Dorfbewohner wehren sich gegen Großkonzerne
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Auf Java zerstört die Zementindustrie Gebiete, die unter Naturschutz stehen. Widerstand kommt vor allem von einer sozialen Bewegung, die schon im 19. Jahrhundert gegründet wurde. Dorffrauen und Bauern kämpfen für ein radikal einfaches und unabhängiges Leben.
Im Zentrum der indonesischen Insel Java führt die Fahrt entlang tiefgrüner Reis-Terrassen an einem sanft ansteigenden Hang. Bergauf wird die Vegetation karger: Zwergbäume, Gebüsch, kleine Maisfelder zwischen zerklüftetem grau-weißem Kalkstein. Karst nennen Geologen eine solche Landschaft. – Rembang, ein Distrikt in den Kendeng-Bergen.
Plötzlich kahl geschabte grau-braune Flächen, gelbe Bagger, Schaufellader. Riesige Kipper donnern auf einer nagelneuen Asphaltstraße zu einem silbrig glitzernden Koloss aus Silos, Schloten und Förderbändern. Eine Zementfabrik. Grauer Staub liegt auf Maispflanzen und Bäumen. Kurz vor der Fabrik biegt eine holprige Erdstraße ab nach Tegaldowo.
Ein Dorf aus einer anderen Welt: Häuschen aus Bambus und Holz, bedeckt mit rot-braunen Ziegeln. Unter Vordächern Getreidevorräte, Stroh, Brennholz, Ackergerät. Hühner bevölkern die Straße; in Bambus-Gevierten stehen Kühe. Im Garten eines Häuschens serviert eine energisch wirkende junge Frau in azurblauem Kleid süßen Tee. Sie sei die Bäuerin Sukinah, sagt die Frau. Sie organisiere den Widerstand gegen die Zementfabrik hier.
Auf ihrem Notebook zeigt Sukinah Filmaufnahmen aus dem Jahr 2014: Menschen, die eine Straße blockieren, werden von Polizisten weggetragen.
"Damals fing das Unternehmen Semen Indonesia an, hier seine Zementfabrik zu bauen. Eine Bedrohung für unsere Wasserversorgung, für unseren Reisanbau, für unser ganzes Leben. Um unsere Angst zu zeigen, errichteten wir damals ein Zelt auf der Straße, die zur Fabrik führte, und demonstrierten jeden Tag. Die Firma baute sich dann eine eigene Straße auf Land, das sie von Bauern hier gekauft hatte. Und nach zwei Jahren stand eines nachts unser Zelt in Flammen. Leute aus dem Dorf, die mit der Zementfirma gemeinsame Sache machten, hatten das Zelt in Brand gesteckt – zusammen mit Sicherheitskräften der Firma. Das können wir mit Fotos beweisen."
Die Bagger kommen
Zement: Ein Gemisch aus Kalkstein, Sand, Eisenerz; gemahlen und bei 1.450 Grad gebrannt. Ein wichtiger Bestandteil von Beton. Aus dem werden Häfen, Staudämme, Straßen und Städte gebaut; Flussufer damit befestigt. Die globale Zement- und Betonproduktion wächst jährlich um fünf Prozent. Sehr viel Zement wird auch auf Java verbraucht, wo das wirtschaftliche Herz Indonesiens schlägt. Vielerorts auf Java wird deshalb Kalkstein abgebaut. Das ist ökologisch oft problematisch, besonders wenn Karste betroffen sind – erklärt am Telefon Professor Soeryo Adiwibowo, Umweltwissenschaftler in der Stadt Bogor. Karste seien verwitterte Gesteinsformationen – oft aus Kalkstein. Der poröse Untergrund sei regelmäßig durchzogen von Höhlen, die viel Wasser speicherten.
"Das entscheidende Problem ist, dass Kalksteinabbau im Karst die Menge des im Untergrund gespeicherten Wassers drastisch reduziert. Gewaltige Vorräte frischen Wassers verschwinden; Wasser, das die Menschen der Region trinken; das sie für den Haushalt verwenden, für ihre Tiere und für die Bewässerung ihrer Felder. Seit tausenden Jahren sprudelt dieses Wasser aus zahlreichen Quellen – jahrein, jahraus. Ein Resultat über Jahrhunderte gewachsener hydrogeologischer Prozesse, die jeder Kalksteinabbau im Karst unwiderruflich beenden würde."
