Der Tier-Versteher
Günter Tembrock gehörte zu den Pionieren der Verhaltensbiologe. Ob Affe oder Fuchs – im einzelnen Tier erkannte er ein Individuum. Der Zoologe hätte wohl einer der ganz großen Forscher auf diesem Gebiet werden können, wenn er nicht in der DDR gelebt hätte.
Er redete mit dem Vieh, den Vögeln und den Füchsen. Der Zoologe Günter Tembrock kannte sich aus mit der akustischen Kommunikation der Tiere, und als ausgebildeter Sänger erklärte er ihre Stimmen am liebsten, indem er sie selbst nachmachte.
"Wenn so halbwüchsige Schimpansen rum hängeln, dann geben sie einfach so aus Jux Laute, die haben keine eigentliche Funktion: Hi-hü-hü-hö-hi-hi-hö-hü-hi-hi – und irgendsowas, also in dieser Art."
"Wenn so halbwüchsige Schimpansen rum hängeln, dann geben sie einfach so aus Jux Laute, die haben keine eigentliche Funktion: Hi-hü-hü-hö-hi-hi-hö-hü-hi-hi – und irgendsowas, also in dieser Art."
Unternahm als erster "bioakustische" Studien
Welche Funktionen haben Laute für die Verständigung der Tiere? Diese Frage hat Tembrock ein Leben lang beschäftigt. 1948 gründete er in Berlin eine Forschungsstätte für "Tierpsychologie", die erste in Deutschland. An Schimpansen und vor allem an Füchsen machte er verhaltensbiologische Beobachtungen und erste "bioakustische" Studien.
Kommentar: "Das bioakustische Laboratorium enthält Geräte zur Aufnahme und Schall-Fixierung sowie zur Analyse der Bänder. Der Laut des neugeborenen Rotfuchses wird über ein Kondensatormikrofon auf Tonband aufgenommen."
"Ja, ´Bioakustik`, das ist eine Disziplin, die er im Prinzip mit begründet hat, zumindest im Deutschen hat er als Allererster von ´Bioakustik` gesprochen."
Andreas Wessel studierte Biologie bei Günter Tembrock und betreut seinen wissenschaftlichen Nachlass.
"Er hat dann auch als Erster eine Vorlesung gehalten über Bioakustik, hat als Erster ein Lehrbuch vorgelegt, und er hat leider diese Vorreiter-Rolle, die er hier spielte, nicht halten können später durch die teilweise Isolation in der DDR."
Nach dem Mauerbau konnte Tembrock nicht mehr ins westliche Ausland reisen und war von der internationalen Gemeinschaft der Verhaltensbiologen abgeschnitten. Trotz seiner wegweisenden Forschung erreichte er nie die Bekanntheit prominenter Fachkollegen wie Konrad Lorenz oder Irenäus Eibl-Eibesfeld. Tembrocks Erkenntnisse erregten Anstoß bei der DDR-Führung und hatten weitere Schikanen zur Folge.
"Post kam zum Teil nicht an, Bücher verschwanden, Tonbänder verschwanden oder kamen aber waren gelöscht. Das hat natürlich die Forschung enorm behindert."
Denn Günter Tembrocks Thesen über angeborene Verhaltensmuster standen im Widerspruch zu der offiziellen Doktrin, dass der Mensch allein von der Gesellschaft geprägt und im besten Fall zu einer "allseits entwickelten sozialistischen Persönlichkeit" wird. Tembrock erkannte im einzelnen Tier ein Individuum, ein Subjekt, mit spezifischen Anlagen, Antrieben und Interessen. Damit ging er auch über Konrad Lorenz und seinen Forschungsansatz der "Ethologie" hinaus.
"Die reine Ethologie war ja immer auf die Beobachtung des Verhaltens, der Bewegungsmuster angelegt. Und das war mir zu eng. Ich wollte es hinterfragen. Wir können, jetzt mal ganz verkürzt gesagt, wenn wir irgendeinen Hund beobachten und sein Verhalten beobachten, dann kann man das sehr schön genau beschreiben in den Bewegungsabläufen, in allen Details. Aber was passiert dahinter? Die Motivation, was ist das? Das können wir eben so nicht beschreiben."
