Der Kult um das Germanentum und die extreme Rechte
Karl Banghard, Leiter des Freilichtmuseums Oerlinghausen, warnt vor der politischen Instrumentalisierung des Germanentums und der Frühgeschichte. Er ruft zu mehr Aufmerksamkeit auf, wenn extreme Rechte Mythen über Sonnenwendfeiern oder Erinnerungsorte verbreiten.
Am 21. Juni werden vielerorts Sonnenwendfeiern begangen. Es ist der längste Tag des Jahres, doch die Sommer-Sonnenwende hat auch zwielichtige Anhänger. Neonazis feiern diesen Tag gerne. Der Leiter des Archäologischen Freilichtmuseums Oerlinghausen, Karl Banghard, hat sich mit dieser Vorliebe beschäftigt, weil viele Rechte zu den Besucher von germanischen Erinnerungsorten in Ost-Westfalen zählen. "Nazis mögen Urgeschichte", steht deshalb schon auf der Website des Museums. In seinem Buch "Nazis im Wolfspelz - Germanen und der rechte Rand" hat Banghard sich der Verbindung zwischen Neonazis und Germanentum ausführlich gewidmet.
"Wir sind in einer Gegend, die eine hohe touristische Destination für die extreme Rechte darstellt", sagte Banhard im Deutschlandfunk Kultur. "Wir haben in Spuckweite die Externsteine, das Hermannsdenkmal, die Wewelsburg und als kleinere Destination unser Freilichtmuseum." Das Museum wurde 1936 gegründet und ist das älteste Freilichtmuseum der Welt. Deshalb sei es bis heute ein Erinnerungsort und es gebe ständige Scharmützel um die Deutungshoheit. Banhard warnte davor, zu glauben, dass die Sonnenwendfeiern ihre Ursprünge in der Steinzeit hätten. Natürlich habe man sich in der Vorgeschichte über die Jahreszeiten Gedanken gemacht, aber es gebe dazu keine Schriftquellen.
Trojanisches Pferd
Der Museumsleiter warnte auch vor der politischen Instrumentalisierung solcher historischer Erzählungen. "Man sollte halt aufmerksamer werden", sagte er. Die Germanen und die Vorgeschichte seien für die extreme Rechte ein Kernthema. Gefährlich sei auch die damit verbundene Metapolitik, weil man über solche kulturellen Themen leicht in die Öffentlichkeit komme, "als Trojanisches Pferd, das merkt niemand." Sonnenwendfeiern würden in der Szene meist privat begangen, um sich intern zu festigen. Öffentliche Feiern, wie beispielsweise auf einem völkischen Hof in Eschwede, seien eher die Ausnahmen.