Edo Popovic: Anleitung zum Gehen
Aus dem Kroatischen von Alida Bremer
Luchterhand, München 2015
172 Seiten, 75 Abbildungen, 16,99 Euro
Entschleunigte Naturbetrachtungen
Das Buch "Anleitung zum Gehen" des kroatischen Autors Edo Popovic versammelt kritische Betrachtungen über Zeit, Mensch und Natur. In Gedanken erklimmt er hohe Berge, verharrt in Erinnerungen und streift durch die Geschichte der Menschheit.
Edo Popovic, international bekannt durch einen rasanten Debütroman und skurril-tragische Erzählungen, stellt in der "Anleitung zum Gehen" Betrachtungen an, die man von dem einst eher schnoddrigen Bestsellerautor aus Zagreb so nicht erwartet hätte. Es ist ein kleines Buch zivilisationskritischer Betrachtungen über Zeit, Mensch und Natur.
Popovic fördert darin nichts Neues zutage, doch sein essayistisches Unternehmen ist darauf auch gar nicht ausgerichtet. Es ist eher ein Protokoll des Spürens, des Unbehagens, des Fragens und Erfahrens, das sich intellektuellen Spekulationen und Definitionen weitgehend verweigert. Der Schreibende überlässt sich dem Eindruck von hohen Bergen und unbekümmerten Hasen, horcht Lektüren nach, vergegenwärtigt sich Museumsbesuche, verharrt in Erinnerungen und streift nachdenklich durch die Geschichte der ersten Menschen.
Literarische Einkehr vor kroatischem Küstengebirge
Die Landschaft, die ihm diese literarisch träumende Einkehr ermöglicht, ist das kroatische Küstengebirge Velebit: ein Nationalpark, geschütztes Gebiet, dem die Zivilisation eine kontrollierte Verwilderung zugestanden hat. Hier lässt Popovic seine Gedanken schweifen, hier ergeht er sich im wahrsten Sinne des Wortes, vertieft sich in Anblicke und in Fragen.
Ein guter Teil des Buches besteht aus Fotografien, fast ausschließlich Natur- und Landschaftsbildern, die das Staunen und Schweifen, das die Grundhaltung dieses kleinen Buches ist, auf ganz schlichte Weise illustrieren.
Mag man anfangs ein wenig befremdet sein von der intellektuellen Unbefangenheit, mit der Popovic sich zu Entfremdung, Entschleunigung (er nennt beides allerdings nicht so) und ähnlich gängigen Themen äußert – im Lauf der Lektüre aber überzeugt die sanfte und subjektive Zustandserkundung des Homo celer, des eiligen Menschen der Gegenwart, durch die Ruhe ihrer Gedanken.