Zweites TV-Duell in Österreich

Kandidaten haben nichts riskiert

Sie sehen den ehemaligen Grünen-Chef van der Bellen und FPÖ-Kandidat Hofer.
In Österreich kommt es zur Stichwahl zwischen dem ehemaligen Grünen-Chef Van der Bellen und dem FPÖ-Kandidaten Hofer. © picture-alliance / dpa / Christian Bruna
Von Ralf Borchard |
Nach heftigen Beschimpfungen war es ein zahmes finales Fernsehduell. Die beiden österreichischen Präsidentschaftskandidaten Alexander Van der Bellen (Grüne) und Norbert Hofer (FPÖ) wollten vor der Wahl am Sonntag offenbar kein Risiko mehr eingehen.
Diesmal keine Beschimpfungen, gar Beleidigungen, es war es ein äußerst zahmes letztes Fernsehduell. FPÖ-Kandidat Norbert Hofer betonte zum Thema EU, er wolle zwar keinen Austritt Österreichs, aber weniger Europa:
"Ich bin für ein subsidiäres Europa, im Sinne Charles de Gaulles, wo die einzelnen Mitgliedsländer das erledigen, was sie selbst zu erledigen haben und es gemeinsame große Themen gibt, die man gemeinsam erledigen will. Ich will keinen europäischen Zentralstaat."
"Ich will ein handlungsfähiges, demokratisches, soziales Europa. Und woran es im Moment am meisten hapert, finde ich, ist die Handlungs- und Beschlussfähigkeit. Für diesen Wunsch, das handlungsfähiger zu machen, habe ich die Chiffre, den Namen Vereinigte Staaten von Europa gewählt, als Bild." So die Antwort von Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen.

"Es sind leider auch Menschen dabei, die vergewaltigen, erschlagen"

Zum Reizthema Flüchtlinge sagte Hofer:

"Der Österreicher ist kein Mensch, der ein hasserfüllter Mensch ist, aber es gibt Sorgen. Und es ist genauso falsch zu sagen, alle Flüchtlinge sind gut, wie zu sagen, alle sind schlecht. Es kommen Menschen, die wirklich verfolgt sind. Es kommen sehr viele Wirtschaftsflüchtlinge, da muss man auch klar sagen, das geht leider nicht. Wer aus wirtschaftlichen Gründen einwandern will, muss auf dem Weg der Zuwanderung versuchen, nach Österreich zu kommen. Und es sind leider auch Menschen dabei, die vergewaltigen, erschlagen und so weiter, das dürfen wir nicht zulassen."
Van der Bellen betonte dagegen die Hilfsbereitschaft vieler Österreicher in der Flüchtlingskrise: "Bei zehntausenden, hunderttausenden von Menschen ist eine große Hilfsbereitschaft. Das Rote Kreuz lebt von Freiwilligenarbeit, in den Kirchen, die leben von Freiwilligenarbeit, die sich auch für die Flüchtlinge einsetzen. Da wird für mich deutlich, die enorm hohe Integrationskraft dieses Landes."

Van der Bellen nach Paris, Hofer nach Bern

Insgesamt: kaum Attacke, kaum Charisma, auch kaum Humor. Wohin die erste Auslandsreise als Präsident gehen würde? Van der Bellen:
"Na hoffentlich nach Paris, gleich am 10. Juli. Warum - weil Europameisterschaft im Fußball und so Gott will ist Österreich im Finale."
Hofer:
"Ich werd‘ aber zuerst in die Schweiz reisen, das wird wohl die erste Reise sein." Die Schweiz ist für Hofer Vorbild, er fordert auch für Österreich mehr direkte Demokratie.
Für den Kommunikationsexperten Georg Wawschinek wurde klar, die Kandidaten wollen nichts mehr riskieren, und sind auch wahlkampferschöpft: "Die Energie war ganz offensichtlich raus. Der Energielevel war ganz unten, da war das Feuer wirklich ein bisschen erloschen."

"Hofer wird Mund, Ohr und Auge der Petrys, der Le Pens sein"

Wie geht die Stichwahl aus am Sonntag? Kein Meinungsforscher wagt eine genaue Prognose. Bis zu einem Viertel der Wähler sind offenbar noch unentschlossen. Für die meisten Beobachter aber bleibt Norbert Hofer Favorit - auch für den Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Profil", Christian Rainer:

"Also, erstens einmal glaub ich, dass Norbert Hofer die Wahl gewinnen wird. Wir werden sehen. Und ich denke, es wird viel Getöse sein, es wird sehr unangenehm sein. Er wird ständig in Tateinheit mit der Freiheitlichen Partei populistische Worte sprechen. Und es wird auch für Europa sehr unangenehm sein. Norbert Hofer hat ja angekündigt, er will zu den Treffen der Staats- und Regierungschefs reisen. Das kann er, er kann nicht mitstimmen, aber dort wird er Mund, Ohr und Auge der Petrys, der Le Pens, der Wilders-Leute sein. Und das hat Europa noch nicht erlebt."
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