Zum Welterfolg gespielt
Der 21-jährige Felix Klieser ist ohne Arme zur Welt gekommen - und gilt dennoch als einer der besten Nachwuchshornisten Europas. Zuletzt gastierte er unter Sir Simon Rattle in der Berliner Philharmonie. Sein Instrument spielt Klieser mit den Füßen.
"Ja, ich war vier Jahre alt, als ich den Wunsch hatte, Horn zu spielen. Mir persönlich fällt es nicht so unendlich schwer (lacht). Kann mir vorstellen, dass Leute, die da jetzt nicht so die Übung haben, ein paar Probleme besitzen. Aber das weiß ich nicht, das wissen sie besser als ich."
Felix Klieser. Mit geschlossenen Augen bläst er sanft in das goldene Mundstück, sein Instrument hält er mit den Füßen. Das Horn liegt auf einem staksigen, selbst gebauten Ständer. Um es zu spielen, muss Felix Klieser seinen linken Fuß in Brusthöhe anwinkeln, während die äußerst gepflegten Zehen treffsicher und leichtfüßig über die Ventilklappen laufen. Mit dem rechten Fuß hält er das Stativ am Boden fest.
Momentan übt das inzwischen 21-jährige Nachwuchstalent - zusammen mit einer koreanischen Pianistin - das elegische Andante für Horn und Klavier von Richard Strauss.
"Ist ein sehr interessantes Stück. Also in der Hornliteratur ist es nicht fest verankert. Es wird als Wettbewerbsstück benutzt, aber als Aufführungsstück wird es nie wahrgenommen. Das finde ich sehr schade, weil es sehr, sehr viele Farben hat. Auch die Möglichkeiten des Horns werden sehr gut gezeigt."
Der Hannoveraner ist Perfektionist. Immer wieder stoppt er, korrigiert, sucht den fließend romantischen Klang.
"Takt vier zu Takt fünf, da sind mir zu viele Lücken. Ich hab das gehört, als wir Aufnahmen gemacht haben. Dass die Zäsur da nicht ist, dass wir ein bisschen länger halten ..."
Felix Klieser geht es nicht um technische Fertigkeiten. Wichtig ist ihm die Seele eines Stückes, die er in langen Sitzungen versucht zu ergründen, indem er auch Vergleichstücke hört oder Partituren liest.
"Genau. Die Kunst ist ja nicht, ein virtuoses Stück perfekt zu spielen, sondern das Lied 'Alle meine Entchen' so zu spielen, dass der Zuhörer vor Entzücktheit das Taschentuch zücken muss. Das ist die wahre Kunst und die wahre Herausforderung."
Felix Klieser, der zur Untermiete bei seiner Großmutter lebt, braucht keinen Assistenten. Wenn er zur Probe kommt, schluppt er als erstes mit den nackten Füßen aus den braunen Halbschuhen. Baut mit geübten Fußgriffen das Stativ auf, holt das Instrument aus der schwarzen Tasche, indem er es zwischen seine smarten und grazilen Zehen klemmt und behutsam auf den Ständer legt.
"Ich bin so geboren und bin so aufgewachsen. Und es klingt immer ein wenig lustig, wenn ich das sage: Aber ich finde das auch lustig, wie Sie mit den Armen zurecht kommen. Zum Beispiel mit langen Fingern ein Stift zu halten, ist auch für mich schwer nachzuvollziehen."
Die Ärmel seines grauen Pullovers sind abgetrennt, die Ansätze elegant zugenäht. Wer Felix Klieser kennenlernt, merkt schnell: Er ist zwar armlos, aber keineswegs hilflos. Am Instrument ist alles völlig normal, nichts ist umgebaut.
"Sozusagen originalverpackt, wenn man so will ..."
... Felix Klieser grinst. Zu oft hat er die Frage nach dem Instrument schon gehört.
"Ach ja, das eine oder andere Mal kam diese Frage schon (lacht). Viele vermuten, da muss doch irgendetwas sein, was da anders ist. Nee. Ist ein handelsübliches Horn, wie Sie es im Geschäft für mehr oder weniger Geld käuflich erwerben können ..."
