Kulturmeile im Bankenviertel
04:05 Minuten
Oper und Schauspielhaus sollen in Frankfurt am Main neu entstehen. Darüber sind sich in der Bankenmetropole alle einig - nur wo die neuen Kulturtempel gebaut werden sollen, ist umstritten. Nun scheint sich eine Lösung mitten im Zentrum abzuzeichnen.
Ina Hartwig, die sozialdemokratische Kulturdezernentin von Frankfurt am Main, hat sich entschieden. Sie wirbt für eine Trennung von Schauspiel und Oper. Das neue Schauspielhaus soll ihrer Meinung nach am bisherigen Standort der Doppelbühnen im Zentrum Frankfurts entstehen. Das berühmte denkmalwürdige "Wolken-Foyer" würde in den Neubau integriert. Die neue Oper würde wenige hundert Meter weiter nördlich an den sogenannten "Wallanlagen" entstehen – dem Grüngürtel im Bankenviertel.
Konzentrierte Kultur im Zentrum
Damit entstünde zwischen Jüdischem Museum am Mainufer und dem Konzertgebäude "Alte Oper" etwa anderthalb Kilometer weiter nordöstlich eine neue "Kulturmeile", schwärmt Ina Hartwig bei der Eröffnung der Ausstellung zu den möglichen Bühnenvarianten im Deutschen Architekturmuseum:
"Das macht natürlich eine wunderbare Dichte von kulturellen Angeboten mitten in der Innenstadt. Die städtischen Bauten wären aufgereiht entlang der Wallanlagen vom Jüdischen Museum über das Schauspiel, die beiden Dependancen des Museums für Moderne Kunst und des Museums für Weltkulturen. Dann die neue Oper und abschließend oben die Alte Oper. Das ist eine Kulturmeile, die ein neues Markenzeichen für Frankfurt werden kann, in der Weiterentwicklung von Wallanlagen, Kulturbauten und Hochhäusern. Was natürlich auch zu einer neuen Belebung der Innenstadt führen wird. Ich glaube, das ist ganz im Sinne Frankfurts. Einer wachsenden Stadt, einer internationalen Stadt, eine Stadt mit vielen Besuchern und Menschen, die hier wohnen."
Die Idee der neuen Kulturmeile mitten in der Innenstadt wird inzwischen von allem maßgeblichen politischen Kräften der Mainmetropole unterstützt – mit Ausnahme der CDU. Die hält bisher an der Idee fest, eine neue Doppelbühnenanlage aus Oper und Schauspiel im sogenannten "Osthafen" am Rande des Stadtzentrums zu errichten. Doch dieser an sich sehr interessante Standort habe einen großen Nachteil, betonte heute bei der Ausstellungseröffnung zu den Standortvarianten Peter Cachola Schmal, der Leiter des Deutschen Architekturmuseums. Er sei nicht gut an den ÖPNV angeschlossen und außerdem noch für Jahrzehnte von Industrieanlagen umgeben. Auch Schmal unterstützt deshalb die Idee der "Kulturmeile" im Bankenviertel mit den getrennten Neubauten von Schauspiel und Oper: "Das ist ein großer Wurf, eine große Vision und ich denke, wir könnten die sehr gut gebrauchen für die Stadtentwicklung der nächsten zehn, zwanzig Jahre. Eine tolle Vision."
Bauen ohne Zwischenlösung
Für die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig ist die Trennung von Schauspiel und Oper beim Neubau der Bühnen auch deshalb wichtig, weil die Oper dabei keine Interimslösung bräuchte. Das wäre ein großer Kostenvorteil. Denn für das Schauspiel können in der Bauphase bestehende städtische Kulturbauten als Ausweichorte genutzt werden, etwa das sogenannte "Bockenheimer Depot" am Westrand der Innenstadt. Die neue Oper könnte fertiggestellt werden, und der Opernbetrieb wäre ohne aufwändige Zwischenaktivitäten vom alten Standort an den neuen zu verlagern, so Hartwig: "Die Oper ist sehr teuer, sehr komplex, und ein Interim zu vermeiden wäre kostengünstiger und auch logistisch sehr von Vorteil."
Ina Hartwig kann sich vorstellen, dass die neuen Spielstätten in etwa zehn Jahren fertigzustellen sind. Es soll auf jeden Fall einen internationalen Architekturwettbewerb geben. Zu den Kriterien für die Neubauten wird gehören, dass sie auch tagsüber zugänglich sind – mit Gastronomie und Lesesälen etwa auf den Dächern, die Ausblicke auf die Hochauskulisse ermöglicht. Entscheiden wird über die Idee der neuen Kulturmeile letztlich das Frankfurter Stadtparlament. Ob das noch vor der anstehenden Kommunalwahl im März nächsten Jahres geschieht, ist – Stand heute – offen.