Der Gott des Betons
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Gottfried Böhm, einer der bekanntesten Kirchenarchitekten der Nachkriegszeit, ist gestorben. Seine Gebäude waren von Beton geprägt. Die Kunsthistorikerin Miriam Kremser streicht besonders die bildhauerischen Qualitäten seiner Entwürfe heraus.
Der Kölner Architekt Gottfried Böhm ist im Alter von 101 Jahren gestorben. Böhm wurde durch spektakuläre Kirchenbauten berühmt. Besonders in der Nachkriegszeit war er einer der gefragtesten Architekten.
Stahl, Glas und jede Menge Beton
Eines seiner bekanntesten als auch umstrittensten Gebäude ist die Wallfahrtskirche in Neviges bei Düsseldorf, die er aus Stahl, Glas und viel Beton bauen ließ. Das Gebäude sorgte schon nach seiner Eröffnung 1968 für heftige Diskussionen. Viele empfanden die zerklüftete Kirche als Zumutung und verspotteten sie als "Gottesgebirge".
Die Kunsthistorikerin Miriam Kremser sieht in der Form tatsächlich "eine Art Gebirge". Das Besondere sei, dass sich die Kirche in dem Dorf Neviges überaus deutlich von der Umgebungsarchitektur abhebe, sagt sie. Dort stünden viele Giebel- und Fachwerkhäuser.
Ein Bildhauer, der Architekt wurde
Sie empfinde die Kirche als Bereicherung, betont die Kunsthistorikerin. An ihr könne man sehen, dass Gottfried Böhm verschiedene Leidenschaften gehabt habe: "Bevor er den Architektenberuf ergriffen hat, hat er noch mit dem Gedanken gespielt, Bildhauer zu werden."
Von außen würden Böhms Kirchen meist wie riesige Skulpturen wirken. Doch drinnen offenbarten die Gebäude dann noch andere Qualitäten, so Kremser. Die Wallfahrtskirche in Neviges sehe beim Hineingehen wie eine dunkle Höhle aus, allmählich träten kleine Lichter aus Dachluken kommend hervor.
Der Raum werde durch die ebenfalls von Böhm entworfenen Seitenfenster in buntes Licht gehüllt: "Durch diese Lichtregie entsteht ganz viel Atmosphäre." Die Kirche sei ein Ort, an dem sich Menschen begegnen könnten, so Kremser.
Die Beton-Kirche in Neviges gilt heute als Meilenstein moderner Kirchenarchitektur und des Brutalismus. Böhm schuf mehr als 50 sakrale Bauten. Sein bedeutendster Profanbau ist das Rathaus von Bensberg bei Köln, das von der Bevölkerung "Beamtenbunker", "Affenfelsen" oder auch "Bensberger Akropolis" genannt wird.
(sbd)