Friedenspreisträger Serhij Zhadan
Serhij Zhadans neues Buch „Himmel über Charkiw“ versammelt seine Posts in sozialen Netzwerken ab dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. © picture alliance / dpa / Sebastian Gollnow
Menschlichkeit in Zeiten des Krieges
19:08 Minuten
Serhij Zhadan erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für sein herausragendes künstlerisches Werk und sein humanitäres Engagement. Als seine Kraftquelle nennt der ukrainische Schriftsteller seine Mitmenschen in Charkiw.
Serhij Zhadan ist einer der bekanntesten Autoren der Ukraine und zudem auch Musiker. Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine durch Russland ist er in seiner Heimatstadt Charkiw unermüdlich als freiwilliger Helfer im Einsatz.
Am Sonntag wird der 48-Jährige mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt: für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für sein humanitäres Engagement, heißt es in der Begründung.
Der Preis sei eine Geste großer Solidarität mit der Ukraine, sagt der Schriftsteller, Künstler und Aktivist Zhadan. Zugleich sei es angesichts der Situation aber auch schwierig, über Literatur zu reden. Er sei mit den Gedanken sehr in der Ukraine.
Sehr wichtig sei, dass die Ukraine einen Stand auf der Frankfurter Buchmesse habe, dass dort ukrainische Schriftsteller „ihre Standpunkte und ihre Ansichten klarmachen sowie ihre Gefühle präsentieren können“.
Denn, so Zhadan: „Die Kultur hat an diesen Tagen, in diesen Wochen und Monaten kein Recht zu schweigen. Weil sie nicht politisch engagiert sei, sei sie überzeugender für die Menschen.
Social-Postings in "Himmel über Charkiw"
Zhadans neues Buch „Himmel über Charkiw. Nachrichten vom Überleben im Krieg“ versammelt seine Posts in sozialen Netzwerken ab dem 24. Februar 2022, ab dem Beginn der russischen Angriffs also.
Vor allem habe er damit einiges festhalten wollen, erklärt Serhij Zhadan: Stimmen, Bilder, Emotionen, die später nicht mehr herstellbar sein würden, so der Beobachter vor Ort.
Außerdem sei es ihm darumgegangen, mit seinen Lesern zu kommunizieren. „Ich habe ihnen immer mitgeteilt, wie die Situation in Charkiw ist, und sie mir zurück, was sie davon halten.“ Das sei eine Art „Gegenverkehr“ gewesen, „eine Art waagerechter Verbindung zwischen mir und den Lesern“.
Diesen Austausch beschreibt Serhij Zhadan als sehr wichtig: „Die größte Quelle der Kraft sind meine Mitmenschen in Charkiw zurzeit.“
In den vergangenen neun Monaten hätten sich ihm Hunderte Menschen ins Gedächtnis eingeprägt. Seit Kriegsausbruch seien sie dabei, anderen zu helfen.
Humanitäre Hilfe mit Zhadans Band
Auch er selbst macht das: So leistet er zusammen mit seinen Bandkollegen humanitäre Hilfe: mal im Krankenhaus, mal bringen sie Medikamente, mal fahren sie an die Front.
Er und seine Mitstreiter brächten die humanitäre Hilfe, die sie bekommen, den Menschen, die diese brauchten. „Das ist eine Art Postbote.“
So funktioniere es auch mit Informationen. „Man versucht, sich gegenseitig Kraft zu verleihen und das stärkt natürlich auch die Liebe zu unserer Stadt und zur Ukraine.“
Anderen Kraft verleihen, das will Serhij Zhadan auch in seinem Buch: Er spricht den Menschen Mut zu, manchmal wie ein Mantra: „Gute Nacht, Freunde, ruht euch aus. Morgen sind wir dem Sieg wieder einen Tag näher.“
Die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Serhij Zhadan findet am Sonntag, 23. Oktober 2022, in der Frankfurter Paulskirche statt und wird live um 10.45 Uhr in der ARD übertragen. Die Laudatio hält Sasha Marianna Salzmann, Autor*in, Theatermacher*in und Kurator*in