"Er hat sich nicht an die Mächtigen herangekuschelt"
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Der Regisseur Harry Kupfer gilt als Neuerer im Opernfach. Mit Daniel Barenboim inszenierte er alle großen Wagneropern und war zwanzig Jahre Chefregisseur an der Komischen Oper. Unser Kritiker Uwe Friedrich betont Kupfers Sinn für das Politische.
Harry Kupfer ging es immer um das Politische, sagt unser Musikkritiker Uwe Friedrich. "Das war eins seiner Kernanliegen." Gerade in seinen Ost-Berliner Inszenierungen an der Komischen Oper, wie zum Beispiel der "Zauberflöte", habe man die Parallelen zur SED-Herrschaft sehen können.
Deutliche Kritik am real existierenden Sozialismus
"Er hat sich in Ost-Berlin nicht an die Mächtigen herangekuschelt, sondern er hat deutlich Kritik geübt am real existierenden Sozialismus", so Friedrich. Dabei sei das Verhältnis der Herrschenden in der DDR zur Komischen Oper durchaus nicht unproblematisch gewesen. Die Komische Oper sei ein hochgradig wichtiger Kulturexportartikel der DDR gewesen. "Die Herrschenden wussten, was sie an ihrer Komischen Oper hatten."
Friedrich glaubt, Harry Kupfer habe den Sozialismus für mindestens moralisch überlegen gehalten. Das sei einer der Gründe, warum er immer wieder in die DDR zurückkam, obwohl er ab den 80er-Jahren auch im Westen inszenieren konnte. "Er war aber auch immer ein Theatermann, der auf die Effekte gesetzt hat, auf die Musik gehört hat, der in erster Linie Theater machen wollte."
Ambivalenzen der Oper deutlich machen
Am deutlichsten erinnert sich Friedrich an Kupfers erste "Parsifal"-Inszenierung an der Berliner Staatsoper, die das Unangenehme und Protofaschistische des Stücks betont habe. "Das war aus der Musik, aus dem Libretto entwickelt. Das war ein Abend, an dem man sich in den musikalischen Rausch hineinsteigern konnte und es einen dennoch anwidern konnte, was auf der Bühne passiert. Das waren seine stärksten Abende. Das war seine Hauptstärke, diese Ambivalenzen der Kunstform Oper deutlich zu machen und man etwas zum Nachdenken hatte."