Zoff im Stall
Die jüngsten Lebensmittelskandale in Niedersachsen haben sie noch weiter angeheizt: die Diskussion über die von der neuen rot-grünen Landesregierung angestrebte Agrarwende. Über kaum ein Thema wird in Deutschlands Agrarland Nummer eins derzeit so heftig gestritten.
18.000 Hühner sitzen dicht gedrängt in mehrstöckigen hohen Drahtregalen, in denen sie ihre Eier auf Kunstrasen legen. 18.000 Legehennen in einem Stall: Das sind sehr viele Hühner: Neun Hennen pro Quadratmeter sind gesetzlich erlaubt. Weitere 15.000 hält der Geflügelhof Schönecke in Neu Wulmstorf im äußersten Norden Niedersachsens in Bodenhaltung, das hier ist Freilandhaltung.
Das heißt, die Hühner können auch nach draußen und haben dort vier Quadratmeter Platz pro Tier. Es ist eine Hochleistungsrasse: Jede der 33.000 Hennen legt bis zu 280 Eier im Jahr, macht zehn Millionen Eier insgesamt. Doch Henner Schönecke verdient pro Ei nur wenige Cents. Wer als Landwirt in der Branche finanziell überleben will, setzt auf Masse. Auch Henner Schönecke will wachsen: Die Baugenehmigung für einen dritten Stall ist gerade durch.
Legehennenstall Schönecke
Man mag es kaum glauben, aber das hier ist ein kleinerer Betrieb: Es gibt auch Ställe mit 80.000 Hühnern. Trotzdem hatte Familie Schönecke, Landwirte in der dritten Generation, Probleme im Ort, als ihre Expansionspläne bekannt wurden: Die örtlichen Grünen trommelten gegen den Stallneubau.
So ist es derzeit in ganz Niedersachsen: Kaum beantragt ein Investor einen neuen Stall, schon gründet sich eine Bürgerinitiative dagegen. Eine Initiative wie die von Michael Hettwer in Groß Munzel westlich von Hannover zum Beispiel. Aus seinem großen Wohnzimmerfenster schaut Hettwer auf den 200 Jahre alten Gutshof seines Nachbarn.
Der Landwirt mästet neuerdings 78.000 Hähnchen in zwei Ställen am Ortsrand. Manche Munzler fürchteten den penetranten Gestank des Hühnerkots - und schlossen sich zur Protestgruppe zusammen.
Michael Hettwer: "Was hat denn ein Massentierstall mit 80.000 Hühnern oder mit 2.000 oder 3.000 Schweinen noch irgendwas mit Landwirtschaft zu tun? Das ist Industrie. Das sind Fabriken. Und wenn man die Strukturen kennt, dass zum Beispiel eben bei einer Hühnermast letztendlich alles in einer Hand ist, nämlich in der Hand der großen Konzerne wie Wiesenhof, Rothkötter und Co., dann hat das nichts mehr mit Landwirtschaft zu tun."
Das heißt, die Hühner können auch nach draußen und haben dort vier Quadratmeter Platz pro Tier. Es ist eine Hochleistungsrasse: Jede der 33.000 Hennen legt bis zu 280 Eier im Jahr, macht zehn Millionen Eier insgesamt. Doch Henner Schönecke verdient pro Ei nur wenige Cents. Wer als Landwirt in der Branche finanziell überleben will, setzt auf Masse. Auch Henner Schönecke will wachsen: Die Baugenehmigung für einen dritten Stall ist gerade durch.
Legehennenstall Schönecke
Man mag es kaum glauben, aber das hier ist ein kleinerer Betrieb: Es gibt auch Ställe mit 80.000 Hühnern. Trotzdem hatte Familie Schönecke, Landwirte in der dritten Generation, Probleme im Ort, als ihre Expansionspläne bekannt wurden: Die örtlichen Grünen trommelten gegen den Stallneubau.
So ist es derzeit in ganz Niedersachsen: Kaum beantragt ein Investor einen neuen Stall, schon gründet sich eine Bürgerinitiative dagegen. Eine Initiative wie die von Michael Hettwer in Groß Munzel westlich von Hannover zum Beispiel. Aus seinem großen Wohnzimmerfenster schaut Hettwer auf den 200 Jahre alten Gutshof seines Nachbarn.
Der Landwirt mästet neuerdings 78.000 Hähnchen in zwei Ställen am Ortsrand. Manche Munzler fürchteten den penetranten Gestank des Hühnerkots - und schlossen sich zur Protestgruppe zusammen.
Michael Hettwer: "Was hat denn ein Massentierstall mit 80.000 Hühnern oder mit 2.000 oder 3.000 Schweinen noch irgendwas mit Landwirtschaft zu tun? Das ist Industrie. Das sind Fabriken. Und wenn man die Strukturen kennt, dass zum Beispiel eben bei einer Hühnermast letztendlich alles in einer Hand ist, nämlich in der Hand der großen Konzerne wie Wiesenhof, Rothkötter und Co., dann hat das nichts mehr mit Landwirtschaft zu tun."
Knapp 40.000 Hähnchen in gut 30 Tagen gemästet
Auf der kurzen Autofahrt zu den Hühnerställen erzählt Hettwer, dass sich Niedersachsens Bürgerinitiativen gegen Massentierhaltung zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben. Es nennt sich "Bauernhöfe statt Agrarfabriken" und hat laut Hettwer 250.000 Mitglieder im ganzen Land. Nicht selten kämpfen örtliche Christdemokraten Seite an Seite mit Wählern der Grünen.
