Zwei Jahre Snowden-Enthüllungen

Whistleblower im Dienst der Aufklärung

Snowden-Plakate in Köln, 2014
Asyl für Edward Snowden wird auf diesen Plakaten gefordert. © picture-alliance / dpa / Henning Kaiser
Von Marcus Pindur, Studio Washington |
Vor zwei Jahren wurde bekannt, in welchem Ausmaß die amerikanischen Geheimdienste die Daten von Bürgern weltweit ausspähen. Damals floh der NSA-Mitarbeiter Edward Snowden nach Hongkong und machte die geheimen Überwachungsaktionen öffentlich.
Edward Snowden ließ keinen Zweifel daran, dass er sich aus seiner Sicht der Dinge auf einen persönlichen Kreuzzug begeben hatte. Er habe gesehen, wie immens die Datensammlung der amerikanischen Sicherheitsbehörden sei. Das sei sein Motiv, erklärte er wenige Tage nach seiner Flucht nach Hongkong in einem Interview mit dem britischen "Guardian".
"Wenn man das alles sieht, dann wird man sich mit der Zeit immer mehr bewusst darüber. Einige der Dinge, die man sieht, stellen einen Autoritätsmissbrauch dar, und man will darüber reden, doch je mehr man darüber redet, desto mehr wird man ignoriert. Und irgendwann wird einem klar, diese Dinge müssen von der Öffentlichkeit entschieden werden, nicht von einem Angestellten der Regierung."
Für die Regierung arbeitete er allerdings auch, und war durch einen Eid gebunden. Der Whistleblower-Anwalt Mark Zaid ist auf Fälle der nationalen Sicherheit spezialisiert. Snowden hätte sich nicht in die Abhängigkeit diktatorischer Regime begeben, sondern innerhalb des amerikanischen Rechtssystems agieren sollen, meint er.
"Wenn er sich an Senatoren gewandt hätte, die seinem Anliegen gegenüber aufgeschlossen sind, wie Senator Wyden oder Senator Paul, dann hätten diese seine Aussage einfach nur im Senat vorlesen können. Sie wären wegen ihres parlamentarischen Mandates immun gewesen, und ihn hätte man nicht verklagen können. Die Informationen wären aber alle öffentlich gewesen und wir könnten auch eine öffentliche Debatte darüber führen."
Doch diese Option gab es nach Snowdens Flucht mit 1,5 Mio Dokumenten nicht mehr. Präsident Obama setzte umgehend die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden auf Snowden an. Der Kongress sei von Anfang an über die Sicherheitsgesetze im Bilde gewesen, so Obama:
"Beide Parteien im Kongress haben diesen Gesetzen zugestimmt. Der Kongress wird regelmäßig über die Ausführung informiert. Es gibt vielerlei rechtsstaatliche Sicherungen. Und das gesamte Programm wird ständig von Bundesrichtern überprüft."
Geheimdienste agieren in einer Grauzone
Wer den "Patriot Act", das amerikanische Sicherheitsgesetz nach den Anschlägen vom 11. September 2001, kannte, der muss in der Tat bereits vor zwei Jahren gewusst haben, welche Möglichkeiten die US-Sicherheitsbehörden hatten. Doch lange blieb das Wissen darum in einer Grauzone. Sicherheit vor terroristischen Anschlägen wurde nach 9/11 groß geschrieben, nicht nur in den USA.
Einige wenige Mahner hatte es auch in den USA gegeben, so den ehemaligen demokratischen Senator Mark Udall, bis 2014 noch Mitglied des Geheimdienstausschusses.
"Ich habe seit einigen Jahren dafür geworben, dass die Sicherheitsbehörden weiter offenlegen, wie viele Daten sie speichern. Das Ausmaß der Abspeicherung der Telefonmetadaten macht mir Sorgen, insbesondere, weil die Amerikaner das nicht wissen."
Nur minimale Reform der Geheimdienste
Nach den Enthüllungen Snowdens wusste es eine breite Öffentlichkeit – nicht nur in den USA. Das Abhören von Botschaften auch der europäischen Verbündeten, das Abhören des Handys der Bundeskanzlerin, das kam noch hinzu. Insbesondere der Lauschangriff auf Angela Merkel wurde auch in den USA als peinlicher Übergriff einer nicht streng genug kontrollierten Sicherheitsbürokratie wahrgenommen.
Eine Reform des "Patriot Act" wurde Anfang Juni nach einigem Hin und Her beschlossen. Der "USA Freedom Act" sieht vor, dass nicht die NSA, sondern die Telefongesellschaften die Metadaten abspeichern, für maximal anderthalb Jahre. Für jede Abfrage bedarf es einer gerichtlichen Genehmigung.
Das war allerdings eine Einigung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Einen Anwalt der Bürgerrechte im geheim tagenden Nationalen Sicherheitsgericht gibt es weiterhin nicht. Und: Die Reform gilt nur für die USA.
Der weitgehende politische Konsens in den USA ist, dass die globale Überwachung des Internets weiterhin für die Sicherheit der USA und ihrer Verbündeten unerlässlich ist.
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