Zu viel Zaudern um die Plastiktüte

Von Dietrich Mohaupt |
Brüssel will den Verbrauch von Plastiktüten einschränken. In Schleswig-Holstein fordert der grüne Umweltminister Robert Habeck mehr Druck aus Brüssel für eine gemeinsame Haltung möglichst aller EU-Staaten und die BUND-Geschäftsführerin Ina Walenda meint, ohne konkrete Reduktionsziele ginge es nicht.
In der Landesgeschäftsstelle des BUND Schleswig-Holstein in Kiel stößt die Initiative aus Brüssel, den Verbrauch von Plastiktüten einzuschränken, eher auf Skepsis. Nicht zu Ende gedacht, zu wenig konkret – insgesamt einfach zu lasch findet die Geschäftsführerin des Umweltverbandes, Ina Walenda, den Vorschlag:

"Also grundsätzlich begrüßen wir erst einmal den Vorstoß. Das Thema wird dadurch wieder aktuell, aber was wir uns wünschen würden wäre, dass es konkrete Reduktionsziele gibt. Also: Wie viele Tüten können bis wann vermieden werden, das wäre eine ganz wichtige Notwendigkeit."

Klare Zahlen, greifbare Vorgaben auf den Tisch, so lautet also die Kernforderung des BUND und Ina Walenda gibt außerdem zu bedenken:

"Warum wird das jetzt wieder den Nationalstaaten überlassen? Es gibt ja viele EU-Gesetze, die EU-weit auch gelten. Die EU hätte hier einen Vorstoß machen können, der den gesamten europäischen Bereich betroffen hätte, so dass die Nationalstaaten eigentlich ein bisschen gezwungen wären, schon was zu machen."

Die EU-Kommission habe damit eine echte Chance verpasst, meint die BUND-Geschäftsführerin. Jetzt sei eben die deutsche Politik gefragt, es müsse ja nicht gleich ein Plastiktütenverbot sein.

In Irland und Dänemark haben Gebühren Erfolge erzielt
"In anderen Ländern wurden schon gute Erfolge erzielt, indem man eine Gebühr erhoben hat, also Irland konnte etwa 80 Prozent seines Mülls aus Plastiktüten reduzieren, auch in Dänemark hat man Erfolge erreicht, damit würden wir auch erst einmal anfangen wollen. Also, es könnte durchaus erst einmal so sein, dass man sagt: Es kommt eine Gebühr, vielleicht auch eine Abgabe, die dann ja zweckgebunden ist, und dann schaut man sich das mal an – wie reagieren die Menschen? Wenn die Reaktion gut ist und ein Großteil wird vermieden, dann kann man dabei bleiben. Sollte das nicht greifen, dann wird man sicherlich über ein Verbot nachdenken müssen."

Die Zahlen sprechen zunächst einmal für sich: Seit 2002 müssen die Iren für jede Plastiktüte zahlen, derzeit 22 Cent. Der Verbrauch von Einwegtüten ist laut irischem Umweltministerium von 328 auf 20 zurückgegangen, pro Person und Jahr. Immerhin 64 Einwegbeutel gönnt sich übrigens im Schnitt jeder Deutsche im Jahr.

Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck meint: Eine EU-Verordnung, z.B. mit einem für alle Mitgliedsstaaten verbindlichen Verbot von Plastiktüten, hätte einen gewissen Charme, sei aber nicht machbar:

"Jetzt müssen es die Mitgliedsstaaten machen. Aber das heißt ja nicht, dass jeder Mitgliedsstaat alleine loslaufen muss. Möglicherweise gelingt es ja durch diese Initiative ja tatsächlich ein europaweites Vorgehen zu vereinbaren – sonst wird es wieder alles nichts werden. Ich habe nach dem Sommer, als wir die Verschmutzung der Ostsee durch Plastik mehrfach politisch hier diskutiert haben, auch politische Anläufe unternommen, etwa eine Abgabe auf Plastiktüten mal zu erwägen über den Bundesrat, und bin da auch nicht weitergekommen."

Nationalen Alleingängen, ob mit Abgaben oder mit Verboten, gibt Habeck also kaum eine Chance. Er setzt ganz klar auf eine gemeinsame Haltung möglichst aller EU-Staaten. Und dafür dürfe Brüssel gerne eine wenig weiter aus der Deckung kommen, als mit den jüngsten Vorschlägen.

"Also wenn die EU keinen Druck macht, wenn es nicht eine europaweite Bewegung dafür gibt, dann wird das alles nur Gemuckel und Gezöger werden. Deswegen: Ja, die Mitgliedsstaaten müssen es machen, aber die EU muss den Mitgliedsstaaten Feuer unter dem Hintern machen."
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