Zur Lage der Pressefreiheit in Ungarn

"Das WLAN ist die wichtigste Zeitung"

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat der freien Presse nicht nur den Rücken zugekehrt, sondern sie auch sukzessive gleichgeschaltet. © picture alliance/Heikki Saukkomaa/Lehtikuva/dpa
Wilhelm Droste im Gespräch mit Andrea Gerk |
Zahlreiche Zeitungen, Nachrichtensender und Radiostationen sollen in die "Zentrale Europäische Presse- und Medienstiftung" übergehen, an deren Spitze der Orbán-Unterstützer Gábor Liszkay stehen soll. Nur das Internet lässt sich nicht gleichschalten.
Der Publizist Wilhelm Droste lebt seit 1989 in Ungarn und betreibt seit einem Jahr ein literarisches Kaffeehaus in Budapest. Im Deutschlandfunk Kultur erklärt er, man sei "in echter Not". Vor fünf Jahren habe es noch zehn kritische Blätter gegeben, inzwischen gebe es nur noch eine einzige Tageszeitung, "die wirklich kritisch zur Welt steht": die Népszava. Alle anderen Tages- und Provinzblätter seien "auf ganz harter Regierungslinie".

"Alle liefern diese unglaubliche Regierungspropaganda"

"Bei den Printmedien, die die politische Stimmung unmittelbar beeinflussen, hat Orbán im Grunde genommen alles hinter sich. In diese Stiftung gehen 98 Prozent der regierungsnahen Blätter und Medien ein. Dieser Konzentrationsprozess ist vor allem im Fernsehen auf einem unglaublich schrecklichen Niveau", berichtet Droste. Ob Sportnachrichten oder Musiksender, alle "liefern diese unglaubliche Regierungspropaganda als Nachricht. Bis auf diese eine Tageszeitung. Da konzentriert sich jetzt die gesamte kritische Welt in einer Zeitung."
Doch glücklicherweise gebe es noch das Internet, das "nicht so gleichschaltbar" sei und sich auch in "jugendlicheren Händen" befinde. Diese seien durchaus kritisch. Demonstrationsaufrufe könnten so relativ schnell große Mengen erreichen. "Das WLAN ist eigentlich die wichtigste Zeitung", so Droste weiter.

"Ich wäre fast lieber in Italien"

Der für den neuen Posten an der Spitze der Stiftung vorgesehene Gábor Liszkay sei "ein Medien-Konzentrator und ein ganz strikter Orban-Kämpfer", so Droste weiter. Da "der Name absolut bekannt ist, weiß man, was diese Stiftung vorhat: Sie will mehr Meinungsdiktatur. Ich wäre fast lieber in Italien, da konnte man auch in den finsteren Berlusconi-Zeiten immer noch ganz lesbare Zeitungen kaufen. Das ist wirklich in Ungarn faktisch fast unmöglich", erklärt Droste.
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