Zu Ai Weiweis Kritik an Deutschland

"Dieses Land guckt so wahnsinnig viel auf sich"

04:45 Minuten
Der chinesische Künstler Ai Weiwei schaut von rechts ins Bild.
Der chinesische Künstler Ai Weiwei: "Die deutsche Kultur ist so stark, sodass sie nicht wirklich andere Ideen und Argumente akzeptiert." © Sebastian Gabsch/Geisler-Fotopress
Stefan Braun im Gespräch mit Anke Schaefer |
Audio herunterladen
Dem Land seines Exils gibt der chinesische Künstler Ai Weiwei kein gutes Zeugnis. "Deutschland ist keine offene Gesellschaft", sagt er. Es fehle die Bereitschaft, sich mit konträren Weltsichten auseinanderzusetzen, meint auch der Journalist Stefan Braun.
Der chinesische Künstler Ai Weiwei will Deutschland verlassen. Dem Land seines vierjährigen Exils gibt er in der Zeitung "Die Welt" kein gutes Zeugnis. "Deutschland ist keine offene Gesellschaft", sagt Ai Weiwei. "Es ist eine Gesellschaft, die offen sein möchte, aber vor allem sich selbst beschützt. Die deutsche Kultur ist so stark, sodass sie nicht wirklich andere Ideen und Argumente akzeptiert. Es gibt kaum Raum für offene Debatten, kaum Respekt für abweichende Stimmen."

"Selten in der Lage, etwas mal ganz neu zu denken"

Für diese Position äußert der Journalist Stefan Braun ("Süddeutsche Zeitung") Verständnis. "Wenn ich ihn [Ai Weiwei, die Red.] jetzt interpretieren soll, würde ich am ehesten sagen: Dieses Land guckt so wahnsinnig viel auf sich und auf seine Regularien der letzten Jahre, Jahrzehnte. Es ist selten in der Lage, mal wirklich mit paradoxer Intervention etwas mal ganz neu zu denken."
In Deutschland gebe es tatsächlich "eine sehr starke Tendenz, bestimmte Fragen dann doch irgendwie nicht haben zu wollen", sagt Braun. Es gebe wenig Bereitschaft, sich mit einer Weltsicht auseinanderzusetzen, die dem aufgeklärten, modernen, liberalen Deutschland widerspreche. Wer sage, dass er weltoffen sei und für Meinungsfreiheit eintrete, müsse es beispielsweise aushalten, dass "Leute auch in der Flüchtlingskrise Positionen haben, die uns gar nicht gefallen", so Braun.
(huc)
Mehr zum Thema