"Wir müssen diese Geschichte erzählen"
Heute vor 70 Jahren begann in Warschau der Aufstand der polnischen Heimatarmee gegen die deutschen Besatzer. "Die größte Aktion des polnischen Widerstands während des Zweiten Weltkriegs", meint Janusz Tycner.
"Die Intensität der Kämpfe glich der von Stalingrad oder der Kämpfe um Berlin 45", sagte der polnische Publizist. "Es war der letzte große Versuch der Polen, ein freies Polen zu erkämpfen."
Auch wenn der Aufstand nach 63 Tagen blutig niedergeschlagen wurde und die deutschen Besatzer zwischen 150.000 und 200.000 polnische Zivilisten ermordeten, sei das "Kalkül" der Aufständischen aus damaliger Sicht durchaus vernünftig gewesen, betonte Tycner. Man habe damit gerechnet, dass der Zweite Weltkrieg genauso wie der Erste mit dem Zusammenbruch Deutschlands enden würde. Entsprechend sei das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 als "Signal" wahrgenommen worden, dass die Deutschen nun begonnen hätten, aufeinander zu schießen. Außerdem hätten russische Truppen vor den Toren Warschaus gestanden. "Es sah so aus, als könnte man innerhalb von drei, vier Tagen die Hauptstadt befreien und die Deutschen vertreiben, den Russen gegenüber als Hausherrn auftreten, und dann würden sie vielleicht – hoffte man – nicht wagen, die Freiheitskämpfer zu ermorden oder zu deportieren."
Rote Armee "nicht daran interessiert, zu Hilfe zu kommen"
Für das Scheitern des Aufstands macht Tycner auch die Sowjetunion verantwortlich. Anstatt den Polen zu Hilfe zu kommen, habe die Rote Armee ihren Vormarsch erst verlangsamt und dann gestoppt, weil sie Polen keine Freiheit bringen wollte, sondern eine neue Besatzung: "Es ist der Versuch, sozusagen mit deutschen Händen das Problem zu lösen, das man selbst hatte."
Der Publizist betonte die große Bedeutung des Warschauer Aufstands gegen die Deutschen für das polnische Selbstverständnis: "Wir müssen diese Geschichte erzählen, sonst erzählen sie andere für uns."