Zika-Virus

Atomkraftforscher im Kampf gegen Mückenplage

Eine Stechmücke der Art Aedes aegypti
Mit radioaktiver Geburtenkontrolle soll es den Stechmücken an den Kragen gehen. © picture alliance /dpa /Gustavo Amador
Von Stephan Ozsváth · 15.02.2016
Die Internationale Atom-Energie-Behörde testet Methoden, um krankheitsübertragende Mücken zu bekämpfen. Das Forschungsprojekt weckt auch Hoffnungen, die Ausbreitung des Zika-Virus zu verringern.
Marc Vreysen zeigt auf ein zwei Meter hohes Metall-Gestell. Darin sind Plastikschalen mit Überlauf. 100 pro Quadratmeter, hier züchten die 45 Forscher der Internationalen Atomenergie-Behörde Moskitos.
Die Bedingungen sind ideal – wie in einer Regentonne in Brasilien: Hohe Luftfeuchtigkeit, bei etwa 30 Grad. Es riecht modrig in dem kleinen Labor-Raum. Hier fühlt sich die Brut der Ägyptischen Tiger-Mücke wohl, die das Zika-Virus überträgt.
"Wenn Sie pro Tag 10 Millionen sterile Männchen produzieren wollen, brauchen Sie drei solcher Räume. Wir haben dagegen eine Methode entwickelt, um sehr viele Moskitos zu züchten, mit wenig Aufwand, erklärt der Leiter des IAEA- Labors zur Kontrolle von Insektenplagen."
Immer mehr Babys werden mit zu kleinem Gehirn geboren
Nur über Schleusen lassen sich die Räume betreten. Es ist warm. Süßlich-fauliger Gerucht hängt in der Luft. Plastik-Vorhänge dichten die kleinen Labors ab. In einem winzigen Raum hängen mit Gaze verkleidete Paneele, in Schuhkarton-großen Gaze-Käfigen schwirren Moskitos.
"Hier sind unsere Stamm-Kolonien der verschiedenen Arten, sagt Vreysen. Das hier ist Anopheles arabiensis. Und hier, das ist die Asiatische Tigermücke, schwarz mit weißen Punkten. Und das hier ist die Ägyptische Tigermücke, die überträgt den Zika-Virus."
Die Weltgesundheitsorganisation hat wegen des Zika-Virus den Notstand ausgerufen. Denn in Brasilien werden immer mehr Babys mit zu kleinem Gehirn geboren. Schuld daran soll das Zika-Virus sein. Im Kampf gegen Zika und andere Tropenkrankheiten wirbt die Atomenergiebehörde für ihre Methode. Mikrobiologe Konstantinos Bourtzis erklärt sie.
"Die Steril-Insekt-Technik will Ziel-Spezies züchten, dann Weibchen und Männchen trennen, die Männchen sterilisieren und sie dann frei lassen. Wir wollen, dass sie in Konkurrenz zu wilden Männchen treten und sich mit Weibchen paaren. Da sie steril sind, gibt es keine Nachkommen. Anders ausgedrückt: Das ist Geburtenkontrolle, eine Art Familienplanung."
Die Männchen werden in Seibersdorf- etwa 40 Kilometer südlich von Wien- in einem eigenen Raum mittels Radioaktivität unfruchtbar gemacht. Aber wie filtern die Forscher die Tiere heraus, die bestrahlt werden sollen ? Marc Vreysen.
"Eine Herausforderung für uns bei den Moskitos ist, dass wir die Weibchen zu Hundert Prozent herausfiltern müssen, da sie die Krankheiten übertragen – wir wollen nur die Männchen freilassen. Das ist ein mühsamer, langer Prozess."
Männchen und Weibchen werden getrennt
Eine Methode ist: Filtern nach Größe.
Wissenschaftler Hamidou Maiga aus Burkina Faso schüttet Wasser mit Larven zwischen zwei Glasscheiben, der Spalt kann mittels Schrauben verkleinert werden.
"Sie sehen hier die Larven, sagt er. Erst die Männchen in der ersten Linie, mit entsprechender Größe – und dann die Weibchen, die sind größer. Die trennen wir dann."
Eine andere Art ist – mit Blut vom Schlachthof füttern. Denn nur die Weibchen saugen präpariertes Blut und sterben dann. Das Schweine- oder Kuhblut wird in Würsten auf kleine Heizplatten gelegt – es riecht Übelkeit-erregend.
"Apropos Füttern mit Blut", sagt Vreysen.
"Hier ist unser klassisches System. Das ist ähnlich wie bei den Tsetse-Fliegen. Sie haben eine Heizplatte, eine Membran. Und dazwischen kommt das Blut. Die Weibchen spüren den Temperaturunterschied, riechen das Blut und saugen."
Seit über 50 Jahren schon forschen IAEA und das UN-Agrarprogramm FAO an Insekten wie Fruchtfliegen, Tse-Tse-Fliege oder Mücken. Plagen, die nicht nur die Landwirtschaft schädigen, sondern auch den Menschen. Denn die Tiere übertragen Malaria, Dengue-Fieber, Zika und Schlafkrankheit. Die Bestrahlungstechnik funktioniert – das haben Tests bewiesen. Sansibar etwa ist seit 20 Jahren Tse-Tse-Fliegen-frei.
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