Zeitzeuge Horst Schlüter
Horst Schlüter, 76 Jahre alt. Horst Schlüter hat im Dorf Rastorf in der Nähe Kiels gelebt und im Alter von 15 Jahren eine Bäcker-Lehre begonnen
Flüchtlinge und Ausgebombte
47, dann bin ich 15 gewesen. Ich bin aufgewachsen auf einem kleinen Dorf hier im Kreis Plön, kleines Bauerndorf. Es war ja damals das Problem mit den ganzen Flüchtlingen, Ausgebombten aus der Stadt Kiel. Da hatte man ja sehr große Probleme – einmal die ganzen Leute unterzubringen und auch zu ernähren.
Ich weiß nicht genau, ob das 47 oder 48 war, hatten wir auch noch einen starken Winter, sehr starken Winter, dass wir auch noch das Problem mit Heizung hatten. Und es gab ja nix, also, keine Bretter waren sicher vor Heizmaterial. So war das damals. Und auch wir in unserem Haus, wir hatten ja, meine Eltern hatten Einfamilienhaus, waren ja bis unters Dach belegt. Jedes Zimmer war belegt, das war ja so, einmal mit Flüchtlingen, aber auch eine ausgebombte Familie aus Kiel.
Hungern und Tauschwirtschaft
Ja, es war die Zeit, wo natürlich die Hungersnot noch groß war und die ganzen Städter natürlich aufs Land kamen – Land, Bauerhaus, da gab’s immer was zu essen. Und ich bin selbst 48 in die Lehre gekommen und ich hab meinen Lehrplatz, wir waren 40 Bewerber, die sich vorgestellt haben, die alle Bäcker lernen wollten, Nahrungsmittelberuf liegt nahe, da gibt’s immer was zu essen, da kann man nicht verhungern… Meine ganze Berufsbekleidung, die haben wir nur zusammen gehamstert, also, wir nicht, aber die aus der Stadt kamen, die haben Speck und Schinken gekriegt und Wurst und so haben wir die Berufs… Die hatten ja immer was zu tauschen, wurde getauscht, Nahrungsmittel gegen Textilien. Das war damals die Zeit.
Es war ja in der Zeit ja ein Verbot, dass man nicht einfach Tiere schlachten durfte. Das war ja die so genannte "Schwarzschlachterei". Die machte ja bald jeder Bauer da, weil er ja… einmal die Not da war und man für den Eigengebrauch ja natürlich was hatte, aber auch natürlich was zum Tauschen.
Und wie mein Bruder damals, der Zweitälteste, aus der Gefangenschaft kam, der sagte, watt, ich hab so lange in der Gefangenschaft gehungert und wir dürfen hier nicht schlachten, das gibt’s doch wohl nicht? Ich, als der Jüngste musste Schmiere stehen. Mein Vater war von Beruf Schlachter. Und dann wurde einfach ein Schwein geschlachtet. So war das eben.
Versorgung mit Brennstoff
Wir selbst auf dem Lande, wir hatten ja alle Vorzüge in der Hand. Einmal waren wir ja beweglich. Wir hatten Pferde, Pferd und Wagen. Und wir konnten auch in die Wälder gehen. Und mein Vater war ja sehr bekannt. Und der hat dann mit dem Förster abgesprochen, also Leute, die müssenein bisschen Holz haben. Und dann hat der Förster gesagt, ja, pass mal auf, ich suche ein paar Bäume aus. Die zeichne ich an und die könnt ihr schlagen. Wie gesagt, das war ja alles im Tausch, so was. Denn die Reichsmark, die da noch war, die war ja nix mehr wert. Das war ja nix. Da war kein Geld mehr. Das kam ja nachher erst mit der Währungsreform.
Integration der Flüchtlinge
Die Flüchtlinge wurden ja integriert praktisch. Und das war ja zuerst, zunächst sehr schwierig, weil ja da immer ne Diskrepanz war. Das hieß immer, oh, die Flüchtlinge. Das ist ja immer so. Wenn man irgendwo sesshaft ist und da kommen Neue zu, da hat man erst mal ne Abwehrhaltung. Aber die sind an und für sich in unserem Dorf sehr gut aufgenommen worden und auch integriert, und selbst in der eigenen Familie, Verwandtschaft meine ich jetzt, sind sie nachher durch Heirat… Und da hat sich das alles ganz gut praktisch eingelebt. Die ganze Geschichte war nachher in Ordnung.
