Zum Tode von Rolf Bossi

Der Inbegriff des Staranwalts

Verteidiger Rolf Bossi (r) mit Schauspielerin Ingrid van Bergen
Verteidiger Rolf Bossi (r) mit Ingrid van Bergen bei Prozessbeginn am 1977 in München. Die Schauspielerin musste sich vor dem Münchener Schwurgericht für den Tod ihres Geliebten Klaus Knaths verantworten. © picture alliance / dpa / Foto: Klaus Heirler
Gisela Friedrichsen im Gespräch mit Andrea Gerk  · 22.12.2015
Rolf Bossi war Anwalt von Promis wie Ingrid van Bergen oder Romy Schneider und wurde nicht nur deshalb zum Star. "Er beherrschte die große Geste", sagt Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen. Sein Einsatz für den Mandanten sei stilbildend gewesen für eine ganze Generation von Strafverteidigern.
Der verstorbene Münchner Staranwalt Rolf Bossi habe Justizgeschichte geschrieben, sagt die Gerichtsreporterin des "Spiegel", Gisela Friedrichsen. "Ich halte ihn für einen der ganz großen der deutschen Strafverteidigung nach dem Krieg", sagte Friedrichsen im Deutschlandradio Kultur über den Staranwalt, der im Alter von 92 Jahren gestorben ist.
Großes Kino vor Gericht
Sie hatte ihn erstmals im Fall der Schauspielerin Ingrid van Bergen erlebt, die 1977 ihren Geliebten erschossen hatte. "Das war insofern ungeheuer eindrucksvoll, da saß eine Schauspielerin auf der Anklagebank und neben ihr ein Anwalt, der ihr was das schauspielerische Talent angeht durchaus auch das Wasser reichen konnte." Bossi habe die große Geste beherrscht. Sein Einsatz für seine Mandanten sei für eine ganze Generation jüngerer Strafverteidiger stilgebend gewesen, sagte Friedrichsen.
Plädoyer vor der Öffentlichkeit
Bossi habe die ganze Wahrnehmung von Gerichtsprozessen verändert. "Er hat nicht nur vor Gericht plädiert, sondern er hat vor der Öffentlichkeit auch plädiert", sagte die Journalistin. Bossi sei einer der Ersten gewesen, die verstanden hätten, dass man als Anwalt auch die Öffentlichkeit gewinnen müsse, wenn man ein Gericht überzeugen wolle. "Gegen die öffentliche Meinung, da wird es sehr schwierig", sagte Friedrichsen.
Rolf Bossi, Rechtsanwalt, bei einer Fernsehaufzeichnung 2008
Star-Anwalt Rolf Bossi prägte eine ganze Generation jüngerer Rechtsanwälte.© Thomas Schulze/dpa/picture alliance
Bossi habe nicht nur die Tat betrachtet, sondern auch den Menschen, der sie begangen habe. "Das ist ein unglaubliches Verdienst von ihm, dass er diese neue Art dann doch rübergebracht hat, dass die Justiz das verstanden hat, dass es nicht nur um die Tat geht, sondern auch den Menschen und den Weg, den dieser Mensch genommen hat , bis er dann der wurde, der dann da vor Gericht steht", sagte die Gerichtsreporterin. Damals sei das ganz neu gewesen, heute dagegen selbstverständlich.
Nachwirkungen der NS-Zeit
"Man darf nicht vergessen, dass er in seinen Anfangsjahren auch noch mit einer Justiz zu tun hatte, in der Richter saßen, die noch aus der Nazizeit kamen", erinnerte Friedrichsen. Das sei für Bossi immer ein schwieriges Thema gewesen, da sein eigener Vater in der NS-Zeit standrechtlich erschossen worden war.
"Von diesem Thema war er geradezu obsessiv besessen."
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