Und der ein oder andere CDU-Landrat greift mittlerweile zu schärferen Auflagen, um neue Riesenställe zu verhindern. Ställe wie diesen hier: Hettwer hält an zwei 120 Meter langen, grün gestrichenen Hallen. Sie sind 20 Meter breit, gut zehn Meter hoch und in jedem Stall werden knapp 40.000 Hähnchen in gut 30 Tagen zur Schlachtreife gemästet.
Bei etwa sieben Mastdurchgängen im Jahr macht das eine halbe Million Hähnchen. Von außen ist nichts zu sehen, an diesem windigen Tag nichts zu hören und auch nichts zu riechen von den vielen Tieren drinnen. Was stört Michael Hettwer also daran?
"Mich stören hier die Emissionen, die aus dem Stall heraus kommen, die man natürlich nicht schmecken, nicht riechen, nicht sehen kann. Die aber bekanntermaßen Keime in die Umwelt emittieren, die für die Gesundheit und das Leben der Menschen eine deutliche Gefährdung darstellen.
Mich stört weiterhin, dass das, was an Hühnertrockenkot anfällt, also die Exkremente der Tiere auf die Felder hier und in der näheren Umgebung ausgebracht werden. Und was dort an Medikamenten und an sonstigen Ammoniakemissionen in den Boden einfließt, wird irgendwann das Grundwasser erreichen und damit unser wichtigstes Lebensmittel, nämlich das Wasser massiv gefährden. Und wer will denn schon so eine Anlage in seiner unmittelbaren Nähe haben?"
Immer weniger Menschen wollen das. In Niedersachsen gibt es mittlerweile mehr Bürgerprotest gegen Massentierhaltung als gegen Atomkraft. Dass seit Ende Februar nicht mehr CDU und FDP regieren, sondern die SPD mit den Grünen, liegt auch am Stimmungswechsel im Land der Schweine- und Hähnchenmäster.
Die Grünen haben sich von acht auf 14 Prozent gesteigert und auch neue Wählerschichten auf dem Land erreicht. Zulegen konnten sie vor allem in traditionell konservativen Revieren, ländlichen Regionen wie Holzminden und Delmenhorst oder in historisch tiefschwarzen Kreisen wie Cloppenburg und Vechta. Die Region ist das Mekka der Mäster, gigantische Ställe und Schlachthöfe stehen hier dicht an dicht.
Die Grünen punkteten mit Kritik an Massentierhaltung und industrieller Agrarproduktion. Nun stellen sie den neuen Landwirtschaftsminister, der den großen Mästern in die Parade fahren will: Christian Meyer von den Grünen hat eine Agrarwende angekündigt:
"Jetzt bezahlen wir den Preis für diese eher industriellen statt den bäuerlichen Strukturen, die wir als Landesregierung stärken wollen! Jetzt bekommen wir die Auswirkungen von diesen agrarindustriellen Komplexen zu spüren, die weder umwelt- noch ressourcenschonend agieren!"
Gleich in der ersten Landtagssitzung nach dem Regierungswechsel ging es beim Thema Agrarpolitik hoch her. Während Minister Meyer von den Grünen die jüngsten Lebensmittelskandale rund um Pferdefleisch in der Lasagne, Überbelegung im Hühnerstall und verseuchten Futtermais als Folgen der Agrarindustrie geißelte, warfen CDU und FDP ihm Kampagnenpolitik vor:
Landtag - Österhelwig (CDU): "Wir haben eine vollkommen unterschiedliche Sichtweise auf Agrarpolitik und diese Skandale, die man auch Skandale nennen muss. Sie stellen die Systemfrage. Und wir wollen konstruktiv am System arbeiten und das bewährte System verbessern, meine sehr verehrten Damen und Herren."
Landtag – FDP: "Es geht darum, jede Gelegenheit zu nutzen und zu instrumentalisieren, um die eigenen politischen Ziele, nämlich die sogenannte Agrarwende, unter großem Applaus und ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen. Das, meine Damen und Herren, ist unseriös und populistisch!"
CDU und FDP haben in den vergangenen Jahren mit vielen Millionen Euro die Ansiedelung der Mastindustrie gefördert. "Wachsen oder weichen" lautete die Devise für die Bauern. Im Emsland steht eine Hähnchenfabrik neben der anderen, der Landstreifen gilt als "Chicken-Belt": Hier ist das Zentrum der deutschen Massentierhaltung.
Und der ein oder andere CDU-Landrat greift mittlerweile zu schärferen Auflagen, um neue Riesenställe zu verhindern. Ställe wie diesen hier: Hettwer hält an zwei 120 Meter langen, grün gestrichenen Hallen. Sie sind 20 Meter breit, gut zehn Meter hoch und in jedem Stall werden knapp 40.000 Hähnchen in gut 30 Tagen zur Schlachtreife gemästet.
Bei etwa sieben Mastdurchgängen im Jahr macht das eine halbe Million Hähnchen. Von außen ist nichts zu sehen, an diesem windigen Tag nichts zu hören und auch nichts zu riechen von den vielen Tieren drinnen. Was stört Michael Hettwer also daran?
"Mich stören hier die Emissionen, die aus dem Stall heraus kommen, die man natürlich nicht schmecken, nicht riechen, nicht sehen kann. Die aber bekanntermaßen Keime in die Umwelt emittieren, die für die Gesundheit und das Leben der Menschen eine deutliche Gefährdung darstellen.
