Bei Marianne Faithfull zu Hause in Paris
Die Sixties würden heute regelrecht verklärt, sagt Marianne Faithfull, die diese Zeit mit Drogen, stürmischen Affären und endlosen Tourneen erlebt hat. Seit Jahren wohnt die britische Sängerin in Paris und wird nun 70 Jahre alt.
"Ich habe 15 Jahre in Irland gelebt – und das war toll. Doch irgendwann kam mir die Insel zu klein vor, und ich hatte das Gefühl, dass es an der Zeit ist, in eine echte Metropole zurückzukehren. Wobei ich auf keinen Fall nach London wollte – also bin ich nach Paris. Und ich liebe die Stadt. Ich bekomme hier alles, was ich brauche, ich habe Freunde, ich bin glücklich."
Ein Bekenntnis, das aus ihrem Mund irgendwie seltsam klingt. Denn Marianne Faithfull ist kein Mensch, der Zufriedenheit ausstrahlt – im Gegenteil: Eine alte, gebrechliche Frau mit Hüftleiden und Hepatitis C, die von jahrelanger, systematischer Selbstzerstörung gezeichnet ist, und nichts mehr von der betörenden Schönheit der Swinging Sixties hat. Damals verkehrte die gebürtige Baroness von Sacher-Moser in der Kunstszene, wurde Popstar, hatte eine Affäre mit Mick Jagger und versank in einem Sumpf als Sex und Drogen. Alles Mythen und Legenden, so die Faithfull, die sich als Opfer der britischen Presse und gesellschaftlicher Doppelmoral sieht:
"Ich war nie so wild, wie alle glauben. Seit ich einen Computer habe, lese ich im Internet diese unglaublichen Fantasien, die Leute in Bezug auf mich haben. Was mich regelrecht umhaut. Und obwohl ich ihre Träume nicht zerstören möchte, so stimmen sie doch einfach nicht. Ich habe nie an irgendwelchen Orgien teilgenommen. Das war nicht mein Ding. Aber natürlich kann man niemanden hindern, davon zu fantasieren. Also: Was soll´s?"
Ein Bekenntnis, das aus ihrem Mund irgendwie seltsam klingt. Denn Marianne Faithfull ist kein Mensch, der Zufriedenheit ausstrahlt – im Gegenteil: Eine alte, gebrechliche Frau mit Hüftleiden und Hepatitis C, die von jahrelanger, systematischer Selbstzerstörung gezeichnet ist, und nichts mehr von der betörenden Schönheit der Swinging Sixties hat. Damals verkehrte die gebürtige Baroness von Sacher-Moser in der Kunstszene, wurde Popstar, hatte eine Affäre mit Mick Jagger und versank in einem Sumpf als Sex und Drogen. Alles Mythen und Legenden, so die Faithfull, die sich als Opfer der britischen Presse und gesellschaftlicher Doppelmoral sieht:
"Ich war nie so wild, wie alle glauben. Seit ich einen Computer habe, lese ich im Internet diese unglaublichen Fantasien, die Leute in Bezug auf mich haben. Was mich regelrecht umhaut. Und obwohl ich ihre Träume nicht zerstören möchte, so stimmen sie doch einfach nicht. Ich habe nie an irgendwelchen Orgien teilgenommen. Das war nicht mein Ding. Aber natürlich kann man niemanden hindern, davon zu fantasieren. Also: Was soll´s?"
Bis zum freien Fall
Überhaupt – so die Faithfull – würden die Sixties heute regelrecht verklärt. Dabei habe man de facto nichts bewegt oder verändert, sondern sich lediglich an Selbstgefälligkeit und Arroganz vergangen – und sei langweilig und oberflächlich gewesen. Wie Mick Jagger, der sich nie wirklich um sie gekümmert habe, und den sie nach einer Fehlgeburt verlässt. Danach erlebt sie den freien Fall: Sie wird obdachlos und heroinabhängig. Erst Anfang der 80er – nach ihrem Comeback mit dem Album "Broken English" – kriegt sie ihr Leben, ihre Karriere und ihre Sucht in den Griff.
"Ich weiß nicht mehr, warum ich damals Drogen genommen habe. Ich muss eine gewisse Leere gespürt haben. Oder da war etwas in mir, das ich mit Drogen heilen wollte. Heute kann ich es nicht fassen, dass ich das getan, geschweige denn genossen habe. Aber ich schätze, das habe ich."