Vor und nach der Währungsreform
Zunächst einmal war ja alles noch 47 bis 48 hin alles auf Marken, Brotmarken usw. usw. Und diese Brotmarken wurden ja gesammelt bei uns in der Bäckerei, wo ich ja auch Lehrling war. Sonntags morgens hieß das, in die Stube, Marken kleben. Wir reichten die ein beim Kreis. Und darauf kriegten wir natürlich die Menge Mehl. Bloß das Mehl war ja auch damals ja auch nicht reichlich. Denn wir hatten ja damals noch das Problem mit dem Mais. Viele wissen das ja gar nicht mehr, aber wir hatten manchmal gar kein Mehl zum backen, also vor der Währungsunion, immer noch vor der Währungsunion, aber 47, 48. Da haben wir natürlich Brot mit Mais gebacken. Das war ja ein Problem, das war gar nicht so einfach. Die kriegt man gar nicht schnittfest, das Brot, nech? Na ja. Aber, wie die Währungsreform kam und wie dat.., wie wir die DM hatten, ja, da brachen alle Dämme. Da war mit einem mal überall, da war alles da. Wir konnten normal backen usw., alles Mögliche. Das war natürlich nun ein Schnitt. Da ging das auch zügig voran, muss ich ehrlich sagen.
Das neue Geld
Ich soll lügen? Waren das 60 DM, ich weiß das gar nicht mehr genau, waren es 60 oder 30 DM, das hab ich vergessen. Aber das mochte man ja gar nicht ausgeben. Das hatte man in der Hand, Mensch, mein Gott, nee. Aber es war ein Erlebnis, das muss ich echt sagen.
Ich weiß noch genau, wenn man einen 10-DM-Schein in der Hand hatte, den mochte man gar nicht ausgeben. Erstmal waren die ja alle neu gedruckt. Das ist ja sowieso schon immer gut. Und – nein, das war schon ne Sache.
Verhältnis zur britischen Besatzungsmacht
Wir waren ja besetzt von den Engländern. Und die waren sehr tolerant. Das muss ich echt sagen. Also, die Siegermächte, die haben sich nicht als Siegermächte aufgeführt, also, jedenfalls nicht die Engländer. Das muss ich schon sagen.
Das Grundgesetz trifft in Kraft
Das war der 23. Mai 1949. Und da, muss ich sagen, ich hab’s wohl wahrgenommen, aber nicht so bewusst. Also, praktisch war ja auch alles schon wieder im Aufbau. Sehen Sie, wie die Währungsreform kam, da ging ja alles mit einmal urplötzlich, wie so ein Ruck, durch die ganze Regierung, auch durch die Wirtschaft. Also, es war eine richtige Aufbruchsstimmung. Das muss man so sagen. So hab ich das wahrgenommen.
Gründung der DDR
Ja, die DDR, wie die gegründet wurde, das haben wir ja nebenher registriert, aber als junger Mensch… Ja, war wohl ein notwendiges Übel, sag ich mal.
Briten und Sport
Wir haben einen Fußballklub gehabt. Das war ja das Erste. Den Fußballklub nicht direkt, aber indirekt brachten den auch die Briten mit, also die Engländer, die Besatzungsmacht. Das war das Erste nämlich und wir als Jungs haben ja dann die Ohren gespitzt, wenn da ein Militärfahrzeug von den Engländern kam und durchs Dorf fuhr und schon mal guckte. Wo ne schöne gerade Wiese war, da bauten die mit einem mal zwei Tore auf und rumms ging das los mit dem Fußballspielen. Und da waren wir als Jungs dann natürlich voll dabei, ne, immer daneben usw. und geguckt. Das war mal interessant.
Und dann haben wir nachher unseren eigenen Dorfklub, ja, das ist der TSV Rastorfer Passau, der ist nachher daraus entstanden, nicht direkt, man hat ihn natürlich selbst gegründet, weil ja einige immer noch dabei waren und haben gesagt, Mensch, das ist ja toll, wir müssen Mitglieder haben. Der besteht übrigens heute noch.
Parteien nach dem Krieg
Damals war das ja so: Land und Landbevölkerung war ja konservativ, ziemlich konservativ eingestellt. Da bestimmten eigentlich nur zwei Parteien das Geschehen. Das war einmal die CDU und die SPD. Gut, waren noch ein paar Rechtsextreme. Die fielen genauso runter, wie die KPD, damals gab’s die ja noch. Aber das war eigentlich nicht nennenswert. Es gab noch eine Partei, das war durch die Vertriebenen. Das muss ich noch erwähnen, das stimmt. Das war damals der Bund der Heimatvertriebenen. Der war auch sehr stark, eben durch die Flüchtlinge und Heimatvertriebene. Also, das war die dritte starke Kraft da. Das muss ich noch hinzufügen. Das stimmt. Auf dem Dorf war das ja meistens immer so. Die Bauern und die Landbevölkerung, die war ja meistens CDU-orientiert. Und auf den Dörfern, also, mit wenig Ausnahmen, war dann meistens immer ein CDU-Bürgermeister. Aber es war ja damals so, das war ja nicht so ein politischer Kampf, wie das heute stellenweise ist, sondern der konnte sich genauso mit dem SPD-Mann unterhalten wie alle anderen. Also, das ist, das war kein Problem damals. Nee..