Mich stört weiterhin, dass das, was an Hühnertrockenkot anfällt, also die Exkremente der Tiere auf die Felder hier und in der näheren Umgebung ausgebracht werden. Und was dort an Medikamenten und an sonstigen Ammoniakemissionen in den Boden einfließt, wird irgendwann das Grundwasser erreichen und damit unser wichtigstes Lebensmittel, nämlich das Wasser massiv gefährden. Und wer will denn schon so eine Anlage in seiner unmittelbaren Nähe haben?"
Immer weniger Menschen wollen das. In Niedersachsen gibt es mittlerweile mehr Bürgerprotest gegen Massentierhaltung als gegen Atomkraft. Dass seit Ende Februar nicht mehr CDU und FDP regieren, sondern die SPD mit den Grünen, liegt auch am Stimmungswechsel im Land der Schweine- und Hähnchenmäster.
Die Grünen haben sich von acht auf 14 Prozent gesteigert und auch neue Wählerschichten auf dem Land erreicht. Zulegen konnten sie vor allem in traditionell konservativen Revieren, ländlichen Regionen wie Holzminden und Delmenhorst oder in historisch tiefschwarzen Kreisen wie Cloppenburg und Vechta. Die Region ist das Mekka der Mäster, gigantische Ställe und Schlachthöfe stehen hier dicht an dicht.
Die Grünen punkteten mit Kritik an Massentierhaltung und industrieller Agrarproduktion. Nun stellen sie den neuen Landwirtschaftsminister, der den großen Mästern in die Parade fahren will: Christian Meyer von den Grünen hat eine Agrarwende angekündigt:
"Jetzt bezahlen wir den Preis für diese eher industriellen statt den bäuerlichen Strukturen, die wir als Landesregierung stärken wollen! Jetzt bekommen wir die Auswirkungen von diesen agrarindustriellen Komplexen zu spüren, die weder umwelt- noch ressourcenschonend agieren!"
Gleich in der ersten Landtagssitzung nach dem Regierungswechsel ging es beim Thema Agrarpolitik hoch her. Während Minister Meyer von den Grünen die jüngsten Lebensmittelskandale rund um Pferdefleisch in der Lasagne, Überbelegung im Hühnerstall und verseuchten Futtermais als Folgen der Agrarindustrie geißelte, warfen CDU und FDP ihm Kampagnenpolitik vor:
Landtag - Österhelwig (CDU): "Wir haben eine vollkommen unterschiedliche Sichtweise auf Agrarpolitik und diese Skandale, die man auch Skandale nennen muss. Sie stellen die Systemfrage. Und wir wollen konstruktiv am System arbeiten und das bewährte System verbessern, meine sehr verehrten Damen und Herren."
Landtag – FDP: "Es geht darum, jede Gelegenheit zu nutzen und zu instrumentalisieren, um die eigenen politischen Ziele, nämlich die sogenannte Agrarwende, unter großem Applaus und ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen. Das, meine Damen und Herren, ist unseriös und populistisch!"
CDU und FDP haben in den vergangenen Jahren mit vielen Millionen Euro die Ansiedelung der Mastindustrie gefördert. "Wachsen oder weichen" lautete die Devise für die Bauern. Im Emsland steht eine Hähnchenfabrik neben der anderen, der Landstreifen gilt als "Chicken-Belt": Hier ist das Zentrum der deutschen Massentierhaltung.
"Das kann so nicht weiter gehen"
Lange Zeit siedelten sich fast monatlich neue Ställe an: Mehr als 1000 in den vergangenen zehn Jahren. Weil im Westen schon alles voll ist, rücken sie immer mehr nach Mittel- und Ostniedersachsen vor. Das kann so nicht weiter gehen, meint der neue Landwirtschaftsminister. Seit seiner markigen Rhetorik im Wahlkampf tituliert ihn die Opposition gern als "Bauernschreck". Deshalb tingelt Christian Meyer derzeit durch die Landwirtschaftsverbände, um sich und seine Wendepläne vorzustellen.
Wir sind in Verden an der Aller, bei einer Versammlung des "Bundes der Milchviehalter". Der grüne Minister tritt ans Pult. Er ist groß, schlaksig, ein massiger Mann von 37 Jahren mit Halbglatze, Brille, grünem Pulli unterm schwarzen, ausgebeulten Jackett. Der Saal ist rappelvoll mit Bauern:
"Es gibt auch ein klares Ziel der Landesregierung, in welche Richtung sich die Landwirtschaft entwickeln soll: Wir wollen vor allem die über 40000 bäuerlichen Familienbetriebe in den Fokus rücken und dieses Dogma, was wir gerade in der Milchwirtschaft erlebt haben, des Wachsens oder Weichens reduzieren."
Dafür wolle er Fördermittel umschichten, den Neubau von Massenställen erschweren und den Biolandbau ankurbeln, sagt Meyer. Das erschütterte Vertrauen der Verbraucher müsse zurückgewonnen werden.
"Von daher glauben wir, dass sowohl der konventionelle als auch der ökologische Bereich eher in Richtung fairer Preise, Qualitätslandwirtschaft entwickeln muss. Die Zukunft in Europa liegt nicht darin, immer mehr und immer mehr Masse zu produzieren.
