Zwischen Burgtheater und Laienbühne

Der Star des Theatersommers

Porträt von Felix Mitterer im grauen Anzug.
Felix Mitterer. © Tiroler Volksschauspiele / privat
Von Bernhard Doppler |
Sein Blick gilt den Außenseitern in der Gesellschaft, seine Texte sprechen die Sprache der einfachen Leute: Dramatiker Felix Mitterer wird in seiner österreichischen Heimat als „Volksdichter“ gehandelt. Doch nicht bei allen löst er Begeisterung aus.
"Wir reisen ab!", beschließt schwer beleidigt die Familie Sattmann. Jahr für Jahr hatten sie in Tirol Urlaub gemacht. Nun mussten sie über einen Zeitungsartikel "Wer braucht die Piefke?" erfahren, dass Österreicher Deutsche "Piefke", nennen. "Piefke-Saga" heißt eine sehr erfolgreiche Fernsehserie von Felix Mitterer, die 1990 das Verhältnis von Deutschen und Österreichern thematisierte. Die Rabensteiner, eine Osttiroler Theatergruppe, hat diese Serie nun für die Bühne adaptiert.
Osttirol hat nur 50.000 Einwohner, aber 33 Amateurtheatervereine, wobei die "Piefke-Saga" nur eine von vier Produktionen ist, die hier anlässlich des 70. Geburtstages von Mitterer aufgeführt werden. Doch einige deutsche Urlauber verstanden keinen Theater-Spaß. Josef Dichtel, Obmann der Theatergruppe:
"Bei der Bäckerei Joast haben sich Kunden, die schon viele Jahre einkaufen, Kaffee trinken und Semmel holen waren, beschwert, dass der Joas eine solche Aufführung sponsert, wo es gegen die Deutschen geht. Und darauf haben sie gesagt, dass sie sein Geschäft nie mehr betreten werden."

Schauplatzwechsel

Schloss Tillysburg in Oberösterreich, nahe dem Stift St. Florian, wo Nikolaus Büchel die Schlossfestspiele wiederbeleben will. Er spielt Mitterers "Krach im Hause Gott". Gottvater, Sohn und Heiliger Geist kommen in dem Stück zu einer Besprechung zusammen: Soll der Jüngste Tag schon anbrechen? Auch Luzifer ist eingeladen. Nikolaus Büchel sieht das Stück als Teil der österreichischen Literaturgeschichte:
"Ich möchte gerne etwas für den Geist dieses Ortes machen und das ist so eine Mischung aus Toscana und K und K."
"Die wilde Frau". Mitten in eine reine Männergemeinschaft von Waldarbeitern platzt unerwartet eine Frau. Ist sie überhaupt real? Manchmal erinnert die Situation an "Dogville" von Lars von Trier. Aber Mitterers Stück ist schon vor 30 Jahren geschrieben worden. Regisseur Klaus Rohrmoser:
"Es geht fast in die Tarantino-Ecke so von der Ästhetik ein bisschen oder "Das finstere Tal". Das Stück ist schon länger im Spielplan-Teich der Tiroler Volksschauspiele."

Theater für das Volk

Die Tiroler Volksschauspiele in Telfs waren vor 38 Jahren eine Initialzündung für ein neues Verständnis von Theater für das Volk, ursprünglich gedacht als ein Ort für Exiltiroler, also für prominente Tiroler Schauspieler auf Heimaturlaub. Für Felix Mitterer wurde Telfs bald zum Zentrum:
"Alle hatten wir ein gemeinsames Anliegen, einmal nachzuschauen, was ist das überhaupt: Volkstheater. Die alten Klassiker versuchen, neu zu interpretieren, zeitgemäß zu interpretieren und neue Stücke zu spielen, das war uns allen ein großes Anliegen und das war in Telfs auch möglich, weil Telfs so liberal und aufgeschlossen war."

... und im Freien

Eine eigene Ausstellung in Telfs hat die Gemeinde Mitterer zum 70. Geburtstag gewidmet. Man kann sich über die Protestzüge gegen die erste umstrittene Aufführung "Stigma" informieren, oder über "Munde", ein Stück, für das man auf 2000 Meter Höhe steigen und die Nacht im Gebirge verbringen musste. Ja, man kann sich sogar in das Bett legen, in dem der alte in ein Pflegeheim abgeschobene Mann, von Mitterers erfolgreichstem Monolog "Sibirien" stirbt. "Sibirien" war übrigens das einzige Stück, das unter Claus Peymann im Burgtheater aufgeführt wurde:
"Ich bin wirklich glücklich darüber, dass mich die Profitheater auch gespielt haben und spielen, mein Lebenszentrum und Wirken ist immer das Volkstheater geblieben, aus dem ich ja komme, denn mein erstes Theatererlebnis war die Volksbühne von Kirchberg in Tirol, wo meine Adoptivmutter mit Vorliebe die bösen alten Weiber verkörpert hat. Und das ist halt mein Zentrum."
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