Zum Abschied von Fritz von Thurn und Taxis

"Huiii! Ein Hüüüüne!"

Fritz von Thurn und Taxis kommt am Mittwoch (23.02.2011) zur Sky - 3D-Premiere der Oper "Lucrezia Borgia" in München (Oberbayern).
Mit dem dritten sieht man besser? Sportkommentatorenlegende Fritz von Thurn und Taxis hört am Samstag auf. © picture alliance / dpa / Volker Dornberger
Von Matthias Dell |
Wenn morgen Frankfurt und Dortmund im DFB-Pokalfinale aufeinandertreffen, hat einer sein Abschiedsspiel, der gar nicht auf dem Platz steht: Fritz von Thurn und Taxis, Sportreporter-Urgestein und Legende. Matthias Dell über einen der Großen dieser Zunft.
"Herzlich Willkommen, meine Damen und Herren!"
Zum letzten Mal wird Fritz von Thurn und Taxis morgen sein Publikum begrüßen. Zum letzten Mal Auskunft über die eigene Verfassung geben:
"Also, wir sind gut präpariert, gut gegessen, ausreichend getrunken, das reicht mindestens für 120 Minuten, vielleicht sogar für ein Elferschießen."
Zum letzten Mal das Wetter würdigen:
"So, meine Damen und Herren, die Sonne scheint noch rein."
Sich dabei vielleicht auch ein bisschen verheddern – zum letzten Mal:
"Von der Sonne hab ich nichts gesehen heute, es hat geschüttet, Regen ohne Ende, gestern auch schon, morgen isses wieder soweit, aber..."

Wo Namen Schall und Rauch sind

Aber – das gehört ja schon dazu, zur Begeisterung für Fritz von Thurn und Taxis und seine Kunst der Fußballkommentierung. Ebenso wie nicht immer nicht richtig erkannte Spieler:
"Ribery, nein, Ribery – Robben."
Oder nicht immer richtig ausgesprochene Spielernamen:
"Vinschencho Grifo für Bulut."
Alles halb so wild, denn das Aussprechen selbst war Fritz von Thurn und Taxis eine große Freude:
"Dann kommt: Bicakcic, wunderbar, dass ich ihn so rausbringe!"
Dass man sich Einschlafpodcasts wünscht, auf denen der Reporter nichts anderes macht, als Fußballspielernamen aufzusagen
"Zlatko Junuzovic / Sokratis Papastathopoulos / Szalai, nicht Wagner / Robben, Arjen Robben / Uth, noch dazwischen / Serge Gnabry / Abrashi, Söyünci für die Abwehr / Mit Kruse und Bartels / Achtung, noch mal Kramaric / Ohne Florian Grillitsch / Mike Frantzsss / Und da, Saneee!"

Kecke Berliner und baumlange Innenverteidiger

Oder in denen der hochaufgeschossene Österreicher, der lange Wahlmünchner Leute attributiert, wie man das in der Nachkriegszeit gemacht hat: über Äußerlichkeiten ...
"Ein Hüne, um es noch mal zu sagen / Er ist kein Riese / Der baumlange Innenverteidiger / Für den Mann mit dem blond gefärbten Kinnbärtchen..."
Oder durch Nationalitäten und Landsmannschaften:
"Der Brasilianer / Da schaut er böse, der Österreicher / Der lange Sachse / Da ist der kecke Berliner/ Für den Chilenen / Diesen baskischen Ausnahmekönner / Ein Rheinhesse / Der unersättliche Holländer / Dann grüßt er wie ein griechischer Feldherr, der aus erfolgreicher Schlacht zurückkehr / Monsieur/"
Sei es aus adeliger Dispostion
"Also, der Kittelmann ist pardoniert!"
Oder ob des Umstands, dass er seit 46 Jahren Sport kommentiert –
"Fast so wie Kutzop damals gegen Jean-Marie Pfaff, fällt mir spontan ein"
– in der Sprache von Fritz von Thurn und Taxis hat eine überkommene Schönheit überlebt, von der andere gar nichts ahnen.

Lyrisch anmutender Sprachgebrauch

Der Zauber von Bildung,
"Er geht ins Museum, er geht in die Oper, er liest"
der seinen Ausdruck findet in lyrisch anmutendem Sprachgebrauch. Den Stabreim
"Die Glatze glänzt // aggressiv anlaufend"
beherrscht er wie die Tautologie
"Und dann vergehen die Minuten halt, wie sie so vergehen"
Und einen Sinn für Rhythmus hat er eh
"Da ist alles flach, da ist alles grün, da ist alles saftig"
Oder müsste man statt eher sagen:
"Ein Gefüühl"
Denn bei allen Schrulligkeiten: Fritz von Thurn und Taxis muss man sich zum einen als einen empathischen Zeitgenossen vorstellen
"Also, ich freu mich, dass ich ihn wenigstens seeehe, wenn ich schon mit ihm nicht sprechen kann. Er ist ein bisschen verbittert, er zieht sich zurück auf seine Weinplantagen in Südafrika und spricht mit niemanden mehr, es tut mir in der Seele weh!"

Einer, der seinem Temperament freien Lauf ließ

Und zum anderen als denkbar größtem Mitfieberer. Wo andere kokettieren mit ihrer Eitelkeit oder Angst haben vor dem Fehltritt, lässt Fritz von Thurn und Taxis seinem Temperament freien Lauf.
"Boaach, das ist ja grotesk / Huiii, ein Donnerschlag / Ooacch, poch / Ohja hohoho"
Und amüsiert sich selbst am besten
"Hahaha!"
Kurz:
"Da ist immer Tratra / da war immer Rambazamba. Ja, die Leute sind total begeistert!"
Aber eh uns jetzt die Tränen kommen, rufen wir noch ein letztes Mal:
"Ooooi!"
Und verabschieden uns in aller Nüchternheit von einem Ausnahmekönner.
"So, und jetzt konzentrieren wir uns aufs Spiel!"
Mehr zum Thema