Zukunftssorgen bei den Franziskanern
Noch immer leben viele Mönche und Nonnen nach dem Vorbild des Heiligen Franziskus: Sie verzichten auf Reichtum und üben Solidarität mit den Armen. Doch auch den Franziskanerorden plagen Nachwuchssorgen, Klöster werden geschlossen.
Das Jubiläum der Gründung am 20. Juli 1863 ist ein großes Ereignis, aber es gibt nicht nur Grund zu Freude: Den letzten Zuwachs verzeichneten die Olpener Franziskanerinnen vor 25 Jahren. Der Altersdurchschnitt ihrer heute noch 130 Mitglieder liegt bei knapp 80 Jahren. Und nicht nur dieser Teil der Franziskus-Familie leidet unter Mitgliederschwund. Die Anhängerschar des Franz von Assisi ist vielfältig organisiert: Die Männer in den drei großen Männerorden braune Franziskaner, Minoriten oder schwarze Franziskaner und Kapuziner, die Frauen als Klarissen oder als Franziskanerinnen – wie zum Beispiel in Olpe. Und schließlich gibt es die Franziskanische Gemeinschaft, eine Laienbewegung, die nicht in Ordensgemeinschaft lebt, aber ihr Dasein verbindlich an Franziskus orientiert.
Pater Cornelius Bohl ist Provinzialminister der Deutschen Franziskanerprovinz, die noch vierzig Häuser und rund 360 Brüder zählt. Er und die Schwestern Mediatrix und Alexa beobachten einen großen Umbruch, nicht nur bei den eigenen Ordensgemeinschaften.
Pater Cornelius: "Ich habe gerade die Zahl gehört: Es gibt in Deutschland jedes Jahr 1000 Ordensleute weniger. Dafür gibt es viele Gründe. Das hat, glaube ich, auch viel zu tun mit der gesamtkirchlichen Lage. Kirche ist im Rückzug begriffen, Kirche hat in der Gesellschaft ein relativ schlechtes Image, verkauft sich schlecht. Der Glaube wird weniger, er verdunstet, es gibt die Säkularisierung. Das sind alles Schlagworte, aber da ist was dran. Und das führt auch dazu, dass natürlich geistliche Gemeinschaften, Ordensgemeinschaften insgesamt wenig Nachwuchs haben Häuser schließen müssen, sich kleiner setzen müssen."
Schwester Mediatrix: "Es ist ja ganz einfach ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Es geht uns einfach sehr gut, die Frage nach Gott wird wenig gestellt, wir brauchen Gott nicht."
Schwester Alexa: "Es gibt ja durchaus Menschen, junge Leute, die sich interessieren, die gehen aber dann in andere Arten von Klöstern, die entweder ganz weit an der Front sind oder zurückgezogen leben in kontemplativen Klöstern. Jemand, der bei uns eintritt, kommt in denselben Stress, in dem er vielleicht vorher war und das aber vielleicht nicht möchte. Denn wir müssen gucken, dass wir das geistliche Leben mit unserer Arbeit in Einklang kriegen, und das ist gar nicht so ganz einfach."
Dass dieser Schwund für die Franziskus-Familie eine traurige Entwicklung ist, versteht sich von selbst. Aber gilt das auch für die Gesellschaft? Von welcher Bedeutung sind für den Rest der Welt die Ordensgemeinschaften der Franziskanischen Familie?
Pater Cornelius: "Franziskus war jemand, der den Rand gesucht hat. Die Fratres minores, die minderen Brüder, wollten unten bei den Menschen sein. Ich glaube, das ist ein wichtiges Korrektiv gegen eine Kirche, die immer wieder auch nach Positionen, nach Macht strebt. Die Frage der Armut: Woher definiere ich mich, was ist wirklich wichtig. Ist es die Macht, Besitz, sind es Privilegien, ist es eine gesellschaftliche Stellung - oder kann ich das auch lassen, weil der Reichtum meines Lebens woanders her kommt? Die Brüderlichkeit: Diese Überzeugung von Franziskus, letztlich sind alle Brüder gleich. Alle oberen Ämter sind Dienstämter nur für wenige Jahre und dann verlasse ich diese Aufgabe auch wieder – also ein relativ demokratisches und brüderliches System. Ich glaube, dass diese Punkte schon etwas darstellen, was für Kirche und Gesellschaft nachdenkenswert ist."
