Ein letztes Ausrufezeichen
Am Donnerstag starb im Alter von 83 Jahren der Schriftsteller und Literaturkritiker Fritz J. Raddatz. Ausgerechnet am Tag vor Erscheinen seines letzten Buchs setzte er seinem Leben ein Ende. "Ein letztes Ausrufezeichen", meint Helmut Böttiger.
Zeitlebens war der Schriftsteller und Literaturkritiker Fritz J. Raddatz für das Recht auf einen selbstbestimmten Tod eingetreten. Am Donnerstag nahm sich der frühere Feuilleton-Chef der "Zeit" im Alter von 83 Jahren das Leben - einen Tag vor Erscheinen seines Buches "Jahre mit Ledig. Eine Erinnerung".
Raddatz' Tod sei ein "selbstbestimmter Tod", dessen Zeitpunkt nicht zufällig gewählt worden sei, meint der Schriftsteller und Literaturkritiker Helmut Böttiger. Es sei auch ein feuilletonistischer Tod: "Im Grunde noch ein letztes Ausrufezeichen, kann man fast sagen."
Das Feuilleton als Fürstentum
Böttiger würdigte Raddatz als "eine große Figur, die tatsächlich autonom etwas gelebt hat, eine unabhängige Existenz im Feuilleton, im Kulturleben der Bundesrepublik".
Einen solchen Typus finde man im heutigen Feuilleton nicht mehr. "Das waren kleine Feldherren, das waren Leute, die wirklich eine Allmacht hatten und diese Allmacht auch ausgelebt haben." Damals habe sich ein Feuilletonchef nicht hereinreden lassen, nicht einmal vom Chefredakteur. "Da gab es auch die Parole 'Redigieren ist Faschismus'. Die haben ihre Artikel nicht gegenlesen lassen, die haben das geschrieben, ins Blatt gesetzt ohne irgendeine Kontrolle. Das waren kleine Fürstentümer."
Die Medienstruktur heute sei extrem anders, so Böttiger. "Was damals Enzensberger war, Heinrich Böll, Günter Grass, das sind heute Harald Schmidt oder Stefan Raab."