Zweifelhafter Genuss
Über viele Jahrhunderte konnte sich nur eine Elite Schokolade leisten, denn die Herstellung war teuer. Heute aber ist die Süßspeise ein Massenprodukt - zum Nachteil der Kakaobauern, wie die Autoren des Buches "Kakao - Speise der Götter" aufzeigen.
Jahrhundertelang war ihr Genuss Königen und Adligen vorbehalten. Zum billigen Massengut wurde sie erst in den letzten 50 Jahren: die Schokolade. Heute kann sie sich jeder leisten. Das ist erstaunlich, denn, wie Andrea Durry und Thomas Schiffer in ihrem Buch "Kakao - Speise der Götter" detailliert beschreiben, ist allein schon das Rohmaterial, der Kakao, ein ausgesprochen empfindlicher Stoff, wie sie im ersten Teil ausführlich beschreiben.
Gewonnen wird er aus Bohnen, die in den melonengroßen Früchten des Kakaobaums stecken. Der Kakaobaum wiederum liebt es feucht und heiß, mag kein pralles Sonnenlicht, braucht nährstoffreichen Boden und ist anfällig für zahlreiche Krankheiten. Nach der Ernte müssen die Bohnen vorsichtig aus der harten Fruchtschale herausgelöst und dann mit dem Fruchtmus vergärt werden, anschließend getrocknet, geröstet, geschält und gemahlen, gerührt, gewalzt, erhitzt, mit Zucker und allen möglichen Aromen vermischt.
Ein langwieriger und zeitaufwendiger Herstellungsprozess, dennoch kosteten 100 Gramm-Tafel Schokolade durchschnittlich 69 Cent - drei Cent davon bekommt der Kakaobauer. Der niedrige Preis ist das Ergebnis schlimmer Ausbeutung, wie die beiden Autoren schreiben. Die Löhne auf den Kakaoplantagen reichen kaum zum Überleben. Die Arbeiter sind oftmals ungeschützt Pestiziden ausgesetzt. Zudem müssen allerorten Kinder mitschuften.
Doch die beiden ausgewiesenen Kakao-Experten zeichnen nicht nur ein erschütterndes Bild des Anbaus - sie gehen weiter: Was immer man über Kakao wissen möchte, hier findet man es. Zwar haben sie nicht vor Ort recherchiert, dafür aber gründlich die Literatur durchforstet - von alten Maya-Schriften bis zu aktuellen Wirtschaftsstatistiken. Dazu präsentieren sie zahlreiche Fakten und viele amüsante Anekdoten und Zitate. Viele Bilder veranschaulichen das Erzählte.
Im zweiten Teil des Buches widmen sich die Autoren - dann fast schon zu ausführlich - der mittelamerikanischen Herkunft des Kakaos: seiner Bedeutung als Getränk, Medizin und Zahlungsmittel. Die spanischen Eroberer brachten den Schokoladentrank mit nach Europa, wo er sich erst dann größerer Beliebtheit erfreute, als man das leicht bittere Kakaogetränk mit Zucker süßte. Da Kakao wie auch Zucker teuer waren, konnten sich nur Reiche Schokoladengetränke leisten.
Das änderte sich, wie im letzten Kapitel geschildert wird, im 19. Jahrhundert, als die Kolonialmächte in Afrika große Kakaopflanzungen anlegten und der Kakaopreis daraufhin sank. Zur gleichen Zeit fing man an, dampfgetriebene Maschinen zum Mahlen und Walzen des Kakaos einzusetzen. Die Süße wurde aus Zuckerrüben gewonnen. Schokolade wurde erschwinglicher. Das Bürgertum entdeckte das Getränk. Goethe etwa war ein großer Liebhaber.
Tatsächlich lassen die Autoren in ihrer Stoffgeschichte nichts aus. Das liest sich - trotz mancher Länge - mehr als gut. Für alle, die Schokolade lieben, ist das Buch ein echter Gewinn. Zumal es zeigt: "Kakao - Speise der Götter" ist - in Maßen genossen - auch noch gesund!
Besprochen von Johannes Kaiser
Andrea Durry/Thomas Schiffer: Kakao - Speise der Götter
Oekom Verlag, München 2011
349 Seiten, 29,95 Euro
Gewonnen wird er aus Bohnen, die in den melonengroßen Früchten des Kakaobaums stecken. Der Kakaobaum wiederum liebt es feucht und heiß, mag kein pralles Sonnenlicht, braucht nährstoffreichen Boden und ist anfällig für zahlreiche Krankheiten. Nach der Ernte müssen die Bohnen vorsichtig aus der harten Fruchtschale herausgelöst und dann mit dem Fruchtmus vergärt werden, anschließend getrocknet, geröstet, geschält und gemahlen, gerührt, gewalzt, erhitzt, mit Zucker und allen möglichen Aromen vermischt.
Ein langwieriger und zeitaufwendiger Herstellungsprozess, dennoch kosteten 100 Gramm-Tafel Schokolade durchschnittlich 69 Cent - drei Cent davon bekommt der Kakaobauer. Der niedrige Preis ist das Ergebnis schlimmer Ausbeutung, wie die beiden Autoren schreiben. Die Löhne auf den Kakaoplantagen reichen kaum zum Überleben. Die Arbeiter sind oftmals ungeschützt Pestiziden ausgesetzt. Zudem müssen allerorten Kinder mitschuften.
Doch die beiden ausgewiesenen Kakao-Experten zeichnen nicht nur ein erschütterndes Bild des Anbaus - sie gehen weiter: Was immer man über Kakao wissen möchte, hier findet man es. Zwar haben sie nicht vor Ort recherchiert, dafür aber gründlich die Literatur durchforstet - von alten Maya-Schriften bis zu aktuellen Wirtschaftsstatistiken. Dazu präsentieren sie zahlreiche Fakten und viele amüsante Anekdoten und Zitate. Viele Bilder veranschaulichen das Erzählte.
Im zweiten Teil des Buches widmen sich die Autoren - dann fast schon zu ausführlich - der mittelamerikanischen Herkunft des Kakaos: seiner Bedeutung als Getränk, Medizin und Zahlungsmittel. Die spanischen Eroberer brachten den Schokoladentrank mit nach Europa, wo er sich erst dann größerer Beliebtheit erfreute, als man das leicht bittere Kakaogetränk mit Zucker süßte. Da Kakao wie auch Zucker teuer waren, konnten sich nur Reiche Schokoladengetränke leisten.
Das änderte sich, wie im letzten Kapitel geschildert wird, im 19. Jahrhundert, als die Kolonialmächte in Afrika große Kakaopflanzungen anlegten und der Kakaopreis daraufhin sank. Zur gleichen Zeit fing man an, dampfgetriebene Maschinen zum Mahlen und Walzen des Kakaos einzusetzen. Die Süße wurde aus Zuckerrüben gewonnen. Schokolade wurde erschwinglicher. Das Bürgertum entdeckte das Getränk. Goethe etwa war ein großer Liebhaber.
Tatsächlich lassen die Autoren in ihrer Stoffgeschichte nichts aus. Das liest sich - trotz mancher Länge - mehr als gut. Für alle, die Schokolade lieben, ist das Buch ein echter Gewinn. Zumal es zeigt: "Kakao - Speise der Götter" ist - in Maßen genossen - auch noch gesund!
Besprochen von Johannes Kaiser
Andrea Durry/Thomas Schiffer: Kakao - Speise der Götter
Oekom Verlag, München 2011
349 Seiten, 29,95 Euro