Warum über Sex reden wichtig ist
Wie sprechen wir heute – am 90. Geburtstag von Sexualtherapeutin "Dr. Ruth" – über Sex? Offen über Sex reden können wir heute nicht besser als damals, kritisiert Sexualwissenschaftler Martin Dannecker.
"Sie hat angefangen so zu tun, als ob man selbstverständlich über Sexualität sprechen könnte", sagt Sexualwissenschaftler Martin Dannecker über "Dr. Ruth", die wohl bekannteste Sexualtherapeutin in den USA. Damit habe sie "die Normalität" repräsentiert. "Und das war sehr verführerisch." Zahlreiche Ratgeber hat sie geschrieben, in ihrer Radiokolumne Sextipps gegeben.
Porno-Flut - alles nur Fassade
Doch wie offen sprechen wir heute – am 90. Geburtstag von "Dr. Ruth" – über Sex? Klar, im Internet lassen sich Pornos aller Spielarten ansehen. Aber sind wir dadurch wirklich offener geworden? – Keinesfalls, meint Sexualwissenschaftler Dannecker. Die Bilderflut sei nur eine Fassade, "insofern, als dass wir eine gigantische Darstellung von Sexualität haben. Aber wir können nicht sehr viel besser über Sexualität im intimen Zusammenhang sprechen, als wir das vor 20, 30 oder 40 Jahren konnten." Mit anderen Worten: Trotz Porno-Flut fällt es uns nach wie vor schwer, unsere Wünsche und Bedürfnisse gegenüber unserem Partner zu äußern.
Im Internet wird "viel offener" über Sex gesprochen
Das Bedürfnis, über Sex zu sprechen, sei aber da, meint Dannecker. Das merke man auch daran, dass in bestimmten Foren "ganz anders und sehr viel offener" über Sexualität gesprochen werde, als es in "intimen Kontakten der Fall oder möglich" sei. "Da fällt eine Hemmung." Insofern habe das Internet schon zu einer gewissen sexuellen Befreiung beigetragen.
Dass das Netz mit der Vielzahl an pornografischen Darstellungen falsche Vorstellungen von Sexualität weckt, glaubt Dannecker nicht. Schließlich würden die meisten Menschen wissen, dass es sich dabei nicht um die Realität handele. (lk)