Zum 75. von Janis Joplin

Rocklegende und feministische Ikone

Aufnahme der Sängerin Janis Joplin (undatiertes Archivbild)
Die US-amerikanische Rock-Sängerin Janis Joplin (1943 - 1970) © picture-alliance / dpa
Von Rebecca Hillauer · 19.01.2018
Kurzes Leben, große Wirkung: Janis Joplin hat, obwohl sie schon mit 27 Jahren starb, das Frauenbild in der Rockmusik nachhaltig verändert. Leider zerstörte sie nicht nur althergebrachte Vorstellungen von Weiblichkeit, sondern auch sich selbst. Am 19. Januar wäre sie 75 geworden.
Janis Joplin: "Sie mochten mich dort nicht. Es war wie in allen Kleinstädten: Wenn du aus der High-School kamst, solltest du gleich heiraten, eine Brut von Kindern bekommen und deinen Mund halten. Und ich habe nichts davon getan."
Janis Joplin wächst in einer Kleinstadt in Texas auf. Eine kulturelle und geistige Einöde im konservativen "Bibel-Gürtel" der USA. In der High-School ist Janis eine Außenseiterin. Pummelig und unter starker Akne leidend, fragt sie sich oft, ob sie begehrenswert sei. Statt braver Schulkleidung trägt sie enge kurze Röcke und weite Männerhemden. Weil sie sich offen gegen die Rassentrennung stellt, wird sie als "Nigger-Lover" und "Sau" beschimpft.

Ständiger Kampf gegen die Drogensucht

In den Musikkneipen im benachbarten Louisiana findet Janis Joplin ein Ventil: Sie entdeckt den Blues. Als Kind hatte sie im Kirchenchor gesungen, ist vertraut mit den in Ekstase ratenden Gospel-Chören. Die Folk- und Bluessängerin Juliane Gabriel:
"Sie hat im Grunde diese extrem religiösen Gesänge, die immer in die höchsten Höhen gehen, diesen Raum hat sie genommen und hat da den Blues rein gepackt. Das ist ja dieses "Aah Yeah!" Wenn du jetzt mit dem quasi den Teufel verkündigst im Häkchen, im Sinne von dem Blues - einen spirituellen Blues eigentlich – oder so, also die Sexualität verkündest, dann ist das natürlich revolutionär."
Aufnahme der Sängerin Janis Joplin.
Die Sängerin Janis Joplin.© dpa / picture alliance
1963 schmeißt Janis Joplin ihr Kunststudium hin und zieht nach San Francisco, das Zentrum der heraufziehenden Hippie-Kultur. Als eine der Ersten verbannt sie alle Büstenhalter aus ihrem Kleiderschrank. Mit ihrem Erfolg als Sängerin wächst auch ihr Alkohol- und Drogenkonsum. Immer wieder schafft sie es, für kurze Zeit clean zu werden, einmal verlobt sie sich sogar und will heiraten.
Juliane Gabriel: "Da war sie, glaube ich, ganz in ihren Wunschvorstellungen und in das Traditionelle eingebunden. Und die Musik hat aber etwas anderes in ihr freigesetzt. Sie hat dieses Verlangen. Die gezähmte Frau zügelt ihr Verlangen. Und sie hat dieses Verlangen nach dieser Musik: 'Ich will dieses Gefühl haben, wenn ich singe. Ich will das unbedingt und ich kriege das unbedingt.' Und das ist das, was so wild oder so außergewöhnlich an ihr war."

Starke Emotionen und Wahrhaftigkeit

Auf der Bühne ist Janis Joplin hemmungslos, im privaten Leben fühlt sie sich oft unglücklich und zerrissen. Ist verletzt von hämischer Kritik. Das Publikum ahnt davon nichts. Insbesondere Frauen sehen in ihr ein Symbol der Stärke – der erste weibliche Superstar der Rockgeschichte. Der Journalist David Dalton:
"Sie benahm sich auch völlig anders, als es für männliche Rock-Stars üblich war. Ein Mick Jagger würde sich nie über seine innersten Gedanken und Gefühle auslassen. Janis dagegen teilte das weibliche Interesse an Emotionen und an einer gewissen Wahrhaftigkeit."
An ihrem 27. Geburtstag schreibt Janis Joplin an ihre Eltern:
"Talent haben viele. Aber Ehrgeiz ist der entscheidende Faktor. Wie sehr du es brauchst, geliebt zu werden und stolz auf dich zu sein, das treibt dich wirklich an – und nicht dein lästiges Streben nach Stellung oder Geld."
Neun Monate später stirbt Janis Joplin an einer Überdosis Heroin. Ihr Album "Pearl" ("Perle"), an dem sie bis zuletzt arbeitete, wird posthum Nr. 1.
Ihre Stärke, trotz innerer Unsicherheit ihre Emotionen öffentlich Preis zu geben, erleichterte es Sängerinnen nach ihr, Frau und Künstlerin zugleich zu sein. Janis Joplin artikulierte den Zorn und die Enttäuschung der Frauen, bevor der Feminismus dies legitimierte. Indem sie sich weigerte, hübsch zu klingen oder auszusehen, nahm sie die Zerstörung des herkömmlichen Frauenbilds vorweg. Ihr Erfolg zeigte, dass Frauen nicht per se Opfer sind. Oder, wie Janis Joplin es ausdrückte:
"Eine Frau, die sich nicht damit begnügt, einem Mann das Geschirr zu waschen, kann alles erreichen, was sie will."
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