Zola und Cézanne

Post aus Paris in die Provence

Paul Cezannes Elternhaus "Le Jas de Boufan" im südfranzösischen Aix-en-Provence, wo der impressionistische Malter 40 Jahre lang lebte.
Paul Cezannes Elternhaus "Le Jas de Boufan" im südfranzösischen Aix-en-Provence, wo der impressionistische Malter 40 Jahre lang lebte. © picture alliance / dpa / Gerald Holubowicz
Von Dorothée Brill |
Der Schriftsteller Émile Zola und der Maler Paul Cézanne waren seit ihrer Jugend enge Freunde. Ihr Briefwechsel liegt jetzt erstmals auf Deutsch vor und zeigt zwei Künstler auf dem Weg zum Ruhm: mit ewigen Geldsorgen, Selbstzweifeln und schwärmerischen Träumen.
"Schreibe mir und schweife so weit ab wie möglich." Cézanne leistet dieser Aufforderung seines 1858 aus Aix nach Paris übergesiedelten Jugendfreundes, Émile Zola, durchaus Genüge. Weitschweifend sind die Briefe, die in dichtem Wechsel zwischen der Hauptstadt und der südfranzösischen Provinz hin- und hergehen. Manchmal fehlen den beiden Aspiranten einer künstlerischen Laufbahn allerdings schon die wenigen Sous für das Porto. Die wirtschaftliche Not ist eines ihrer Hauptthemen, neben der Trauer über die Trennung und dem Blick in die Zukunft:
"Ich ... sehe sie so schwarz, so schwarz, dass ich entsetzt zurückpralle. Kein Vermögen, keinen Beruf, nichts als Entmutigung ... Seit ich in Paris bin, habe ich noch keine glückliche Stunde gehabt ... Manchmal bin ich dennoch froh, dann, wenn ich an dich und Baille denke." Er ist der Dritte im Bunde. "Ich schätze mich glücklich, in der Menge zwei Herzen entdeckt zu haben, die das meine verstehen."
Der französische Schriftsteller Emile Zola
Der französische Schriftsteller Emile Zola© picture alliance /dpa
Als Porträt einer Männerfreundschaft betitelt der Herausgeber Dino Heicker also durchaus passend diese erste deutsche Veröffentlichung des kompletten erhaltenen Briefwechsel zwischen dem später erfolgreichen Schriftsteller und dem um Anerkennung ringenden Maler. Die Briefe illustrieren nicht nur ihren beruflichen und privaten Werdegang. Sie verkörpern auch Wesen und Wandel einer Freundschaft, in der der Jüngere den Ton angibt.
"Mach dies, mach das"
"Jedes Mal, wenn ich auf dem Sprung stehe, dir einen Rat zu geben", schreibt der 20-jährige Zola aus seinem Pariser Zimmerchen, "zögere ich: Ich frage mich, ob das eigentlich meine Aufgabe ist, ob du nicht müde werden wirst, mich schreien zu hören: Mach dies, mach das."
Er tut es dennoch: gemahnt den Freund zur klaren Entscheidung zwischen Juristerei und Kunst, zwischen Dichtung und Malerei und hofft, "den werdenden Lamartine über dem künftigen Raphael" zu vergessen. Diese Hoffung hat sich nicht erfüllt. Zumindest liegt ein solcher Schluss nahe, wenn man die zentrale Figur in Zolas berühmten Roman "L'Œuvre" (Das Werk), als gesteigerte Variante seines Freundes liest: ein Maler, den sein Scheitern in den Tod treibt.
Das zeitgenössische Gemälde zeigt den französischen Maler Paul Cézanne (1839-1906).
Das zeitgenössische Gemälde zeigt den französischen Maler Paul Cézanne (1839-1906). © dpa / picture alliance / Bifab
Zumindest habe das Buch der jahrzehntelangen Freundschaft den Todesstoß versetzt, so die ebenso gängige wie griffige These. Heicker will sie auf Basis seiner Forschung nicht bestätigen. Tatsächlich sprechen die zwei einzigen Briefe Cézannes, die sich nach Erscheinen des Romans erhalten haben, die gleiche freundschaftlich-sachliche Sprache, der das jugendliche Schwärmen und seitenweise Schweifen seit über einer Dekade gewichen ist. Schon längst geht es nicht mehr um die unüberwindbare Distanz und künstlerische Träumereien, vielmehr um vollendete Werke, um Sorgen der Familie und die Absprache des nächsten Besuchs in Zolas Landhaus.
Seine letzten Worte sind ganz in diesem Sinne: "Wenn du wieder zurückgekehrt sein wirst, werde ich dich besuchen kommen, um dir die Hand zu drücken."

Dino Heicker (Hg.): Cézanne – Zola. Porträt einer Männerfreundschaft
Aus dem Französischen von Auguste Foerster, Dino Heicker, Alexandre Pateau
Parthas Verlag, Berlin 2015
352 Seiten, 24,80 Euro

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