Protest mit den Körpern der Toten
Die Künstlergruppe "Zentrum für politische Schönheit" will die Leichen von im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlingen nach Berlin bringen und dort bestatten. Ziel der Aktion sei der sofortige europäische Mauerfall, sagt der Aktivist Justus Lenz.
Ist es makaber oder ein direkt ins Mark treffender, politisch-künstlerischer Protest? Das "Zentrum für politische Schönheit" transportiert eigenen Verlautbarungen zufolge Leichen durch ganz Europa, um gegen die europäische Flüchtlingspolitik zu protestieren.
Wie viele Leichen auf der "Reise" sind, die in Deutschland bestattet werden sollen, wollte Zentrumsaktivist Justus Lenz im Deutschlandradio Kultur nicht sagen. Die Aktion sei aber "real" – es gehe "um den europäischen Mauerfall – jetzt, heute!"
"Wir wollen diese Menschen sichtbar machen"
Den Vorwurf, die toten Flüchtlinge zu instrumentalisieren, wies Lenz zurück: "Das ist keine Show. Das ist Respekt. Wir möchten diese Menschen sichtbar machen, diese Leichen, anstatt sie in Hinterhöfen, in Kühlregalen, in Schubladen zu verstecken."
Ihm persönlich sei es "scheißegal", ob es sich bei der Aktion um Kunst oder Politik handele "oder wie das gesehen wird", sagte Lenz. "Was wir tun, muss getan werden, eigentlich gestern, eigentlich vor Jahren." Von der Politik erhofft er sich eine "direkte Reaktion" – sonst gehe die "Bestattungszeremonie" noch Jahre weiter. Ihm zufolge ist es derzeit schwer, an die europäischen Außengrenzen zu fahren, ohne über Flüchtlingsleichen zu "stolpern".
Die erste Beerdigung ist auf einem muslimischen Friedhof
Bereits an diesem Dienstag sollen sterbliche Überreste von ertrunkenen Flüchtlingen auf dem Muslimischen Friedhof Berlin-Gatow beerdigt werden, kündigte die Künstlergruppe an. Weitere Beerdigungen sollen folgen und kurzfristig angekündigt werden.
Das "Zentrum für politische Schönheit" hatte bereits anlässlich der Gedenkfeiern zum 25-jährigen Mauerfalljubiläum bundesweit Aufsehen erregt. Kurz vor den Jubiläumsfeierlichkeiten hatten die Aktivisten in Berlin sieben weiße Gedenkkreuze, die an die Mauertoten vor 1989 erinnern, geraubt.
Erst nach einigen Tagen brachten sie die Mauerkreuze zurück. Die Gruppe wollte auch damit auf die Situation von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen aufmerksam machen. Die Aktion hatte für heftige Kritik gesorgt, die Polizei ermittelte wegen schweren Diebstahls.