"Ich weiß nicht mehr, warum ich damals Drogen genommen habe. Ich muss eine gewisse Leere gespürt haben. Oder da war etwas in mir, das ich mit Drogen heilen wollte. Heute kann ich es nicht fassen, dass ich das getan, geschweige denn genossen habe. Aber ich schätze, das habe ich."
Selbstanalysen, die von wenig Nostalgie und noch weniger Reue zeugen. Die Faithfull distanziert sich nicht von dem, was sie getan hat. Sie scheint sogar ein bisschen stolz darauf. Genau wie auf ihr Image als "Mutter aller Rock-Chicks", das für anhaltendes Medien- und Publikumsinteresse sorgt. Und für berühmte Bekannte aus Film, Literatur und Musik. Wie die Rolling Stones, von denen sie nach wie vor schwärmt. Nur mit Mick Jagger tut sie sich schwer.
"Er ist OK. Aber wen ich wirklich liebe, ist Keith. Er ist freundlicher als Mick. Und ich mag Männer. Es ist nur so, dass ich nie besonders viel Glück mit Beziehungen hatte. Auch, wenn meine letzte fast 15 Jahre gehalten hat – was ja nicht schlecht ist. Aber dann hat er sich in jemand anderen verliebt und ich war verzweifelt."
Ohne Ersparnisse, mit angeschlagener Gesundheit
Ihr Leben, so scheint es, ist wie ihre Songs: Voller Drama und Morbidität. Trotzdem macht sie immer weiter – weil sie gar nicht anders kann: Ohne Ersparnisse, mit angeschlagener Gesundheit, einer teuren Wohnung im Zentrum von Paris und einem kostspieligen Lifestyle, ist sie quasi zum Arbeiten verdammt. Was 15 Alben im Zwei-bis-Drei-Jahrestakt, Auftritte in TV-Serien und Arthaus-Filme, aber auch unzählige Konzerte erklärt. Da würde sie auf Dauer gerne etwas kürzer treten.
"Ich kann nicht mehr so viel Touren wie früher. Das wird immer schwieriger. Nur: Ich habe nicht vor, die Musik an den Nagel zu hängen. Die alten Blues-Sänger und Künstler wie Juliette Gréco arbeiten ja auch noch mit 80. Von daher ziehe ich mich nicht zurück, lasse es aber ein bisschen lockerer angehen."
Somit sind Rente und Rückzug vorerst kein Thema. Wohl aber ein neues Album, das sie 2017 in Angriff nehmen will, und ein paar kleinere Filmrollen, die sie als großen Spaß erachtet. Bis es soweit ist, sagt sie, müsse sie erst einmal den Rummel um ihren 70. Geburtstag aussitzen, der ihr eindeutig zu viel ist. Was sich auch in der Gestaltung des heutigen Tages niederschlägt:
"Ich mache gar nichts, sondern gehe einfach rüber ins Costes und habe ein nettes Abendessen. Vielleicht besuche ich danach noch Etienne Daho – wenn er in Paris ist. Oder ich schaue bei Freunden vorbei. Also etwas ganz Ruhiges!"
"Ich kann nicht mehr so viel Touren wie früher. Das wird immer schwieriger. Nur: Ich habe nicht vor, die Musik an den Nagel zu hängen. Die alten Blues-Sänger und Künstler wie Juliette Gréco arbeiten ja auch noch mit 80. Von daher ziehe ich mich nicht zurück, lasse es aber ein bisschen lockerer angehen."
Somit sind Rente und Rückzug vorerst kein Thema. Wohl aber ein neues Album, das sie 2017 in Angriff nehmen will, und ein paar kleinere Filmrollen, die sie als großen Spaß erachtet. Bis es soweit ist, sagt sie, müsse sie erst einmal den Rummel um ihren 70. Geburtstag aussitzen, der ihr eindeutig zu viel ist. Was sich auch in der Gestaltung des heutigen Tages niederschlägt:
"Ich mache gar nichts, sondern gehe einfach rüber ins Costes und habe ein nettes Abendessen. Vielleicht besuche ich danach noch Etienne Daho – wenn er in Paris ist. Oder ich schaue bei Freunden vorbei. Also etwas ganz Ruhiges!"