Aber diese Botschaft kommt offenbar nicht mehr klar genug an. Pater Cornelius reflektiert durchaus selbstkritisch:
"Ich denke, dass wir gerade in unserer Provinz an sehr vielen Orten sehr gute Arbeit machen und auch geschätzt sind von Menschen, weil auch durch unser Leben was rüberkommt. Das sage ich nicht als Werbeblock, das glaube ich. Das andere stimmt genauso: dass ich das Gefühl habe, dass manchmal unser Lebensstil so verbürgerlicht ist, dass er eigentlich keine Aussagekraft mehr hat. Dass es Gemeinschaften gibt, wo das Zusammenleben der Brüder sehr schwierig ist, sehr mühsam ist, wo man nur noch schwer miteinander ins Gespräch kommt. Also was machen wir? Ich denke, wir müssen zweierlei machen, einmal etwas intern tun, also so die Frage: Wie kann unser Leben lebendig bleiben, wie können wir lebendig bleiben? Das ist oft mühsam: Wie kann ich als Provinzial, wie kann eine Provinzleitung, wie kann eine Brüderschaft überhaupt sich ändern? Wir können miteinander sprechen, wir treffen uns, wir lassen uns immer wieder auch von Anderen Impulse geben. Wir versuchen, lebendig zu bleiben – aber das ist ein schwieriger Prozess. Das ist das Eine."
Pater Cornelius Bohl ist Provinzialminister der Deutschen Franziskanerprovinz, die noch vierzig Häuser und rund 360 Brüder zählt. Er und die Schwestern Mediatrix und Alexa beobachten einen großen Umbruch, nicht nur bei den eigenen Ordensgemeinschaften.
Pater Cornelius: "Ich habe gerade die Zahl gehört: Es gibt in Deutschland jedes Jahr 1000 Ordensleute weniger. Dafür gibt es viele Gründe. Das hat, glaube ich, auch viel zu tun mit der gesamtkirchlichen Lage. Kirche ist im Rückzug begriffen, Kirche hat in der Gesellschaft ein relativ schlechtes Image, verkauft sich schlecht. Der Glaube wird weniger, er verdunstet, es gibt die Säkularisierung. Das sind alles Schlagworte, aber da ist was dran. Und das führt auch dazu, dass natürlich geistliche Gemeinschaften, Ordensgemeinschaften insgesamt wenig Nachwuchs haben Häuser schließen müssen, sich kleiner setzen müssen."
Schwester Mediatrix: "Es ist ja ganz einfach ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Es geht uns einfach sehr gut, die Frage nach Gott wird wenig gestellt, wir brauchen Gott nicht."
Schwester Alexa: "Es gibt ja durchaus Menschen, junge Leute, die sich interessieren, die gehen aber dann in andere Arten von Klöstern, die entweder ganz weit an der Front sind oder zurückgezogen leben in kontemplativen Klöstern. Jemand, der bei uns eintritt, kommt in denselben Stress, in dem er vielleicht vorher war und das aber vielleicht nicht möchte. Denn wir müssen gucken, dass wir das geistliche Leben mit unserer Arbeit in Einklang kriegen, und das ist gar nicht so ganz einfach."
Dass dieser Schwund für die Franziskus-Familie eine traurige Entwicklung ist, versteht sich von selbst. Aber gilt das auch für die Gesellschaft? Von welcher Bedeutung sind für den Rest der Welt die Ordensgemeinschaften der Franziskanischen Familie?
Pater Cornelius: "Franziskus war jemand, der den Rand gesucht hat. Die Fratres minores, die minderen Brüder, wollten unten bei den Menschen sein. Ich glaube, das ist ein wichtiges Korrektiv gegen eine Kirche, die immer wieder auch nach Positionen, nach Macht strebt. Die Frage der Armut: Woher definiere ich mich, was ist wirklich wichtig. Ist es die Macht, Besitz, sind es Privilegien, ist es eine gesellschaftliche Stellung - oder kann ich das auch lassen, weil der Reichtum meines Lebens woanders her kommt? Die Brüderlichkeit: Diese Überzeugung von Franziskus, letztlich sind alle Brüder gleich. Alle oberen Ämter sind Dienstämter nur für wenige Jahre und dann verlasse ich diese Aufgabe auch wieder – also ein relativ demokratisches und brüderliches System. Ich glaube, dass diese Punkte schon etwas darstellen, was für Kirche und Gesellschaft nachdenkenswert ist."
