"Zwei Leben"

Von Anke Leweke |
Regisseur Georg Maas verknüpft geschickt persönliche Geschichte mit den großen Umwälzungen unserer Zeit: Im Leben der Hauptfigur Katrine spiegeln sich Holocaust- und Stasivergangenheit. Allerdings überdecken die äußeren Umstände innere Konflikte - die spannend hätten sein können.
Holocaust und Stasi - das sind die Themen, die dominieren, wenn man sich die deutschen Oscar-Nominierungen anschaut. Deutsche Vergangenheitsaufarbeitung? Doch wann beginnt die Reflexion, das Nachhaken und Hinterfragen, und wann handelt es sich eher um eine bloße Bebilderung von historischen Ereignissen?

Eigentlich macht Georg Maas Film nichts falsch: Geschickt verknüpft er eine persönliche Geschichte mit den großen Umwälzungen unserer Zeit. Die Handlung setzt 1990 ein - der Fall der Mauer erschüttert das glückliche Familienleben der aus Deutschland stammenden Katrine. Ein Anwalt steht vor der Tür und möchte ihren Fall neu aufrollen. Katrine ist ein so genanntes Lebensbornkind. So heißen die Jungen und Mädchen norwegischer Mütter und deutscher Soldaten-Väter, die nach ihrer Geburt nach Deutschland zur Erhöhung der Geburtenrate "arischer" Kinder verschleppt wurden. Knapp zwei Jahrzehnte später schlug die DDR aus dieser Nazi-Hinterlassenschaft Kapital: Unter dem Deckmantel einer Lebensborn-Kindheit schleuste man Agenten und Agentinnen ins Ausland.

Gleichzeitig Thriller und Melodram
Als Zuschauer ahnt man schon nach einiger Zeit, dass es sich bei Katrine um eine solche Agentin handeln könnte. Schon in der ersten Szene wird angedeutet, dass sie ein Doppelleben führt. Rückblenden geben weitere Indizien. Je mehr man von ihrer Vergangenheit erfährt, desto mehr verstrickt sie sich auch in ein Netz aus Widersprüchen, Lügen und Verrat. Dabei verknüpft Georg Maas geschickt so unterschiedliche Genres wie den Spionage-Thriller und das Familienmelodram.

Glaubhaft verkörpert Juliane Köhler eine Frau, die zwei Leben führte, zwei Wirklichkeiten lebte. Die einer Spionin und die einer glücklichen Familienmutter. Dennoch werden in diesem Film eher Fragen angerissen, als dass ihnen wirklich nachgegangen würde. So wird Katrine eher als Opfer der Geschichte gezeigt, ohne dass der Film ihrer Schuld und Täterschaft nachgeht. Da sich die Ereignisse immer mehr überschlagen, wird eher eine äußere Spannung aufgebaut, die die inneren Konflikte überdeckt. Vielleicht wäre es doch spannender gewesen, zu erzählen, wie man so ein Leben lebt und wie der Alltag einer Spionin mit ihrer Familie aussieht.

Deutschland/ Norwegen 2012 - Regie: Georg Maas - Darsteller: Juliane Köhler, Liv Ullmann, Ken Duken, Sven Nordin, Julia Bache-Wiig - 100 Minuten
Mehr zum Thema