Der Putsch des Boris Johnson
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Der britische Premierminister hat mit der Erlaubnis der Queen dem Parlament kurz vor dem geplanten Brexit eine Zwangspause auferlegt. Das sei "eine Zerstörung der Demokratie", meint Jeremy Adler und nennt Boris Johnson einen "Tyrann".
Seit 2016 befinde sich Großbritannien in einer schweren Revolution, erklärt Jeremy Adler, Schriftsteller und emeritierter Professor für Deutsche Sprache am King’s College London. Das könne man durchaus sagen und, obwohl Pausen in Vorbereitung der Rede der Königin normal seien, sei die Länge doch "ungewöhnlich, ja fast einmalig und der Sinn, das Parlament in Schach zu halten, ganz unerhört".
Demokratie mit demokratischen Mitteln zerstört
Die Parlamentspause sei vom Geheimen Rat des Staates, dem Privy Council, beschlossen worden. Von den etwa 600 Mitgliedern seien aber nur drei anwesend gewesen - darunter auch die Queen, so Adler. "Dieser Rat wurde dazu überredet, diese Verlängerung zu beschließen." Boris Johnson habe seine Position dazu verwendet, um die Souveränität der Regierung auszuschalten, so Adler. "Aber er hat dabei quasi demokratische Mittel verwendet. Das ist also eine Zerstörung der Demokratie durch demokratische Mittel."
"Das ist also ein Wendepunkt, gerade zu ein Putsch, den Johnson hier ausübt in zwei Schritten.", meint Adler. Der erste Schritt sei gewesen, dass Johnson in sein Kabinett "lauter Ja-Sager aufgenommen hat, also Leute, die seine Position befürworten und zwar nur rechte und keine liberalen Tories. Und der zweite Schritt in diesem Putsch ist die Ausschaltung des Parlaments, damit das Parlament die Brexit-Position nicht diskutieren kann."
Der Liberalismus steht auf dem Spiel
Bei Kontrollmechanismen sei es in der Vergangenheit in Großbritannien darum gegangen, die Macht der Monarchen zu zügeln. Aber der Fall, dass ein Premierminister wie ein Tyrann vorgehen würde, sei nicht vorhergesehen worden. Jeremy Adler befürchtet, dass es zu einem Machtkampf kommen könnte, der auch blutig werde könnte:
"Diese Tendenz zur Gewalttätigkeit, diese Bereitschaft in Worten gewalttätig zu sein, die ist seit 2016 immer mehr zu bemerken. Man darf nicht vergessen, dass es nicht nur eine Sache der Demokratie ist, die hier auf dem Spiel steht, sondern die Liberalität, der Liberalismus."
(kpa)