnson, Günter Grass – viele Gesichter, die für die heroische Phase des künstlerischen Aufbruchs der Nachkriegsgeneration stehen, sind in "ewigen Augenblicken" festgehalten. Mit dem Abstand der Jahre und losgelöst aus ihrem journalistischen Kontext offenbaren die Bilder einen eigenen zeitlosen Charme. Unaufdringlich bekunden sie die freundlich kritische Distanz der Fotografin und unterlaufen jede Eitelkeit. Das Buch "Der ewige Augenblick" macht eine Haltung des Fotografierens bewusst, die in der entfesselten Fotografier-Lust heute verloren scheint.
Besprochen von Claudia Lenssen
Digne Meller-Marcovicz: Der ewige Augenblick – Filmkünstler und Schriftsteller im Bild
Herausgegeben von Wolfgang Jacobsen
110 Seiten, 29,80 Euro
edition text + kritik, München 2012