Bürgerinitiative holt queere Kunst zurück nach Münster
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Kurz vor der Bundestagswahl 2017 wurden Nicole Eisenmans Skulpturen in Münster zerstört. Doch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt wollten das nicht hinnehmen, sammelten 850.000 Euro und ließen sie wieder aufstellen. Ein einzigartiges Projekt.
"Ich nehme den Angriff auf meine Kunst überhaupt nicht persönlich", sagt Nicole Eisenman, "und glaube nicht, dass mein Jüdischsein und dass ich lesbisch bin, etwas damit zu tun haben. Die Schmierereien fand ich ziemlich kindisch. Es wurde ja nicht nur ein Hakenkreuz aufgepinselt, es gab auch eine cartoonhafte Peniszeichnung und ein paar Graffiti-Tags. Und ganz ähnliche Graffitis fand man an Fassaden einer Grundschule. Also das sieht doch so aus, als wären das ein paar Jugendliche gewesen. Es hilft, diese Begleitumstände zu sehen."
Für die alle zehn Jahre in Münster stattfindende internationale Skulpturenausstellung "Skulptur Projekte" hatte die in New York lebende Künstlerin 2017 fünf große Figuren geschaffen. Die geschlechtslosen, nackten Wesen standen, lagen und saßen um eine Brunnenanlage herum – in einem Parkabschnitt, der in den 1960er- und 70er-Jahren ein heimlicher Treffpunkt für schwule Männer war.
850.000 Euro an Spenden eingesammelt
Eisenmans "Sketch for a Fountain" war die einzige Arbeit der Ausstellung, die mehrfach angegriffen wurde. Die Zerstörung der Plastiken ging durch die internationale Presse. Das sorgte für Bestürzung in der Münsteraner Bevölkerung, einer Stadt, in der die AfD bei der Bundestagswahl 2017 keine fünf Prozent bekommen hat.
Daraufhin gründete Soetkin Stiegemeier-Oehlen gemeinsam mit Manfred Petermann, Marie Galen, Sandra Silbernagel und Uta Ramme den Verein "Dein Brunnen für Münster e.V." – mit dem Ziel, das Skulpturenensemble zu kaufen, neu anfertigen und am Ursprungsort wieder aufstellen zu lassen. 850.000 Euro an Spendengeldern wurden eingesammelt.
Münsteraner feiern den neuen alten Brunnen
Eine Hälfte kam von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, die andere aus öffentlichen Fördertöpfen und von Stiftungen. Eine einzigartige Aktion, die am Samstag ihren Abschluss fand.
Der Brunnen mit den neuen alten Skulpturen, diesmal aus platiniertem Aluminium, wurde im Beisein von rund 1000 Müsteranerinnen und Münsteranern, des Oberbürgermeisters Markus Lewe und der nordrhein-westfälischen Ministerin für Kultur und Wissenschaft, Isabel Pfeiffer-Poensgen, auf der Kreuzschanze enthüllt.
(ckr)