Sanfter Mann mit Lust an der Provokation
Der syrische Philosoph Sadiq Al-Azm ist tot. Der Islamwissenschaftler Stefan Weidner würdigt den 82-Jährigen als einen der bekanntesten Intellektuellen der Arabischen Welt.
Der vielfach ausgezeichnete Denker Sadiq Al-Azm, der am Sonntag in Berlin gestorben ist, lebte seit vier Jahren im deutschen Exil. Der syrische Philosoph beschäftigte sich intensiv mit der Philosophie Immanuel Kants, dessen Beitrag zur ideengeschichtlichen Aufklärung ihn maßgeblich beeinflusste. Al-Azm lehrte in Damaskus und Beirut, in Princeton und in Berlin. Seine Bücher, die er auf Arabisch und Englisch publizierte, sind in den meisten arabischen Ländern verboten.
Streit um seine Person
"Er war einer der bekanntesten Syrer, die früh in die Opposition gingen", sagte der Schriftsteller und Islamwissenschaftler Stefan Weidner im Deutschlandradio Kultur. Al-Azm sei einer der bekanntesten Intellektuellen in der Arabischen Welt gewesen, spätestens seit Ende der 1960er Jahre. Damals habe er zwei Bücher veröffentlicht, in denen er die arabische und religiöse Mentalität stark kritisiert habe. "Seitdem gab es einen großen Streit um seine Person." Da er sich auf die Seite der Opposition und für mehr Bürger- und Menschenrechte in Syrien einsetzte, dann bedeutete dies sehr viel.
Traurige Symbolik
Weidner sprach davon, dass es von trauriger Symbolik sei, dass der Tod dieses brillanten Intellektuellen mit dem Zusammenbruch der syrischen Opposition in Aleppo zusammenfalle, auch wenn diese Opposition sehr stark religiös geprägt war und nicht von Al-Azm unterstützt wurde. "Aber er selbst war aktiv bei den säkularen Oppositionskräften." Trotz seiner Lust an der Provokation sei der Philosoph im persönlichen Kontakt ein sanfter Mann gewesen, schilderte Weidner seine letzte Begegnung vor einiger Zeit in Berlin.