Karste gelten in Indonesien als Naturschutzgebiete. Dies auch, weil sie viele Tierarten beherbergen: Vögel, Schmetterlinge, viele Fledermausarten. Ein Viertel der Karste auf Java jedoch sei bereits unwiederbringlich zerstört, berichtet Adiwobowo und spricht von wahren Mondlandschaften im Osten der Insel. Der Kendeng-Karst im Norden Zentral-Javas gilt als noch weitgehend intakt. Aus hunderten Quellen dort werden 24.000 Hektar Reisfelder bewässert, Erdnüsse, Maniok, Obst und Gemüse – Lebensgrundlage für 40.000 Bauernfamilien.
2010 seien Grundstücksmakler im Dorf Tegaldowo aufgetaucht, berichtet die Bäuerin Sukinah. Die hätten zahlreiche Bauern überredet, ihr unfruchtbares Karstland zu verkaufen.
"Die Immobilienmakler haben den Bauern ihr Land mit unredlichen Mitteln abgeschwatzt. Sie haben ihnen verschwiegen, dass sie das Land tatsächlich dem Zementkonzern Semen Indonesia überlassen wollten. Niemals hätten die Bauern dieses Land verkauft, hätten sie gewusst, dass dort eine Zementfabrik entstehen soll."
Bauern, die nicht verkaufen wollten, hätten die Makler später sogar gedroht, ihnen den Zugang zu ihrem eigenen Land zu versperren, erzählt Sukinah. Zugleich habe die Zementfirma Stimmung gemacht für ihre neue Fabrik – in Tegaldowo und anderen Dörfern.
"Um möglichst viele Menschen für sich zu gewinnen, verteilte die Firma Reis, Öl und Zucker im Dorf; Kaffee und Decken. Und sie bezahlte Leute dafür, dass sie für die Zementfabrik demonstrierten. Einige bedrohten uns sogar: Sie würden uns entführen oder umbringen, sollten wir weiter Stimmung machen gegen die Fabrik. Heute braucht Semen Indonesia diese Leute nicht mehr. Und sie sind ganz still geworden. Jetzt haben auch sie gemerkt, dass die Firma ihre Versprechen nicht hält. 1.600 Arbeitsplätze hat sie uns versprochen. Aber nur 300 von uns haben einen Job bekommen – als miserabel bezahlte Reinigungskräfte oder Wachtposten."
Ein alter Mann im rot-braun gemusterten Sarong, dem traditionellen Wickelrock, kommt zu Besuch – Sukinahs Onkel Udianto. Anklagend deutet er auf ein Förderband außerhalb des Dorfes. Es läuft über zehn Meter hohe Stahlträger. Über mehrere Kilometer verbindet das Band die Zementfabrik mit hochhaushohen Silos. Ein offenbar staubdichtes Förderband. Trotzdem sei die Staubbelästigung durch die Zementproduktion unerträglich, klagt Udianto.
"Die vielen Riesenkipper und -bagger von Semen Indonesia wirbeln gewaltige Mengen Staub auf. Staub, der vom Wind auf unsere Felder getragen wird und sich auf unserem Reis absetzt. Davon abgesehen haben wir schon jetzt weniger Wasser als früher. Mehrere unserer Brunnen und Quellen versiegen inzwischen während der Trockenzeit."
Der Widerstand der freundlich Gesinnten
Die Nachteile der Zement- und Betonindustrie werden bis heute oft ignoriert: Beton versiegelt fruchtbare Erde, verstopft Flüsse. Die Produktion von jährlich drei Milliarden Tonnen Zement stößt viermal mehr Kohlendioxid aus als der gesamte Luftverkehr. Und: In Karstregionen wie Kendeng zerstört Kalksteinabbau Lebensraum.
Bauern auf Java jedoch sind es gewohnt, sich den Mächtigen zu fügen. Und die Menschen in Tegaldowo hätten vielleicht Bergbau und Zementproduktion in ihren Bergen hingenommen, hätte nicht eine kleine lokale Bauernbewegung Widerstand initiiert und organisiert: die sogenannten Sedulur Sikep, die älteste Sozialbewegung Südostasiens. Deren Gründer Samin Surosentiko mobilisierte um 1900 friedlichen Protest gegen die niederländischen Kolonialherren. Die wollten Bauern besteuern, zu Zwangsarbeit heranziehen und von ihnen genutzte Wälder staatlicher Verwaltung unterstellen. 120 Jahre später existiert die Bewegung Samin Surosentikos noch immer. Ihr führender Kopf ist heute der Bauer Gunretno. Er lebt im Dorf Boturego nahe der Stadt Pati.