Dann kriegen wir auch wieder eine höhere Wertschätzung für Landwirtschaft und eine höhere Akzeptanz. Nur, wenn wir die Gesellschaft mitnehmen, können wir auch die Ziele, die wir mit der sanften Agrarwende verfolgen, mit Ihnen gemeinsam Umsetzen. Dankeschön."
Ob nun neuerdings sanft oder scharf:
"Wir brauchen keine Agrarwende. Wir brauchen bestenfalls eine Neujustierung der niedersächsischen Agrarpolitik."
Sagt Helmut Damann-Tanke dazu. Der Hähnchenmäster aus dem Landkreis Stade sitzt für die CDU im niedersächsischen Landtag:
"Hintergrund ist ganz einfach, dass wir uns im Ernährungsbereich und allen voran auch im Agrarbereich in internationalen Märkten bewegen und dass es nicht möglich sein wird, Niedersachsen isoliert in diesen internationalen Märkten zu betrachten. Das ist ein internationales, globalisiertes Angebot. Und deshalb muss all das, was wir hier in Niedersachsen an Weichenstellungen vornehmen, sich auch immer vor dem Kontext eines Marktes bewähren."
Eine "Feinjustierung" kann Dammann-Tanke sich aber vorstellen. Die Landwirtschaft muss transparenter werden, mahnt er. Die Tore auch zu den großen Mastställen müssen aufgestoßen werden, damit der Verbraucher sieht, was er da isst:
"Weil, machen wir uns nichts vor, auch die niedersächsische CDU hat dieses Wahlergebnis verstanden - dahin gehend, dass unsere Gesellschaft gerne ein Mehr an Verbraucherschutz, ein Mehr an Tierschutz wünscht, gleichzeitig wir aber auch als verantwortliche und staatstragende Partei sehen müssen, dass die Ernährungs- und Lebensmittelindustrie der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in Niedersachsen ist."
Auch Henner Schöneckes Vater ist Landtagsabgeordneter der CDU. Der Senior war 1998 Freilandpionier, erzählt der Sohn. Der Verbraucher sei damals immer kritischer geworden und es sei absehbar gewesen, dass Käfigeier bald nicht mehr gekauft werden, da hat der Familienbetrieb die Haltung umgestellt, Kredite aufgenommen und sehr viel Geld in neue Ställe investiert. Eine solche automatisierte Legehennenhalle kann eine Million Euro kosten.
"Ich glaube, wichtig ist, dass wir in Deutschland, auch in Niedersachsen, die Chance haben, dass wir auch in den nächsten 20 Jahren engagierte, junge Landwirte bekommen, die weiterhin in dieser Branche arbeiten möchten. Die werden wir nur bekommen, wenn sie für sich selber eine Zukunft sehen, wenn sie sehen, dass sie ihre Familie davon ernähren können.
Das erwarte ich eigentlich von Herrn Meyer, dass er da das Gespräch sucht mit den Landwirten und denen halt Zukunftsperspektiven und Visionen bereitet und sie nicht verbaut. Bisher habe ich nur gehört, was er verbauen möchte."
Wir sind in Verden an der Aller, bei einer Versammlung des "Bundes der Milchviehalter". Der grüne Minister tritt ans Pult. Er ist groß, schlaksig, ein massiger Mann von 37 Jahren mit Halbglatze, Brille, grünem Pulli unterm schwarzen, ausgebeulten Jackett. Der Saal ist rappelvoll mit Bauern:
"Es gibt auch ein klares Ziel der Landesregierung, in welche Richtung sich die Landwirtschaft entwickeln soll: Wir wollen vor allem die über 40000 bäuerlichen Familienbetriebe in den Fokus rücken und dieses Dogma, was wir gerade in der Milchwirtschaft erlebt haben, des Wachsens oder Weichens reduzieren."
Dafür wolle er Fördermittel umschichten, den Neubau von Massenställen erschweren und den Biolandbau ankurbeln, sagt Meyer. Das erschütterte Vertrauen der Verbraucher müsse zurückgewonnen werden.
"Von daher glauben wir, dass sowohl der konventionelle als auch der ökologische Bereich eher in Richtung fairer Preise, Qualitätslandwirtschaft entwickeln muss. Die Zukunft in Europa liegt nicht darin, immer mehr und immer mehr Masse zu produzieren.
Dann kriegen wir auch wieder eine höhere Wertschätzung für Landwirtschaft und eine höhere Akzeptanz. Nur, wenn wir die Gesellschaft mitnehmen, können wir auch die Ziele, die wir mit der sanften Agrarwende verfolgen, mit Ihnen gemeinsam Umsetzen. Dankeschön."
Ob nun neuerdings sanft oder scharf:
"Wir brauchen keine Agrarwende. Wir brauchen bestenfalls eine Neujustierung der niedersächsischen Agrarpolitik."
Sagt Helmut Damann-Tanke dazu. Der Hähnchenmäster aus dem Landkreis Stade sitzt für die CDU im niedersächsischen Landtag:
"Hintergrund ist ganz einfach, dass wir uns im Ernährungsbereich und allen voran auch im Agrarbereich in internationalen Märkten bewegen und dass es nicht möglich sein wird, Niedersachsen isoliert in diesen internationalen Märkten zu betrachten. Das ist ein internationales, globalisiertes Angebot. Und deshalb muss all das, was wir hier in Niedersachsen an Weichenstellungen vornehmen, sich auch immer vor dem Kontext eines Marktes bewähren."
