Zentrum für verfolgte Künste in Solingen

Vor dem Vergessen retten

Ein Porträt der verfolgten Autorin Else Lasker-Schüler im Kunstmuseum Solingen
Ein Porträt der verfolgten Autorin Else Lasker-Schüler im Kunstmuseum Solingen © picture alliance / dpa / Marius Becker
Von Thomas Mau |
Im Kunstmuseum Solingen wird das Zentrum für verfolgte Künste eröffnet. Gezeigt werden von den Nationalsozialisten als "entartet" gebrandmarkte Künstler - aber auch Gegenwartskunst wie die Graphic Novel eines israelischen Karikaturisten. So ist eine Ausstellung zu jungen Künstlern in der Türkei geplant.
Eine dieser vergessenen Künstlerinnen ist die im heutigen Wuppertal aufgewachsene Milly Steger. Sie galt in den 20er-Jahren als eine der bedeutendsten deutschen Bildhauerinnen, sagt Museumsdirektor Rolf Jessewitsch:
"Und deshalb kam sie in die Lexika, stand sie mit Ernst Barlach und Wilhelm Lehmbruck für deutsche Bildhauerei. Die Nazis verfügten, dass man sie da rausnimmt, damit sie vergessen wird. Das hat funktioniert bis heute."
Zumal die Nazis ihre Arbeiten als "entartet" beschlagnahmten. Das "Zentrum für verfolgte Künste" im Kunstmuseum Solingen zeigt unter anderem zwei Torsi eines Tänzers und einer Tänzerin, die Milly Steger nach einem Besuch im Studio der Choreografin Mary Wigman modellierte. Bei diesem Studiobesuch wurde Milly Steger von der Dichterin Else Lasker-Schüler begleitet.
Den Jüngeren Diktaturerfahrungen vermitteln
Sie musste vor den Nazis fliehen und starb noch vor Ende des Zweiten Weltkriegs im Exil in Jerusalem. Ihr Werk und das vieler anderer verfolgter Schriftsteller bildet einen Grundstock des "Zentrums für verfolgte Künste", die Literatur-Sammlung Serke. Der andere ist die Kunstsammlung Schneider mit einer Vielzahl von Gemälden aus den Jahren 1914 bis 1945. Diese beiden Sammlungen dienen als Grundlage für die weitere Arbeit des Zentrums, so Rolf Jessewitsch:
"Wir wollen diese Erfahrungen der Kulturschaffenden der Vergangenheit, der beiden deutschen Diktaturen, der Nazizeit, danach der DDR, die wollen wir der jungen Generation vermitteln. Und die junge Generation, die wird ja auch mit der Gegenwart konfrontiert. Gerade die derzeitige Migrantensituation zeigt ja, dass viele Menschen zu uns kommen, für die ist das keine Vergangenheit, sondern traurige Gegenwart, flüchten zu müssen, ins Exil gehen zu müssen, verfolgt zu werden, aus einer Diktatur zu kommen, die die Freiheit der Künste, der Literatur oder des Journalismus unterdrückt werden."
Lebensschicksale von Frauen unter Nazi-Terror
So plant das "Zentrum für verfolgte Künste" eine Ausstellung zu jungen Künstlern in der Türkei. Aktuell stehen drei Sonderausstellungen auf dem Programm: "Spots of Light" zeigt die Lebensschicksale von Frauen unter dem Terror des Nationalsozialismus, unter dem Titel Der Tod hat nicht das letzte Wort" geht es um Auschwitz, und in der Ausstellung "Was ich meinem Vater nie gesagt habe" sind die Originalzeichnungen des israelischen Karikaturisten Michel Kichka zu sehen, zu seiner Graphic Novel "Zweite Generation".

Das Zentrum für verfolgte Künste wird am heutigen Dienstag, den 8. Dezember feierlich eröffnet. In der "Fazit"-Sendung ab 23 Uhr 5 sprechen wir mit dem Direktor Rolf Jessewitsch über die international vernetzte Institution, die u.a. mit der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem kooperiert.

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