Der Schöpfer des Bossa Nova
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Unvergessen ist sein "Girl from Ipanema". Der Song mit seiner federleichten Mischung aus entschleunigter Samba und Cool Jazz machte den brasilianischen Musiker João Gilberto weltberühmt. Jetzt ist er im Alter von 88 Jahren gestorben.
"Chega de Saudade" – eine Minute 59 Sekunden Sehnsucht. Und ein Rhythmus, der die Welt veränderte. Es war der Juli 1958, als João Gilberto, ein bis dahin völlig unbekannter Musiker, im Odeon Studio von Rio de Janeiro auflief und "Chega de Saudade" einspielte, übersetzt – "Nie wieder Sehnsucht".
"Ich war vollkommen verrückt nach dieser Neuheit. Nach dieser Poesie, die etwas Klassisches hatte und gleichzeitig über ganz gewöhnliche Dinge sprach. Chega de Saudade hat mein Leben verändert", erinnert sich Gilberto Gil, Musiker und ehemaliger Kulturminister Brasiliens. Es war die Geburtsstunde eines Künstlers und eines völlig neuen Musikstils: Bossa Nova, diese federleichten Mischung aus entschleunigter Samba und Cool Jazz Elementen.
Weicher, wispernder Gesang
Komponiert wurde der Song von Antonio Carlos Jobim, getextet von Vinícius de Moraes, weltberühmt aber machte ihn der Sound des 1931 in Bahia geborene Sängers und Gitarristen João Gilberto. Das synkopisch versetzte Gitarrenspiel und dieser weiche, wispernde Gesang - der Musiker Sergio Ricardo gerät noch heute ins Schwärmen.
"Die Akkorde, die er auf der Gitarre entdeckte, sind fantastisch. Und dann diese Art zu singen. Er warf seine Stimme nicht einfach nach vorne, er benutzte nicht sein ganzes Volumen. Er sang wie mit einem Schalldämpfer. Diese Art zu singen charakterisiert seine Persönlichkeit. Und sie gibt seiner Musik eine große Leichtigkeit."
Der Sound wurde im Badezimmer geboren
Entwickelt haben soll João Gilberto diesen Sound übrigens im Badezimmer seiner Schwester, fern von Rio im Bundesstaat Minas Gerais und voller Schwere. Gilberto hatte sich Mitte der 1950er Jahre zurückgezogen, ein hochtalentierter Künstler, aber launisch und ohne musikalische Erfolge. Gilberto raucht Unmengen von Marihuana, pennt bei Freunden auf der Couch, rutscht in die Depression – im Bad seiner Schwester fand er zu sich selbst und zu seinem unverwechselbaren Klang.
Zurück in Rio de Janeiro bildet er mit Antonio Carlos Jobim und Vinicius de Moraes das magische Trio des Bossa Nova – das Generationen von Musikern inspirierte, wie Caetano Veloso: "Als er nach Rio kam, hat er alle anderen beeinflusst. Tom Jobim hat ab da ganz anders komponiert, weil ihn Joãos Art Gitarre zu spielen so beeinflusste. Und Vinicius de Moraes schrieb auch anders. Alle wurden von Joãos Erfindung beeinflusst."
Es sind die goldenen Jahre eines Brasiliens in Aufbruchstimmung – und der Bossa Nova wird zum Soundtrack dieses neuen Lebensgefühls. Einer sommerlichen Leichtigkeit, der sich eine junge weiße Mittelschicht an Rios berühmten Stränden hingibt.
"Girl from Ipanema" brachte den Durchbruch
Mit dem berühmten Song "Girl from Ipanema", das Mädchen von Ipanema, schwappt der Bossa Nova Anfang der 1960er-Jahre auch in die USA. João Gilberto und seine Freunde Tom Jobim und Vinicius de Moraes nehmen dort zusammen mit dem US-Saxofonisten Stan Getz ein Album auf – mit der Stimme von Gilbertos damaliger Frau Astrud, die ihn später für Getz verließ.
Ende 1979 kehrt Gilberto nach Rio de Janeiro zurück. Einen seiner letzten Auftritte hatte er 2008 in Salvador da Bahia – die letzten Jahre lebte er vereinsamt und hochverschuldet in Rio de Janeiro, seine Familien stritt bis zuletzt um die Vormundschaft. Geblieben ist der Bossa Nova. Er hat bis heute einen festen Platz nicht nur in Brasilien.