Eine "Feinjustierung" kann Dammann-Tanke sich aber vorstellen. Die Landwirtschaft muss transparenter werden, mahnt er. Die Tore auch zu den großen Mastställen müssen aufgestoßen werden, damit der Verbraucher sieht, was er da isst:
"Weil, machen wir uns nichts vor, auch die niedersächsische CDU hat dieses Wahlergebnis verstanden - dahin gehend, dass unsere Gesellschaft gerne ein Mehr an Verbraucherschutz, ein Mehr an Tierschutz wünscht, gleichzeitig wir aber auch als verantwortliche und staatstragende Partei sehen müssen, dass die Ernährungs- und Lebensmittelindustrie der zweitwichtigste Wirtschaftszweig in Niedersachsen ist."
Auch Henner Schöneckes Vater ist Landtagsabgeordneter der CDU. Der Senior war 1998 Freilandpionier, erzählt der Sohn. Der Verbraucher sei damals immer kritischer geworden und es sei absehbar gewesen, dass Käfigeier bald nicht mehr gekauft werden, da hat der Familienbetrieb die Haltung umgestellt, Kredite aufgenommen und sehr viel Geld in neue Ställe investiert. Eine solche automatisierte Legehennenhalle kann eine Million Euro kosten.
"Ich glaube, wichtig ist, dass wir in Deutschland, auch in Niedersachsen, die Chance haben, dass wir auch in den nächsten 20 Jahren engagierte, junge Landwirte bekommen, die weiterhin in dieser Branche arbeiten möchten. Die werden wir nur bekommen, wenn sie für sich selber eine Zukunft sehen, wenn sie sehen, dass sie ihre Familie davon ernähren können.
Das erwarte ich eigentlich von Herrn Meyer, dass er da das Gespräch sucht mit den Landwirten und denen halt Zukunftsperspektiven und Visionen bereitet und sie nicht verbaut. Bisher habe ich nur gehört, was er verbauen möchte."
"Wir haben massive Umweltbelastungen"
Schönecke bezieht sich vor allem auf die neue Auflage, die Agrarminister Meyer gemeinsam mit dem Umwelt- und Sozialministerium Ende März, keine zwei Monate im Amt, auf den Weg brachte: Große Mastbetriebe mit mehr als 2000 Schweinen dürfen demnach zukünftig nur mit einem Filter gegen Gestank, Ammoniakemissionen und Stäube gebaut werden. Ältere Anlagen müssen nachrüsten. Um "Frieden zu stiften auf den Dörfern", wie es die rot-grüne Landesregierung formulierte.
Christian Meyer: "Wir haben massive Umweltbelastungen. In Niedersachsen ist der größte Treibhausgasemittent nicht der Autoverkehr, sondern die Landwirtschaft mit 25 Prozent. Das sollte zu denken geben. Das sind vor allem die großen Tierhaltungsställe. Wir haben eine Reihe von Belastungen des Grundwassers, Nitratbelastungen, die wieder steigen, die uns eigentlich zwingen, eine sanfte Agrarwende einzuleiten in Richtung mehr Umweltschutz."
Die FDP tobte: Es sei sogar noch schlimmer als vor der Wahl befürchtet: Christian Meyer nicht nur ein Bauernschreck, sondern ein wahrer Peiniger. Immerhin koste solch ein einziger Filter 50.000 Euro. Heinz Korte, Landwirt in Bremervörde, ist kein Wüterich. Der bedächtige Norddeutsche ist Vizepräsident des Landvolks, des großen Bauernverbandes in Niedersachsen, der mit der schwarz-gelben Landesregierung gut zusammengearbeitet hat und nun verunsichert auf den Grünen Minister blickt:
"Wir wissen, dass neben den Investitionskosten auch laufende Kosten entstehen. Und nach den Berechnungen der Landwirtschaftskammer kann man davon ausgehen, dass die laufenden Kosten pro Mastschwein bei fünf Euro ungefähr liegen werden. Und das ist schon ungefähr ein Drittel des Gewinnes, den der Landwirt pro Schwein hat. Und wenn das zukünftig für die Abfluftwäsche verloren geht, dann ist das für den betroffenen Landwirt schon sehr einschneidend."
Mehr als 250 Millionen Tiere werden jedes Jahr in Niedersachsen geschlachtet, um Deutschland mit billigem Fleisch zu versorgen. Zehn Millionen Schweine werden in Niedersachsen gemästet, das ist jedes Dritte in Deutschland. Jede zweite Pute und jedes zweite Masthähnchen. 63 Millionen Masthähnchen: Für Heinz Korte sind das Erfolgszahlen. Der Westen Niedersachsens sei früher eine arme Gegend gewesen, diese Form der Tierhaltung sei ein erfolgreiches Wirtschaftsmodell. Doch seit dem Regierungswechsel ist das das Landvolk nachdenklich geworden.
"Wir haben ja auch die Wahlanalysen gelesen und dabei auch erkannt, dass die Agrarkompetenz bei den Grünen als sehr groß angesehen wird. Und wir müssen für uns auch selbst reflektieren, wo läuft es wirklich vielleicht auch falsch in der Landwirtschaft. Und für uns auch überlegen, wo wir Kurskorrekturen brauchen. Trotzdem wird es keine Landwirtschaft wieder so geben, wie sie vielleicht vielen noch in den Köpfen schwebt: Mit Hühnern und Schweinen, die auf der Weide laufen. Oder vielen kleinen Kuhherden, die auf der Weide laufen."