Kommentar: "Das bioakustische Laboratorium enthält Geräte zur Aufnahme und Schall-Fixierung sowie zur Analyse der Bänder. Der Laut des neugeborenen Rotfuchses wird über ein Kondensatormikrofon auf Tonband aufgenommen."
"Ja, ´Bioakustik`, das ist eine Disziplin, die er im Prinzip mit begründet hat, zumindest im Deutschen hat er als Allererster von ´Bioakustik` gesprochen."
Andreas Wessel studierte Biologie bei Günter Tembrock und betreut seinen wissenschaftlichen Nachlass.
"Er hat dann auch als Erster eine Vorlesung gehalten über Bioakustik, hat als Erster ein Lehrbuch vorgelegt, und er hat leider diese Vorreiter-Rolle, die er hier spielte, nicht halten können später durch die teilweise Isolation in der DDR."
Nach dem Mauerbau konnte Tembrock nicht mehr ins westliche Ausland reisen und war von der internationalen Gemeinschaft der Verhaltensbiologen abgeschnitten. Trotz seiner wegweisenden Forschung erreichte er nie die Bekanntheit prominenter Fachkollegen wie Konrad Lorenz oder Irenäus Eibl-Eibesfeld. Tembrocks Erkenntnisse erregten Anstoß bei der DDR-Führung und hatten weitere Schikanen zur Folge.
"Post kam zum Teil nicht an, Bücher verschwanden, Tonbänder verschwanden oder kamen aber waren gelöscht. Das hat natürlich die Forschung enorm behindert."
Denn Günter Tembrocks Thesen über angeborene Verhaltensmuster standen im Widerspruch zu der offiziellen Doktrin, dass der Mensch allein von der Gesellschaft geprägt und im besten Fall zu einer "allseits entwickelten sozialistischen Persönlichkeit" wird. Tembrock erkannte im einzelnen Tier ein Individuum, ein Subjekt, mit spezifischen Anlagen, Antrieben und Interessen. Damit ging er auch über Konrad Lorenz und seinen Forschungsansatz der "Ethologie" hinaus.
"Die reine Ethologie war ja immer auf die Beobachtung des Verhaltens, der Bewegungsmuster angelegt. Und das war mir zu eng. Ich wollte es hinterfragen. Wir können, jetzt mal ganz verkürzt gesagt, wenn wir irgendeinen Hund beobachten und sein Verhalten beobachten, dann kann man das sehr schön genau beschreiben in den Bewegungsabläufen, in allen Details. Aber was passiert dahinter? Die Motivation, was ist das? Das können wir eben so nicht beschreiben."
Aufnahmen von lachenden Affen
Mit der Frage nach der Motivation und nach dem bewussten Erleben, das dem Verhalten zugrunde liegt, hat Tembrock heutige Forschungen zur Intelligenz und emotionalen Kompetenz von Tieren vorweggenommen. In seiner Stimmensammlung finden sich sogar Aufnahmen von lachenden Affen – etwa die einer Gorilladame, die sich gerne kitzeln ließ.
"Die kam dann sofort rückwärts ans Gitter, stand dann so da, dass man von hinten sie unter den Arm packen konnte, …und dann fing die an: Uh-uh-he-he-he-he-he, so ungefähr zu reagieren, das ist aufgenommen, das ist im Archiv."
Wer Tieren so genau zuhört, wie es Günter Tembrock konnte, der erkennt in jedem von ihnen eine unverwechselbare Persönlichkeit.
"Die kam dann sofort rückwärts ans Gitter, stand dann so da, dass man von hinten sie unter den Arm packen konnte, …und dann fing die an: Uh-uh-he-he-he-he-he, so ungefähr zu reagieren, das ist aufgenommen, das ist im Archiv."
Wer Tieren so genau zuhört, wie es Günter Tembrock konnte, der erkennt in jedem von ihnen eine unverwechselbare Persönlichkeit.