Zum Tod von Rahnaward Zaryab

Trauer um den wichtigsten afghanischen Schriftsteller

Atiq Rahimi im Gespräch mit Sigrid Brinkmann |
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Rahnaward Zaryab war der einflussreichste Schriftsteller Afghanistans. Er hat die afghanische Erzählweise modernisiert und war als Kulturminister am Wiederaufbau seines Landes beteiligt. Der Verlust für die Literatur und Kultur ist groß.
Mit dem Tod Rahnaward Zaryabs hat Afghanistan einen seiner wichtigsten Schriftsteller und Journalisten verloren. Präsident Aschraf Ghani sprach in einem Facebook-Post von einem großen Verlust für die Literatur und Kultur des Landes. Am Freitag wurde bekannt, dass der frühere Kulturminister an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben ist.
"Sehr viel wichtiger als der politische Einfluss, den er ausgeübt hat, ist meiner Meinung nach sein Einfluss auf die afghanische Literatur", sagt der französisch-afghanische Schriftsteller Atiq Rahimi über seinen Freund und Kollegen. "Er hatte eine neue Art, zu erzählen, ganz egal, ob er Romane oder Kurzgeschichten schrieb, weil seine Sprache etwas sehr Direktes, etwas sehr Wahrhaftiges hatte." Zaryab habe der afghanischen Literatur neues Leben eingehaucht, so Rahimi.

Die afghanische Erzählweise modernisiert

Rahnaward Zaryab hat mehr als hundert Kurzgeschichten, mehrere Romane und ein Drehbuch geschrieben. Dabei habe er sich von einer gewissen Tradition in der afghanischen Literatur abgesetzt, die auf Poesie und Metaphern fußte, sagt Rahimi. "Zaryab hat einfach eine sehr moderne Sprache eingeführt und einen ganz neuen Blick auch auf die Literatur unseres Landes geworfen." Die Kunst der literarischen Erzählung sei vor ihm eine andere gewesen: "So wichtig war der Platz, den er eingenommen hat", sagt Rahimi.
Zaryabs Leidenschaft für seine Heimat und seine persische Muttersprache sei so groß gewesen, dass er auch politisch beim Wiederaufbau des Landes habe mithelfen und mitgestalten wollen. Nach dem Ende der Herrschaft der Taliban kehrte er aus dem französischen Exil in seine Heimat zurück und bildete junge Journalisten aus. Zwischenzeitlich war er sogar Kulturminister.
Doch in der afghanischen Politik habe er nicht wirklich seinen Platz gefunden, berichtet Rahimi, diese sei einfach zu chaotisch. Auch als Berater des damaligen Präsidenten Hamid Karzai habe er sich nicht wirklich durchsetzen können. "Er ist politisch immer angeeckt und hat auch immer die Regierung kritisiert", sagt Atiq Rahimi über seinen Freund.
(ckr)
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