Gunretno wartet in seinem Garten – einen Steinwurf entfernt von der Moschee. Ein schlanker, vielleicht 50-jähriger Mann in weißem Hemd und halblanger schwarzer Hose; ein fast versonnenes Lächeln auf dem feingeschnittenen Gesicht. Gunretnos Haus ist ein Kunstwerk aus Holz, Bambus und Ziegeln. Mächtige Balken stützen das rot gedeckte Pagodendach. Türen und Fenster sind reich verziert; die Läden bemalt. Beim Tee im großen Wohnraum sitzt Gunretno unter einem überlebensgroßen Bild Samins. Neugierig fragt er nach Europa, nach der Diskussion über Umwelt- und Klimafragen dort. Dann erklärt er das Selbstverständnis der Sedulur Sikep, der freundlich Gesinnten, wie sie sich nennen:
"Wir sind weder Muslime noch Christen. Wir sind einfache Menschen, die ihre Bestimmung vor allem darin sehen, Kinder zu bekommen und mit Landwirtschaft ihre Existenz zu sichern – in Harmonie mit Mutter Erde. Die nämlich versorgt uns mit allem, was wir zum Leben brauchen. Und damit das so bleibt, müssen wir sie schützen und unbeschädigt an die nächste Generation weitergeben."
Hochangesehene Bauern mobilisierten andere Bauern
Seit 2006 richtet die Zementindustrie ihre Augen auf die Kendeng-Berge – namentlich die Unternehmen Semen Indonesia und Indocement, eine Tochter des deutschen Weltmarktführers HeidelbergCement. Bei den Sedulur Sikep klingelten sofort die Alarmglocken. Aus Karst-Regionen im Osten Javas nämlich wussten sie, dass Kalksteinbergbau dort zahlreiche Quellen versiegen ließ. Die hochangesehenen Bauern der Bewegung mobilisierten andere Bauern; Gunretno und seine Mitstreiterin Gunarti aus dem Nachbardorf Sikolilo alarmierten Wissenschaftler, Politiker und zivilgesellschaftliche Organisationen. Und gemeinsam mit ihnen gründeten sie 2011 das Netzwerk der Menschen, die sich um die Kendeng-Berge sorgen.
"Die Kendeng-Berge sind offensichtlich viel wertvoller für uns, wenn wir sie so nutzen wie jetzt – und nicht als Steinbruch. Reis, Gemüse, Obst und Holz sind doch wertvoller als grauer Zement. So viele Zementfabriken gibt es schon auf Java. Und jetzt sollen auch noch unsere Berge von der Zementindustrie gefressen werden? ‚Nein‘, sagen wir. Und wir bitten unsere Regierung und die Unternehmen: ‚Sucht woanders nach Kalkstein. Denkt nicht nur an Geld. Denkt auch an Mutter Erde, die wir zum Überleben brauchen.‘"
Die Bergbaugegner protestierten von Anfang an friedlich, aber äußerst entschlossen. Etliche Frauen zum Beispiel, demonstrierten tagelang mit einbetonierten Füßen vor Behörden in Jakarta und vor der Zentrale von HeidelbergCement im deutschen Heidelberg. Die Protestierenden rüttelten die Menschen der Region auf; sie machten den Bergbau im Karst zum Thema in ganz Indonesien; und sie erstritten Gerichtsurteile, die den Beginn des Kalksteinabbaus in den Kendeng-Bergen immer wieder hinaus zögerten.
Das Versagen des Rechtsstaates
2016 führte die heftig ausgetragene Kontroverse um das Kendeng-Gebirge auch in Indonesiens Regierung zu Diskussionen. Und Staatspräsident Joko Widodo persönlich beauftragte Professor Soeryo Adiwibowo, ein sogenanntes strategisches Gutachten zu erstellen zum Ökosystem der nördlichen Kendeng-Berge. Anfang April 2017 stellte Adiwibowo die Ergebnisse seiner Untersuchung im Präsidialamt vor – mit einem klaren Fazit.
"Unser Gutachten sagt eindeutig: Es darf keinen Kalksteinbergbau geben in Rembang, weil der Untergrund des Karstes dort bedeutende und für die Region unverzichtbare Wasservorkommen aufweist. Das Unternehmen Semen Indonesia aber beschuldigte mich dann, dilettantisch geforscht zu haben. Und wenige Monate, nachdem wir im Präsidialamt unser Gutachten vorgestellt hatten, legte die Firma eine eigene Expertise vor. Der zufolge gibt es keine Beweise für Wasservorkommen im Untergrund des Rembang-Karstes. Eine wissenschaftlich schlüssige Begründung für diese Behauptung enthielt aber weder diese Expertise noch hat sie die Firma bis heute vorgelegt."
Ungeachtet der anhaltenden Fachdiskussion hatte jedoch der Gouverneur Zentral-Javas Semen Indonesia bereits erlaubt, eine Zementfabrik in Rembang zu bauen. Und das Unternehmen hatte bereits 250 Millionen Euro investiert, als Anfang 2017 ein Gerichtsurteil erging, das in jedem Rechtsstaat das Ende des Projekts besiegelt hätte. Rechtsanwalt Zainal Arifin hat namens der Protestbewegung das Urteil mit erstritten.
"Anfang 2017 verfügte der Oberste Gerichtshof Indonesiens, dass der Gouverneur die Abbaugenehmigung für Semen International widerrufen müsse. Ein Urteil, das der Gouverneur allerdings nur pro forma respektierte: Er widerrief zwar die Genehmigung; zugleich aber empfahl er Semen International, ein geringfügig geändertes Umweltverträglichkeitsgutachten vorzulegen – auf dessen Basis er eine neue Abbaugenehmigung ausstellen werde. Außerdem empfahl der Gouverneur der Firma, ihren Namen zu ändern, um so mögliche Beschwerden der Abbaugegner ins Leere laufen zu lassen."
Auf der Basis juristischer Taschenspielertricks also betreibt nun der Konzern Semen Indonesia eine Zementfabrik, die das Oberste Gericht verboten hat. Präsident Joko Widodo will sich nicht mehr einmischen in diese, wie er sagt, regionale Angelegenheit; und die Widerstandsbewegung steht wieder ganz am Anfang eines langen Marsches durch die Instanzen – während der Konzern seine Zementfabrik bereits betreibt und so schmutzige Tatsachen schafft.
Der deutsche Konzern
Das Netzwerk der Menschen, die sich um die Kendeng-Berge sorgen, kämpfe auch gegen eine von HeidelbergCement geplante Fabrik im Kendeng-Gebirge. Der deutsche Konzern, der bereits drei Fabriken in Indonesien besitzt, will nahe der Stadt Pati jährlich 2,5 Millionen Tonnen Kalkstein abbauen.
"Das Umweltverträglichkeitsgutachten von HeidelbergCement war in vielerlei Hinsicht durchaus ausgewogen und objektiv. Es bestätigte insbesondere die Existenz von Höhlen und Wasserspeichern im Untergrund der relevanten Karstregion. Als problematisch empfand ich, dass das Gutachten für alle möglichen Probleme rein technische Lösungen vorschlägt. 60 Prozent der betroffenen Dorfbewohner, zum Beispiel, seien gegen das Projekt, stellt HeidelbergCement fest – und nur zehn Prozent dafür. Lösen könne man das Problem, indem man intensiv auf die Menschen zugehe."
In der deutschen Zentrale von HeidelbergCement verweigern Andreas Schaller, bis vor kurzem Sprecher des Konzerns, und sein Nachfolger Christoph Beumelburg jedes offizielle Interview zur Kendeng-Problematik. In einer schriftlichen Stellungnahme schreibt Schaller:
"Es wurden umfangreiche Maßnahmen eingeplant, um den Wasserhaushalt in der Region zu schützen. Es wird ein Sicherheitsabstand zum Grundwasser eingehalten. Oberflächenwasser soll aus einem Fluss entnommen und in eigens angelegten Wassertanks gespeichert werden. In der Trockenphase soll ein Teil dieses Wassers auch der lokalen Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden, deren Wasserversorgung sich damit eher verbessern sollte."