Es stimmt schon: Mit dieser artgerechten Haltung wäre es nie und nimmer möglich, den Deutschen die 90 Kilo Fleisch, die sie durchschnittlich im Jahr vertilgen, zu günstigen Preisen anzubieten.
Christian Meyer: "Wir haben massive Umweltbelastungen. In Niedersachsen ist der größte Treibhausgasemittent nicht der Autoverkehr, sondern die Landwirtschaft mit 25 Prozent. Das sollte zu denken geben. Das sind vor allem die großen Tierhaltungsställe. Wir haben eine Reihe von Belastungen des Grundwassers, Nitratbelastungen, die wieder steigen, die uns eigentlich zwingen, eine sanfte Agrarwende einzuleiten in Richtung mehr Umweltschutz."
Die FDP tobte: Es sei sogar noch schlimmer als vor der Wahl befürchtet: Christian Meyer nicht nur ein Bauernschreck, sondern ein wahrer Peiniger. Immerhin koste solch ein einziger Filter 50.000 Euro. Heinz Korte, Landwirt in Bremervörde, ist kein Wüterich. Der bedächtige Norddeutsche ist Vizepräsident des Landvolks, des großen Bauernverbandes in Niedersachsen, der mit der schwarz-gelben Landesregierung gut zusammengearbeitet hat und nun verunsichert auf den Grünen Minister blickt:
"Wir wissen, dass neben den Investitionskosten auch laufende Kosten entstehen. Und nach den Berechnungen der Landwirtschaftskammer kann man davon ausgehen, dass die laufenden Kosten pro Mastschwein bei fünf Euro ungefähr liegen werden. Und das ist schon ungefähr ein Drittel des Gewinnes, den der Landwirt pro Schwein hat. Und wenn das zukünftig für die Abfluftwäsche verloren geht, dann ist das für den betroffenen Landwirt schon sehr einschneidend."
Mehr als 250 Millionen Tiere werden jedes Jahr in Niedersachsen geschlachtet, um Deutschland mit billigem Fleisch zu versorgen. Zehn Millionen Schweine werden in Niedersachsen gemästet, das ist jedes Dritte in Deutschland. Jede zweite Pute und jedes zweite Masthähnchen. 63 Millionen Masthähnchen: Für Heinz Korte sind das Erfolgszahlen. Der Westen Niedersachsens sei früher eine arme Gegend gewesen, diese Form der Tierhaltung sei ein erfolgreiches Wirtschaftsmodell. Doch seit dem Regierungswechsel ist das das Landvolk nachdenklich geworden.
"Wir haben ja auch die Wahlanalysen gelesen und dabei auch erkannt, dass die Agrarkompetenz bei den Grünen als sehr groß angesehen wird. Und wir müssen für uns auch selbst reflektieren, wo läuft es wirklich vielleicht auch falsch in der Landwirtschaft. Und für uns auch überlegen, wo wir Kurskorrekturen brauchen. Trotzdem wird es keine Landwirtschaft wieder so geben, wie sie vielleicht vielen noch in den Köpfen schwebt: Mit Hühnern und Schweinen, die auf der Weide laufen. Oder vielen kleinen Kuhherden, die auf der Weide laufen."
Es stimmt schon: Mit dieser artgerechten Haltung wäre es nie und nimmer möglich, den Deutschen die 90 Kilo Fleisch, die sie durchschnittlich im Jahr vertilgen, zu günstigen Preisen anzubieten.
Für fair produzierte Lebensmittel auch faire Preise
Heinz Korte: "Insgesamt ist es natürlich so, dass die Nachfrage nach Fleisch und Milch und Eiern da ist. Wir haben nicht die Situation, dass wir in Deutschland exorbitante Überschüsse erzeugen, sondern im Wesentlichen, wird dass, was wir hier erzeugen, auch von den Menschen in Deutschland gegessen und getrunken. Und das wird leider oft bei vielen Menschen ausgeblendet, dass dazu eine intensive Tierhaltung eben gehört."
Doch die Frage ist auch, ob 90 Kilo Fleisch und 214 Eier im Jahr sein müssen. Und ob für fair produzierte Lebensmittel nicht auch faire Preise bezahlt werden können. Darin sind sich nämlich der Grüne Minister Meyer und Heinz Korte vom konservativen Landvolk einig: Die Deutschen geben zu wenig Geld für ihr Essen aus.
Heinz Korte: "Deutschland ist der Erfinder des Discounts. Aldi hat den Discount erfunden und exportiert es. Unsere Wahrnehmung ist eher die, dass dieser harte Kampf um Lebensmittelpreise eher in andere EU-Länder übertragen wird als dass es bei uns rückläufig ist. Ich erkenne da keine wirkliche Umkehr, dass wir eine andere Mentalität bekommen. Wir hören auch immer die Umfragen, die Lippenbekenntnisse vieler Bürger. Für uns ist aber entscheidend, wie er an der Theke entscheidet. Und da sehen wir zwar, dass der Ökobereich leichte Zuwächse hat, aber nicht in dem Maße, dass wir einer großen Anzahl von Landwirten empfehlen könnten,‘Leute, da wächst so ein Markt heran, stellt jetzt alle um‘."