Aber diese Botschaft kommt offenbar nicht mehr klar genug an. Pater Cornelius reflektiert durchaus selbstkritisch:
"Ich denke, dass wir gerade in unserer Provinz an sehr vielen Orten sehr gute Arbeit machen und auch geschätzt sind von Menschen, weil auch durch unser Leben was rüberkommt. Das sage ich nicht als Werbeblock, das glaube ich. Das andere stimmt genauso: dass ich das Gefühl habe, dass manchmal unser Lebensstil so verbürgerlicht ist, dass er eigentlich keine Aussagekraft mehr hat. Dass es Gemeinschaften gibt, wo das Zusammenleben der Brüder sehr schwierig ist, sehr mühsam ist, wo man nur noch schwer miteinander ins Gespräch kommt. Also was machen wir? Ich denke, wir müssen zweierlei machen, einmal etwas intern tun, also so die Frage: Wie kann unser Leben lebendig bleiben, wie können wir lebendig bleiben? Das ist oft mühsam: Wie kann ich als Provinzial, wie kann eine Provinzleitung, wie kann eine Brüderschaft überhaupt sich ändern? Wir können miteinander sprechen, wir treffen uns, wir lassen uns immer wieder auch von Anderen Impulse geben. Wir versuchen, lebendig zu bleiben – aber das ist ein schwieriger Prozess. Das ist das Eine."
Wie kann man bei Jugendlichen Interesse wecken?
Das Andere ist das Ziel, besonders junge Menschen anzusprechen – im doppelten Sinn des Wortes. Es ist kein einfaches Unterfangen, in einer durch und durch materialisierten Gesellschaft Interesse für die Botschaft des Franziskus zu wecken, der vor allem das Evangelium ohne Abstriche leben wollte. Aber dass die franziskanische Familie trotz aller Probleme eine Zukunft hat, davon sind die Schwestern Alexa und Mediatrix ebenso überzeugt wie der Provinzialminister Pater Cornelius.
Schwester Alexa: "Ich hab 14 Jahre auf der Straße in der Obdachlosenarbeit gearbeitet, aber das müssen nicht nur Obdachlose sein. Jetzt sind das Alte - alte Schwestern, demente Schwestern zum Teil. Und da merke ich einfach: Wenn man sich auf diesem Feld bewegt, dann ahnt man, was Glauben sein kann oder Nachfolge. Ich empfinde mein Leben als unheimlich reich, wenn ich zurückblicke."
Schwester Mediatrix: "Wir werden nicht untergehen, wir haben auf den Philippinen junge Leute. Es könnte ja auch sein, dass wir in Deutschland noch viel kleiner werden müssen, bis da wieder was Neues beginnt – kann auch sein."
Pater Cornelius: "Das Wichtigste ist, dass von unserer Gemeinschaft etwas ausgeht. Wir müssen präsent sein in Medien und Internet, man muss uns auch irgendwo mal treffen können, natürlich. Aber ich glaube, es wird nur dann jemand sich für uns entscheiden, wen er aus irgendeiner Begegnung mit einem Mitbruder, mit einer Mitschwester, mit einer Gemeinschaft das Gefühl hat: Da ist etwas, die leben etwas, die wollen etwas - in aller Gebrochenheit vielleicht -, was mich fasziniert, was mich anspricht, und deswegen interessiere ich mich dafür und nehme Kontakt auf. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt."
Schwester Alexa: "Ich hab 14 Jahre auf der Straße in der Obdachlosenarbeit gearbeitet, aber das müssen nicht nur Obdachlose sein. Jetzt sind das Alte - alte Schwestern, demente Schwestern zum Teil. Und da merke ich einfach: Wenn man sich auf diesem Feld bewegt, dann ahnt man, was Glauben sein kann oder Nachfolge. Ich empfinde mein Leben als unheimlich reich, wenn ich zurückblicke."
Schwester Mediatrix: "Wir werden nicht untergehen, wir haben auf den Philippinen junge Leute. Es könnte ja auch sein, dass wir in Deutschland noch viel kleiner werden müssen, bis da wieder was Neues beginnt – kann auch sein."
Pater Cornelius: "Das Wichtigste ist, dass von unserer Gemeinschaft etwas ausgeht. Wir müssen präsent sein in Medien und Internet, man muss uns auch irgendwo mal treffen können, natürlich. Aber ich glaube, es wird nur dann jemand sich für uns entscheiden, wen er aus irgendeiner Begegnung mit einem Mitbruder, mit einer Mitschwester, mit einer Gemeinschaft das Gefühl hat: Da ist etwas, die leben etwas, die wollen etwas - in aller Gebrochenheit vielleicht -, was mich fasziniert, was mich anspricht, und deswegen interessiere ich mich dafür und nehme Kontakt auf. Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt."