Willkür und Verunsicherung als gezielte Strategie
Die Türkei ist im Umbruch, mit repressiven Methoden unterdrückt die Regierung die Meinungsfreiheit. Die Zensur im Kunstbereich verfahre willkürlich, hat die Anthropologin Banu Karaca recherchiert. Damit wolle man unter Kulturschaffenden eine bestimmte Verunsicherung auslösen.
Wie sich die Arbeitsbedingungen für Kulturschaffende in der Türkei verändert haben – das hat die türkische Anthropologin Banu Karaca analysiert. Sie ist Mitbegründerin von Siyah Bant, einer Forschungsplattform, die die Zensur in den Künsten in der Türkei dokumentiert. In Rahmen einer neuen Veranstaltungsreihe der Berliner Akademie der Künste "You Want Kilims, But I Do Films" hat sie Ergebnisse ihrer Arbeit in einem Vortrag vorgestellt.
Die "Logik" der türkischen Zensur
"Wenn es um Zensur geht, gibt es offenbar keine Logik", hat der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk kürzlich gesagt. Hat er recht mit seiner Ausssage? Banu Karanca schätzt die Lage so ein:
"Sie hat eine Logik und doch keine Logik. Was wir seit langem schon beobachtet haben, ist, dass die Zensur sehr willkürlich ist. Was 'unsagbar' ist in der Kunst, ist letztendlich nie klar determiniert. Um nur ein Beispiel zu geben: Sie können fünf Arbeiten über den armenischen Genozid machen, aber die sechste könnte dann zensiert werden, je nachdem, wo und wie sie ausgestellt wird."
"Sie hat eine Logik und doch keine Logik. Was wir seit langem schon beobachtet haben, ist, dass die Zensur sehr willkürlich ist. Was 'unsagbar' ist in der Kunst, ist letztendlich nie klar determiniert. Um nur ein Beispiel zu geben: Sie können fünf Arbeiten über den armenischen Genozid machen, aber die sechste könnte dann zensiert werden, je nachdem, wo und wie sie ausgestellt wird."
Die "Grauzone" verbotener Themen und Begriffe in der Türkei
Als illegitim im Sinne der Zensurbehörde würden Inhalte gelten, die als Angriff gegen den türkischen Staat, die türkische Staatssouveranität und als Verstoß gegen die offizielle Gedächtnispolitik wahr genommen werden würden, so Karaca. Die Methode der Willkür habe die Zensur auch schon vor dem jüngsten Putschversuch effektiv eingesetzt:
"Sie hat eine gewisse Verunsicherung ausgelöst. Nach dem '89er Putsch war sehr klar, welche Sachen nicht gesagt werden können, über welche Themen nicht geschrieben werden kann und welche Begriffe nicht benutzt werden können. Während wir in den 2000er Jahren eigentlich gesehen haben: Was als unsagbar gewertet wird vom Staat, von der Öffentlichkeit oder bestimmten staatstreuen Medien, doch eher eine Grauzone war."
"Sie hat eine gewisse Verunsicherung ausgelöst. Nach dem '89er Putsch war sehr klar, welche Sachen nicht gesagt werden können, über welche Themen nicht geschrieben werden kann und welche Begriffe nicht benutzt werden können. Während wir in den 2000er Jahren eigentlich gesehen haben: Was als unsagbar gewertet wird vom Staat, von der Öffentlichkeit oder bestimmten staatstreuen Medien, doch eher eine Grauzone war."