... ein Alexander Doppelhorn.
Sehr früh begann Felix Klieser an der Göttinger Musikschule mit dem Horn. Schnell fällt auf, dass da ein kleiner Wunderknabe am Werk ist. Denn Felix Klieser lässt alle hinter sich. Gewinnt zahlreiche Preise, darunter den Bundeswettbewerb Jugend musiziert.
"Meine Eltern haben das unterstützt, die sind jetzt keine Musiker, wissen - ganz vereinfacht gesagt - nicht, wie so ein Leben abläuft, was man tun muss. Da musste man auch oft gefahren werden und das ist oftmals relativ weit weg. Da haben die das voll unterstützt. Keine Frage."
Mit 13 Jahren wird der einzige Sohn eines Juristenehepaars Jungstudent an der Musikhochschule in Hannover. Mit 19 spielt er mit dem Popstar Sting, gastiert - zusammen mit dem Bundesjugendorchester - unter Sir Simon Rattle in der Berliner Philharmonie. Ein Meilenstein seiner jungen Karriere.
"Da ist man wirklich mit Demut und Hochachtung in die Garderoben reingegangen. Und dann - (flüstert) erstmal auf die Bühne gucken. Aaah. Und dann geht man da hin, eine kleine Rampe geht hoch ... und - aah - ist genauso wie im Fernsehen!"
Unterrichtet wird Felix Klieser von keinem Geringeren als Markus Maskuniitty, dem finnischen Solohornisten der Königlichen Stockholmer Philharmonie.
Um sich fit zu halten, fährt Felix Klieser Ski oder spielt Fußball. Und er liebt es, Gas zu geben. Nicht nur beim hohen C, sondern auch beim Autofahren. Das lenkt er mit einem Schieberegler, der sich im Fußraum des Wagens befindet, während sich das Lenkrad wie von Geisterhand bewegt.
Als "Wunderkind ohne Arme" will Felix Klieser jedoch nicht gesehen werden. Was leicht klingt, ist das Ergebnis harter Arbeit. Täglich übt er bis zu acht Stunden.
"Mein Traum ist es, Horn spielen zu können. Einmal (lacht). Aber ich will nicht pessimistisch klingen: Auch wenn ich drei Leben habe, ich werde dieses Instrument nie beherrschen. Das kann gut sein."
Felix Klieser. Mit geschlossenen Augen bläst er sanft in das goldene Mundstück, sein Instrument hält er mit den Füßen. Das Horn liegt auf einem staksigen, selbst gebauten Ständer. Um es zu spielen, muss Felix Klieser seinen linken Fuß in Brusthöhe anwinkeln, während die äußerst gepflegten Zehen treffsicher und leichtfüßig über die Ventilklappen laufen. Mit dem rechten Fuß hält er das Stativ am Boden fest.
Momentan übt das inzwischen 21-jährige Nachwuchstalent - zusammen mit einer koreanischen Pianistin - das elegische Andante für Horn und Klavier von Richard Strauss.
"Ist ein sehr interessantes Stück. Also in der Hornliteratur ist es nicht fest verankert. Es wird als Wettbewerbsstück benutzt, aber als Aufführungsstück wird es nie wahrgenommen. Das finde ich sehr schade, weil es sehr, sehr viele Farben hat. Auch die Möglichkeiten des Horns werden sehr gut gezeigt."
Der Hannoveraner ist Perfektionist. Immer wieder stoppt er, korrigiert, sucht den fließend romantischen Klang.
"Takt vier zu Takt fünf, da sind mir zu viele Lücken. Ich hab das gehört, als wir Aufnahmen gemacht haben. Dass die Zäsur da nicht ist, dass wir ein bisschen länger halten ..."
Felix Klieser geht es nicht um technische Fertigkeiten. Wichtig ist ihm die Seele eines Stückes, die er in langen Sitzungen versucht zu ergründen, indem er auch Vergleichstücke hört oder Partituren liest.