47, dann bin ich 15 gewesen. Ich bin aufgewachsen auf einem kleinen Dorf hier im Kreis Plön, kleines Bauerndorf. Es war ja damals das Problem mit den ganzen Flüchtlingen, Ausgebombten aus der Stadt Kiel. Da hatte man ja sehr große Probleme – einmal die ganzen Leute unterzubringen und auch zu ernähren.
Ich weiß nicht genau, ob das 47 oder 48 war, hatten wir auch noch einen starken Winter, sehr starken Winter, dass wir auch noch das Problem mit Heizung hatten. Und es gab ja nix, also, keine Bretter waren sicher vor Heizmaterial. So war das damals. Und auch wir in unserem Haus, wir hatten ja, meine Eltern hatten Einfamilienhaus, waren ja bis unters Dach belegt. Jedes Zimmer war belegt, das war ja so, einmal mit Flüchtlingen, aber auch eine ausgebombte Familie aus Kiel.
Hungern und Tauschwirtschaft
Ja, es war die Zeit, wo natürlich die Hungersnot noch groß war und die ganzen Städter natürlich aufs Land kamen – Land, Bauerhaus, da gab’s immer was zu essen. Und ich bin selbst 48 in die Lehre gekommen und ich hab meinen Lehrplatz, wir waren 40 Bewerber, die sich vorgestellt haben, die alle Bäcker lernen wollten, Nahrungsmittelberuf liegt nahe, da gibt’s immer was zu essen, da kann man nicht verhungern… Meine ganze Berufsbekleidung, die haben wir nur zusammen gehamstert, also, wir nicht, aber die aus der Stadt kamen, die haben Speck und Schinken gekriegt und Wurst und so haben wir die Berufs… Die hatten ja immer was zu tauschen, wurde getauscht, Nahrungsmittel gegen Textilien. Das war damals die Zeit.
Es war ja in der Zeit ja ein Verbot, dass man nicht einfach Tiere schlachten durfte. Das war ja die so genannte "Schwarzschlachterei". Die machte ja bald jeder Bauer da, weil er ja… einmal die Not da war und man für den Eigengebrauch ja natürlich was hatte, aber auch natürlich was zum Tauschen.
Und wie mein Bruder damals, der Zweitälteste, aus der Gefangenschaft kam, der sagte, watt, ich hab so lange in der Gefangenschaft gehungert und wir dürfen hier nicht schlachten, das gibt’s doch wohl nicht? Ich, als der Jüngste musste Schmiere stehen. Mein Vater war von Beruf Schlachter. Und dann wurde einfach ein Schwein geschlachtet. So war das eben.
Versorgung mit Brennstoff
Wir selbst auf dem Lande, wir hatten ja alle Vorzüge in der Hand. Einmal waren wir ja beweglich. Wir hatten Pferde, Pferd und Wagen. Und wir konnten auch in die Wälder gehen. Und mein Vater war ja sehr bekannt. Und der hat dann mit dem Förster abgesprochen, also Leute, die müssenein bisschen Holz haben. Und dann hat der Förster gesagt, ja, pass mal auf, ich suche ein paar Bäume aus. Die zeichne ich an und die könnt ihr schlagen. Wie gesagt, das war ja alles im Tausch, so was. Denn die Reichsmark, die da noch war, die war ja nix mehr wert. Das war ja nix. Da war kein Geld mehr. Das kam ja nachher erst mit der Währungsreform.
Integration der Flüchtlinge
Die Flüchtlinge wurden ja integriert praktisch. Und das war ja zuerst, zunächst sehr schwierig, weil ja da immer ne Diskrepanz war. Das hieß immer, oh, die Flüchtlinge. Das ist ja immer so. Wenn man irgendwo sesshaft ist und da kommen Neue zu, da hat man erst mal ne Abwehrhaltung. Aber die sind an und für sich in unserem Dorf sehr gut aufgenommen worden und auch integriert, und selbst in der eigenen Familie, Verwandtschaft meine ich jetzt, sind sie nachher durch Heirat… Und da hat sich das alles ganz gut praktisch eingelebt. Die ganze Geschichte war nachher in Ordnung.
