Der Schriftsteller Nico Bleutge, Jahrgang 1972, sagt, Barbara Köhlers Lyrik habe ihn inspiriert. Besonders ihr großes Sprachbewusstsein, ihre Zurückhaltung und gleichzeitige große Offenheit. Hören Sie das Gespräch mit Nico Bleutge aus der "Lesart":
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Über das Herstellen von Textflächen
07:51 Minuten
Die Lyrikerin und Essayistin Barbara Köhler sei in der DDR unter anderem "Facharbeiterin für textile Flächenherstellung" gewesen, daran erinnert die Schriftstellerin Annett Gröschner. Beim Schreiben sei sie ähnlich vorgegangen.
Sie komponierte Texte für öffentliche Räume und private Gedichte, schuf Hörbilder und veröffentlichte zahlreiche Gedichtbände und Essays: die Lyrikerin und Essayistin Barbara Köhler. Menschen, die Barbara Köhler näher kannten, schwärmten von ihrer Fähigkeit, Wort- und Klangräume zu öffnen. Am Freitag ist sie nach langer Krankheit mit 61 Jahren gestorben.
Die Schriftstellerin Annett Gröschner erinnert daran, dass Barbara Köhler in der DDR unter anderem "Facharbeiterin für textile Flächenherstellung" gewesen sei: "Letztendlich hat sie das ja dann auch weitergemacht, sie hat halt Textflächen hergestellt und auch verschiedene Genres miteinander verwoben. Sie hat aber gleichzeitig, und das hat auch wieder etwas mit Können zu tun, auch die strengen Versformen gekannt." Köhlers Reime seien keine regelmäßigen Reime gewesen: Sie sei aus einer noch sehr strengen Verslehre gekommen, doch man habe damals gern die Grenzen überschritten. Barbara Köhler sei auch eine großartige Essayistin gewesen und sie habe viel mit Gedichten im öffentlichen Raum gearbeitet.
Suche nach einem "weiblichen Schreiben"
Gröschner und Köhler lernten sich vor gut drei Jahrzehnten in Leipzig kennen, wo Barbara Köhler studierte. Sie hätten damals nach einer Poetik gesucht, "mit der man sprechen kann als Frau", nach einem "weiblichen Schreiben", ohne das so zu nennen. "Das war ja nicht selbstverständlich. Die Autorinnen, die wir kannten, Silvia Plath oder Inge Müller, die waren alle durch Selbstmord gestorben." So auch Marina Zwetaewa. "Ingeborg Bachmann war auch nicht an einem natürlichen Tod gestorben. Wir wollten aber leben."
Autorinnen würden von der nächsten Generation schnell wieder vergessen werden, sagt Gröschner. Doch das müsse sich ändern: "Ich glaube, dass jetzt die Zeit ist, das zu unterbrechen, und das immer wieder in die nächste Generation zu tragen: zu sagen, hier waren Frauen die geschrieben haben, das haben sie gemacht, kuckt euch das an, damit man nicht immer wieder von vorne anfängt."
Barbara Köhler lebte seit Anfang der 90er-Jahre in Duisburg. Sie erhielt zahlreiche Preise, darunter 2016 den Peter-Huchel-Preis für deutschsprachige Lyrik.
(cre/abr)