Maarten Maage aus Ronnenberg am Stadtrand von Hannover hat schon 1987 auf Biolandwirtschaft umgestellt. Er mästet auch Schweine, aber nicht 2000, sondern 52. Und nicht in lagerhallengroßen Mastfabriken auf Spaltboden, sondern auf Stroh in einem Stall mit Auslauf:
"Die Schweine sind ja sehr sauber. Die haben ihre Toiletten hier draußen und drinnen haben sie ihre gute Stube."
Maages Schweine haben jedes sieben Quadratmeter Platz. Er mästet Bioferkel für die Firma Ökoland und seine Koteletts kosten natürlich nicht 1,99 Euro das Kilo und liegen auch nicht bei Aldi oder Lidl in der Kühlvitrine. Auf dem Hof schnattern Laufenten, es gibt ein uraltes Schaf namens "Mucki" und einen Esel.
Maage erntet pro Hektar 800 Doppelzentner Biomöhren, 220 Doppelzentner Kartoffeln. Das ist die Hälfte der Menge, die konventionelle Landwirte ernten, die die Krautfäule mit der Chemiekeule bekämpfen dürfen. Doch der höhere Preis für seine Produkte macht die geringere Menge wett, sagt Maage. Er ist zufrieden und versteht nicht, warum nicht mehr Landwirte auf Öko umstellen, anstatt ihre Höfe aufzugeben:
"Ja, ich denke schon, dass wir eine Agrarwende brauchen, aber nicht nur in Niedersachsen, sondern europaweit eigentlich. Die großen Betriebe werden immer größer, viele kleine Betriebe müssen aufgeben, weil sie nicht mehr mithalten können.
Von daher gesehen wäre da ein Umsteuern wünschenswert. Niedersachsen kann nur kleine Rädchen stellen und kleine Rädchen schrauben, aber es ist ein Anfang. Und von daher gesehen gucke ich da ganz positiv in die Zukunft."
Nur kleine Rädchen, weil die Agrarpolitik zu großen Teilen in Brüssel und Berlin gemacht wird. Doch einiges geht auch auf Länderebene: Zum Beispiel war Niedersachsen bislang bei der Ökoförderung bundesweites Schlusslicht:
137 Euro pro Hektar bekamen die Biobetriebe.
Der neue Landwirtschaftsminister Meyer hat auf 200 Euro pro Hektar aufgestockt. Schließlich steige die Nachfrage nach Bio, argumentiert der Grünen-Politiker. Maarten Maage kann das bestätigen: Sein Hofladen profitiert von der Nähe zur Landeshauptstadt Hannover. Dort öffnen wie in allen deutschen Städten immer mehr Biosupermärkte. Weil immer mehr Menschen bereit sind, für ihr Essen tiefer in die Tasche zu greifen.
Biobauer Maage:"Ich glaube, der Wertewandel, was das Essen betrifft, ist nachhaltig. Also da sind die Leute wirklich hellhörig geworden. Jede Woche ein anderer Skandal und jede Woche passiert irgendwas anderes. Und ich denke mal, die lassen sich auf Dauer nicht irgendwas untermischen, nur damit einige Leute reich werden.
In den Dörfern, wo jetzt so Großställe gebaut werden, ist es einfach so, dass die Leute einfach auch hellhörig werden, die lassen sich nicht mehr alles gefallen, weil einer da Profit macht und die anderen müssen die Gerüche ertragen oder eventuelle gesundheitliche Einschränkungen über Viren- und Keimbelastungen auf sich nehmen und verlieren zudem auch noch ... wenn sie ein Eigenheim haben, verlieren die Häuser an Wert, das ist nicht lustig."
Doch die Frage ist auch, ob 90 Kilo Fleisch und 214 Eier im Jahr sein müssen. Und ob für fair produzierte Lebensmittel nicht auch faire Preise bezahlt werden können. Darin sind sich nämlich der Grüne Minister Meyer und Heinz Korte vom konservativen Landvolk einig: Die Deutschen geben zu wenig Geld für ihr Essen aus.
Heinz Korte: "Deutschland ist der Erfinder des Discounts. Aldi hat den Discount erfunden und exportiert es. Unsere Wahrnehmung ist eher die, dass dieser harte Kampf um Lebensmittelpreise eher in andere EU-Länder übertragen wird als dass es bei uns rückläufig ist. Ich erkenne da keine wirkliche Umkehr, dass wir eine andere Mentalität bekommen. Wir hören auch immer die Umfragen, die Lippenbekenntnisse vieler Bürger. Für uns ist aber entscheidend, wie er an der Theke entscheidet. Und da sehen wir zwar, dass der Ökobereich leichte Zuwächse hat, aber nicht in dem Maße, dass wir einer großen Anzahl von Landwirten empfehlen könnten,‘Leute, da wächst so ein Markt heran, stellt jetzt alle um‘."
Maarten Maage aus Ronnenberg am Stadtrand von Hannover hat schon 1987 auf Biolandwirtschaft umgestellt. Er mästet auch Schweine, aber nicht 2000, sondern 52. Und nicht in lagerhallengroßen Mastfabriken auf Spaltboden, sondern auf Stroh in einem Stall mit Auslauf:
"Die Schweine sind ja sehr sauber. Die haben ihre Toiletten hier draußen und drinnen haben sie ihre gute Stube."
