Zu früh in dieser Welt

Von Barbara Leitner |
Bei der Geburt war sie leichter als eine Dose Limonade: In Kalifornien ist vor fünf Monaten Melinda mit nur 270 Gramm Gewicht zur Welt gekommen – wahrscheinlich das kleinste Frühchen, das je registriert wurde. Dank moderner Medizin hat das Baby überlebt und das Krankenhaus mit seiner Mutter vor wenigen Tagen verlassen.
In Deutschland beschäftigt sich zur Zeit ein Gericht in Köln mit der Frage, ab welchem Entwicklungsstadium ein Frühchen behandelt werden muss. Geklagt hat eine Mutter, deren Kind bereits nach gut der Hälfte einer normalen Schwangerschaft, in der 22. Schwangerschaftswoche zur Welt kam. Die Ärzte griffen nicht zu den Mitteln der Intensivmedizin – das Kind starb nach wenigen Stunden.

Es geht um mehr als Einzelfälle: Jährlich werden in Deutschland 50.000 Frühchen geboren – Tendenz steigend. Von ihnen sterben aber noch immer mehr als in anderen Ländern, wie die OECD meldet. Politik und Krankenkassen wollten reagieren und die Zahl der Kliniken begrenzen, in denen Frühgeborene zur Welt kommen. Das Kalkül: Je höher die Fallzahl, desto professioneller der Umgang mit Kindern, die nur wenige hundert Gramm wiegen. Gegen diese Beschlüsse haben kleinere Krankenhäuser geklagt, weshalb bis auf Weiteres alles bleibt, wie es ist. Ebenso wie viele Fragen.


Manuskript zur Sendung als PDF-Dokument oder im barrierefreien Textformat
Mehr zum Thema