Ganz anderer Ansicht ist Professor Adiwibowo. Auch für die Region, in der HeidelbergCement seine Fabrik errichten will, gelte sein Gutachten, das ein kategorisches Verbot des Kalksteinabbaus fordert, betont Adiwibowo. Dessen ungeachtet haben die Behörden Indonesiens die Ampeln auf Grün gestellt für das Kendeng-Projekt des deutschen Konzerns. Zum aktuellen Stand schreibt Andreas Schaller:
"Nach vierjähriger Umweltverträglichkeitsanalyse wurde Ende 2014 die Umweltgenehmigung für das Projekt erteilt. Diese wurde vom Obersten Gerichtshof im März 2017 bestätigt; und es wurde kein weiterer Widerspruch eingelegt. Damit ist die Umweltgenehmigung gültig und rechtlich bindend. Die Abbaugenehmigung (…) wird gerade von den zuständigen Stellen in Indonesien geprüft."
Die Frauen kämpfen weiter
Zu den Frauen, die sich im Protest gegen HeidelbergCement mehrfach die Füße einzementiert haben, zählt Gunarti, wie Gunretno Mitglied der Sedulur-Sikep-Bewegung. Eine schmale Frau mit leuchtendem Blick und natürlichem Charisma. Gunarti wohnt in einem kleinen Steinhaus am Rande des Dorfes Sikolilo. Die alte Teakholz-Bank auf der Terrasse, inmitten von Blumen; die weiß getünchte Hauswand, behängt mit goldgelb leuchtenden Maiskolben; der Bambuskäfig mit zwei schnäbelnden orange-roten Vögeln – all das wirkt ähnlich anheimelnd wie Gunretnos Zuhause. Und Gunartis Wohnzimmer, an dessen Wänden zahllose Zeitungsausschnitte und Fotos vom Kampf gegen den Zement künden, wirkt wie ein Schrein des Widerstands. 2017 war Gunarti eingeladen nach Deutschland – von Organisationen wie dem Berliner Verein Watch Indonesia und dem katholischen Hilfswerk Misereor. Gunarti besuchte auch die Zentrale von HeidelbergCement und traf Unternehmenschef Bernd Scheifele.
"Die Kendeng-Berge seien die Quelle unseres Lebens, habe ich ihm gesagt. Wir und alle Lebewesen dort hingen vom Wasser der Berge ab. Ich habe Herrn Scheifele auch gesagt, er und ich seien Geschwister, die gemeinsam Mutter Erde respektieren sollten. Und es seien schon Menschen gestorben im Kampf gegen die Zementproduktion in unseren Bergen. Nach diesem Gespräch hatte ich das Gefühl, dass Herr Scheifele unser Anliegen ernst nimmt. Zum Schluss sagte er auch, er sei nicht sicher, ob er die Anlage in Pati wirklich bauen werde."
Regelmäßig besucht Gunarti Dörfer wie Tegaldowo und ermutigt Frauen, weiter zu kämpfen gegen die Zementbedrohung. Frauen seien als Mütter besonders betroffen von der Zerstörung ihres Lebensraums, sagt die Bäuerin. Sie seien die Speerspitzen des Widerstands. Und sie würden keinesfalls aufgeben – trotz der vielen Rückschläge. Vor allem wegen Gunartis Engagement erhielt Sedulur Sikep Anfang 2019 den Yap Thiam Hien Award, den renommiertesten Menschenrechtspreis Indonesiens. Beim Abschied steigen der Bäuerin Tränen in die Augen.
"Ich möchte weinen, wenn ich sehe, wie unsere ganze Welt zu zementiert wird. Und könnte Mutter Erde sprechen, würde sie den ganzen Tag schreien. Allzu oft vergessen die Menschen, dass sie zum Leben eigentlich kein Geld brauchen. Sie brauchen nur Nahrung, Kleider, ein Dach über dem Kopf und ihre Familie. Warum nur wollen die Menschen so viel mehr als das? Warum sehen sie nicht, dass sie Häuser auch ohne viel Zement bauen können? Ist Mutter Erde erst einmal mit Zement und Beton bedeckt, wird sie ersticken. Pflanzen können nicht mehr wachsen, und die Quelle unseres Lebens versiegt."