Vor und nach der Währungsreform
Zunächst einmal war ja alles noch 47 bis 48 hin alles auf Marken, Brotmarken usw. usw. Und diese Brotmarken wurden ja gesammelt bei uns in der Bäckerei, wo ich ja auch Lehrling war. Sonntags morgens hieß das, in die Stube, Marken kleben. Wir reichten die ein beim Kreis. Und darauf kriegten wir natürlich die Menge Mehl. Bloß das Mehl war ja auch damals ja auch nicht reichlich. Denn wir hatten ja damals noch das Problem mit dem Mais. Viele wissen das ja gar nicht mehr, aber wir hatten manchmal gar kein Mehl zum backen, also vor der Währungsunion, immer noch vor der Währungsunion, aber 47, 48. Da haben wir natürlich Brot mit Mais gebacken. Das war ja ein Problem, das war gar nicht so einfach. Die kriegt man gar nicht schnittfest, das Brot, nech? Na ja. Aber, wie die Währungsreform kam und wie dat.., wie wir die DM hatten, ja, da brachen alle Dämme. Da war mit einem mal überall, da war alles da. Wir konnten normal backen usw., alles Mögliche. Das war natürlich nun ein Schnitt. Da ging das auch zügig voran, muss ich ehrlich sagen.
Das neue Geld
Ich soll lügen? Waren das 60 DM, ich weiß das gar nicht mehr genau, waren es 60 oder 30 DM, das hab ich vergessen. Aber das mochte man ja gar nicht ausgeben. Das hatte man in der Hand, Mensch, mein Gott, nee. Aber es war ein Erlebnis, das muss ich echt sagen.
Ich weiß noch genau, wenn man einen 10-DM-Schein in der Hand hatte, den mochte man gar nicht ausgeben. Erstmal waren die ja alle neu gedruckt. Das ist ja sowieso schon immer gut. Und – nein, das war schon ne Sache.
Verhältnis zur britischen Besatzungsmacht
Wir waren ja besetzt von den Engländern. Und die waren sehr tolerant. Das muss ich echt sagen. Also, die Siegermächte, die haben sich nicht als Siegermächte aufgeführt, also, jedenfalls nicht die Engländer. Das muss ich schon sagen.
Das Grundgesetz trifft in Kraft
Das war der 23. Mai 1949. Und da, muss ich sagen, ich hab’s wohl wahrgenommen, aber nicht so bewusst. Also, praktisch war ja auch alles schon wieder im Aufbau. Sehen Sie, wie die Währungsreform kam, da ging ja alles mit einmal urplötzlich, wie so ein Ruck, durch die ganze Regierung, auch durch die Wirtschaft. Also, es war eine richtige Aufbruchsstimmung. Das muss man so sagen. So hab ich das wahrgenommen.
Gründung der DDR
Ja, die DDR, wie die gegründet wurde, das haben wir ja nebenher registriert, aber als junger Mensch… Ja, war wohl ein notwendiges Übel, sag ich mal.
Briten und Sport
Wir haben einen Fußballklub gehabt. Das war ja das Erste. Den Fußballklub nicht direkt, aber indirekt brachten den auch die Briten mit, also die Engländer, die Besatzungsmacht. Das war das Erste nämlich und wir als Jungs haben ja dann die Ohren gespitzt, wenn da ein Militärfahrzeug von den Engländern kam und durchs Dorf fuhr und schon mal guckte. Wo ne schöne gerade Wiese war, da bauten die mit einem mal zwei Tore auf und rumms ging das los mit dem Fußballspielen. Und da waren wir als Jungs dann natürlich voll dabei, ne, immer daneben usw. und geguckt. Das war mal interessant.
Und dann haben wir nachher unseren eigenen Dorfklub, ja, das ist der TSV Rastorfer Passau, der ist nachher daraus entstanden, nicht direkt, man hat ihn natürlich selbst gegründet, weil ja einige immer noch dabei waren und haben gesagt, Mensch, das ist ja toll, wir müssen Mitglieder haben. Der besteht übrigens heute noch.
Parteien nach dem Krieg
Damals war das ja so: Land und Landbevölkerung war ja konservativ, ziemlich konservativ eingestellt. Da bestimmten eigentlich nur zwei Parteien das Geschehen. Das war einmal die CDU und die SPD. Gut, waren noch ein paar Rechtsextreme. Die fielen genauso runter, wie die KPD, damals gab’s die ja noch. Aber das war eigentlich nicht nennenswert. Es gab noch eine Partei, das war durch die Vertriebenen. Das muss ich noch erwähnen, das stimmt. Das war damals der Bund der Heimatvertriebenen. Der war auch sehr stark, eben durch die Flüchtlinge und Heimatvertriebene. Also, das war die dritte starke Kraft da. Das muss ich noch hinzufügen. Das stimmt. Auf dem Dorf war das ja meistens immer so. Die Bauern und die Landbevölkerung, die war ja meistens CDU-orientiert. Und auf den Dörfern, also, mit wenig Ausnahmen, war dann meistens immer ein CDU-Bürgermeister. Aber es war ja damals so, das war ja nicht so ein politischer Kampf, wie das heute stellenweise ist, sondern der konnte sich genauso mit dem SPD-Mann unterhalten wie alle anderen. Also, das ist, das war kein Problem damals. Nee..