"Genau. Die Kunst ist ja nicht, ein virtuoses Stück perfekt zu spielen, sondern das Lied 'Alle meine Entchen' so zu spielen, dass der Zuhörer vor Entzücktheit das Taschentuch zücken muss. Das ist die wahre Kunst und die wahre Herausforderung."
Felix Klieser, der zur Untermiete bei seiner Großmutter lebt, braucht keinen Assistenten. Wenn er zur Probe kommt, schluppt er als erstes mit den nackten Füßen aus den braunen Halbschuhen. Baut mit geübten Fußgriffen das Stativ auf, holt das Instrument aus der schwarzen Tasche, indem er es zwischen seine smarten und grazilen Zehen klemmt und behutsam auf den Ständer legt.
"Ich bin so geboren und bin so aufgewachsen. Und es klingt immer ein wenig lustig, wenn ich das sage: Aber ich finde das auch lustig, wie Sie mit den Armen zurecht kommen. Zum Beispiel mit langen Fingern ein Stift zu halten, ist auch für mich schwer nachzuvollziehen."
Die Ärmel seines grauen Pullovers sind abgetrennt, die Ansätze elegant zugenäht. Wer Felix Klieser kennenlernt, merkt schnell: Er ist zwar armlos, aber keineswegs hilflos. Am Instrument ist alles völlig normal, nichts ist umgebaut.
"Sozusagen originalverpackt, wenn man so will ..."
... Felix Klieser grinst. Zu oft hat er die Frage nach dem Instrument schon gehört.
"Ach ja, das eine oder andere Mal kam diese Frage schon (lacht). Viele vermuten, da muss doch irgendetwas sein, was da anders ist. Nee. Ist ein handelsübliches Horn, wie Sie es im Geschäft für mehr oder weniger Geld käuflich erwerben können ..."
... ein Alexander Doppelhorn.
Sehr früh begann Felix Klieser an der Göttinger Musikschule mit dem Horn. Schnell fällt auf, dass da ein kleiner Wunderknabe am Werk ist. Denn Felix Klieser lässt alle hinter sich. Gewinnt zahlreiche Preise, darunter den Bundeswettbewerb Jugend musiziert.
"Meine Eltern haben das unterstützt, die sind jetzt keine Musiker, wissen - ganz vereinfacht gesagt - nicht, wie so ein Leben abläuft, was man tun muss. Da musste man auch oft gefahren werden und das ist oftmals relativ weit weg. Da haben die das voll unterstützt. Keine Frage."
Mit 13 Jahren wird der einzige Sohn eines Juristenehepaars Jungstudent an der Musikhochschule in Hannover. Mit 19 spielt er mit dem Popstar Sting, gastiert - zusammen mit dem Bundesjugendorchester - unter Sir Simon Rattle in der Berliner Philharmonie. Ein Meilenstein seiner jungen Karriere.
"Da ist man wirklich mit Demut und Hochachtung in die Garderoben reingegangen. Und dann - (flüstert) erstmal auf die Bühne gucken. Aaah. Und dann geht man da hin, eine kleine Rampe geht hoch ... und - aah - ist genauso wie im Fernsehen!"
Unterrichtet wird Felix Klieser von keinem Geringeren als Markus Maskuniitty, dem finnischen Solohornisten der Königlichen Stockholmer Philharmonie.
Um sich fit zu halten, fährt Felix Klieser Ski oder spielt Fußball. Und er liebt es, Gas zu geben. Nicht nur beim hohen C, sondern auch beim Autofahren. Das lenkt er mit einem Schieberegler, der sich im Fußraum des Wagens befindet, während sich das Lenkrad wie von Geisterhand bewegt.
Als "Wunderkind ohne Arme" will Felix Klieser jedoch nicht gesehen werden. Was leicht klingt, ist das Ergebnis harter Arbeit. Täglich übt er bis zu acht Stunden.
"Mein Traum ist es, Horn spielen zu können. Einmal (lacht). Aber ich will nicht pessimistisch klingen: Auch wenn ich drei Leben habe, ich werde dieses Instrument nie beherrschen. Das kann gut sein."