Maages Schweine haben jedes sieben Quadratmeter Platz. Er mästet Bioferkel für die Firma Ökoland und seine Koteletts kosten natürlich nicht 1,99 Euro das Kilo und liegen auch nicht bei Aldi oder Lidl in der Kühlvitrine. Auf dem Hof schnattern Laufenten, es gibt ein uraltes Schaf namens "Mucki" und einen Esel.
Maage erntet pro Hektar 800 Doppelzentner Biomöhren, 220 Doppelzentner Kartoffeln. Das ist die Hälfte der Menge, die konventionelle Landwirte ernten, die die Krautfäule mit der Chemiekeule bekämpfen dürfen. Doch der höhere Preis für seine Produkte macht die geringere Menge wett, sagt Maage. Er ist zufrieden und versteht nicht, warum nicht mehr Landwirte auf Öko umstellen, anstatt ihre Höfe aufzugeben:
"Ja, ich denke schon, dass wir eine Agrarwende brauchen, aber nicht nur in Niedersachsen, sondern europaweit eigentlich. Die großen Betriebe werden immer größer, viele kleine Betriebe müssen aufgeben, weil sie nicht mehr mithalten können.
Von daher gesehen wäre da ein Umsteuern wünschenswert. Niedersachsen kann nur kleine Rädchen stellen und kleine Rädchen schrauben, aber es ist ein Anfang. Und von daher gesehen gucke ich da ganz positiv in die Zukunft."
Nur kleine Rädchen, weil die Agrarpolitik zu großen Teilen in Brüssel und Berlin gemacht wird. Doch einiges geht auch auf Länderebene: Zum Beispiel war Niedersachsen bislang bei der Ökoförderung bundesweites Schlusslicht:
137 Euro pro Hektar bekamen die Biobetriebe.
Der neue Landwirtschaftsminister Meyer hat auf 200 Euro pro Hektar aufgestockt. Schließlich steige die Nachfrage nach Bio, argumentiert der Grünen-Politiker. Maarten Maage kann das bestätigen: Sein Hofladen profitiert von der Nähe zur Landeshauptstadt Hannover. Dort öffnen wie in allen deutschen Städten immer mehr Biosupermärkte. Weil immer mehr Menschen bereit sind, für ihr Essen tiefer in die Tasche zu greifen.
Biobauer Maage:"Ich glaube, der Wertewandel, was das Essen betrifft, ist nachhaltig. Also da sind die Leute wirklich hellhörig geworden. Jede Woche ein anderer Skandal und jede Woche passiert irgendwas anderes. Und ich denke mal, die lassen sich auf Dauer nicht irgendwas untermischen, nur damit einige Leute reich werden.
In den Dörfern, wo jetzt so Großställe gebaut werden, ist es einfach so, dass die Leute einfach auch hellhörig werden, die lassen sich nicht mehr alles gefallen, weil einer da Profit macht und die anderen müssen die Gerüche ertragen oder eventuelle gesundheitliche Einschränkungen über Viren- und Keimbelastungen auf sich nehmen und verlieren zudem auch noch ... wenn sie ein Eigenheim haben, verlieren die Häuser an Wert, das ist nicht lustig."
Proteste haben die Menschen wachgerüttelt
Und damit sind wir wieder am Ausgangspunkt unserer Reise angelangt: in Groß Munzel bei Michael Hettwer von der Bürgerinitiative gegen Massentierhaltung. Wegen des neuen Mastbetriebes im Ort hätten Eigenheimbesitzer tatsächlich schon Schwierigkeiten, ihre Häuser zu verkaufen, meint Hettwer. Die Proteste gegen die Agroindustrie hätten die Menschen in Niedersachsen wachgerüttelt und so zum Regierungswechsel geführt:
"Landwirtschaftspolitik ist wirklich in der breitesten Form Gesellschaftspolitik. Und die Leute sind nicht mehr bereit, sich alles so einfach auf den Teller präsentieren zu lassen, sondern sie sind kritischer geworden. Und sie sind auch kritischer mit den Politikern geworden, die vor Ort mit gewissen Interessensträgern zusammenarbeiten.
Wohin diese Politik und diese Verflechtung geführt hat, mache ich einfach ganz klar fest an zwei Zahlen: 1949 gab es im Bundesland Niedersachsen, als es gegründet worden ist, 300.000 landwirtschaftliche Betriebe in etwa. Heute, 2013, haben wir bestenfalls noch 45.000. Das heißt, im Schnitt sind Jahr für Jahr 4.000 Betriebe verschwunden. Nach dem Motto Wachsen oder Weichen. Wenn wir zehn Jahre weiter gucken, dann haben wir keine mehr."
"Landwirtschaftspolitik ist wirklich in der breitesten Form Gesellschaftspolitik. Und die Leute sind nicht mehr bereit, sich alles so einfach auf den Teller präsentieren zu lassen, sondern sie sind kritischer geworden. Und sie sind auch kritischer mit den Politikern geworden, die vor Ort mit gewissen Interessensträgern zusammenarbeiten.
Wohin diese Politik und diese Verflechtung geführt hat, mache ich einfach ganz klar fest an zwei Zahlen: 1949 gab es im Bundesland Niedersachsen, als es gegründet worden ist, 300.000 landwirtschaftliche Betriebe in etwa. Heute, 2013, haben wir bestenfalls noch 45.000. Das heißt, im Schnitt sind Jahr für Jahr 4.000 Betriebe verschwunden. Nach dem Motto Wachsen oder Weichen. Wenn wir zehn Jahre weiter gucken, dann haben wir keine mehr."